Und was sie für die Abschlussprüfung bedeutet.
Keine Entwicklung der vergangenen Jahre verändert Unternehmen und andere Organisationen so stark wie die die Digitalisierung. Dies betrifft die unterschiedlichsten Abteilungen, auch das Finanz- und Rechnungswesen und damit die Abschlussprüfung.
Viele Kundengespräche, zahlreiche positive Rückmeldungen und Nachfragen zeigen uns, dass die Fachwelt die digitale Weiterentwicklung der Finanzfunktion sehr interessiert verfolgt. Unsere Studie zur Digitalisierung des Finanz- und Rechnungswesens sowie der Abschlussprüfung haben wir erstmals 2016 veröffentlicht, 2017 aktualisiert und jeweils im darauffolgenden Jahr veröffentlicht. In diesem Jahr fanden die Befragungen im ersten Quartal 2019 statt, weshalb Sie über den aktuellen Zahlen „2019“ lesen und bei den Vorjahreszahlen „2016“ und „2017“.
Bei der nun dritten Ausgabe der Studie ist es uns gelungen, die Teilnehmerzahl noch einmal leicht zu erhöhen: 100 deutsche Groß- und mittelständische Unternehmen haben an der aktuellen Befragung teilgenommen.
Außerdem haben wir für die Studie ein Wortlaut-Interview mit Dr. Guillaume Maisondieu geführt, dem Leiter Group Accounting & Customer Finance und CEO der Deutschen Telekom Services Europe. Er hat uns über die Studie hinausgehende Einblicke in die Digitalisierung der Finanzfunktion bei der Deutschen Telekom gewährt.
Prof. Dr. Rüdiger Loitz, Assurance Technology & Innovation
Wie geht die Entwicklung der digitalen Abschlussprüfung weiter? Wo stehen Unternehmen heute, was planen sie und worin bestehen Hürden? Das wollten wir genau wissen und haben den Verantwortlichen für das Finanz- und Rechnungswesen mehr als 40 Fragen gestellt, unter anderem zu folgenden Themen:
Fast ein Drittel (29 Prozent) der im ersten Quartal 2019 befragten Unternehmen hält den Technologieeinsatz im eigenen Finanz- und Rechnungswesen für „progressiv“ oder „sehr progressiv“. Dies sind deutlich mehr als Ende 2017 – damals hatten 21 Prozent der Befragten so geantwortet. Demgegenüber bezeichnen 26 Prozent ihren Technologieeinsatz als „konservativ“.
Halten Sie das Finanz- und Rechnungswesen Ihres Unternehmens hinsichtlich des Einsatzes von Technologie für:
Auch die Zunahme bei den „Konservativen“ zeigt unserer Ansicht nach den dynamischen Digitalisierungsfortschritt. Denn viele Unternehmensentscheider empfinden ihre Organisation als zu langsam, also zu konservativ. Sie versuchen deshalb, schneller zu werden, etwa mit agilen Strukturen.
56 Prozent der befragten Unternehmen verzichten noch auf Künstliche Intelligenz – genauso viele wie in der Vorgängerstudie. Immerhin fast jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent) hat KI bereits im Einsatz. Dies ist lediglich ein Prozent mehr als Ende 2017.
Wer KI jedoch bereits einsetzt, tut dies deutlich intensiver als bislang. Inzwischen setzen 74 Prozent der KI-affinen Unternehmen die Technologie beispielsweise für das Auslesen von Rechnungen und Belegen zur Weiterverarbeitung ein – 2017 waren es erst 39 Prozent der befragten Unternehmen.
Beschäftigen Sie sich und/oder ein Team von Experten in Bezug auf das Rechnungswesen bereits mit der Anwendung künstlicher Intelligenz (KI)?
Die Entwicklung tragfähiger KI-Lösungen zum Beispiel für Daten- und Vertragsanalysetools kostet Zeit. Doch das Potenzial ist enorm. Allerdings scheinen viele Unternehmen regelbasierte, trainierte KI-Tools noch nicht mit höchster Priorität einzusetzen, da sie sich vorher noch um andere datenanalytische Themen kümmern müssen.
Wir empfinden das Interesse für KI bei unseren Kunden übrigens im Schnitt höher als es das diesjährige Umfrageergebnis suggeriert.
Die befragten Unternehmen haben inzwischen deutlich häufiger vor, neue Technologien einzusetzen. 83 Prozent nannten die Belegerkennung als Anwendung (2017: 22 Prozent), 74 Prozent den direkten Datenaustausch/die direkte Datenverarbeitung (2017: 20 Prozent) und 70 Prozent gaben den Zahlungsverkehr an (2017: 19 Prozent).
In welchen Bereichen des Rechnungswesens werden Sie voraussichtlich künftig neue Technologien einsetzen?
Mehrfachnennungen waren möglich
Verlässliche Systeme für die automatisierte Belegerkennung und -verarbeitung bergen ein enormes Potenzial, genau wie eine verbesserte Kommunikation oder die automatisierte Texterkennung. Zu beobachten ist insbesondere bei einfacheren, standardisierbaren Tätigkeiten eine größere Durchdringung automatisierter Systeme.
Aus Kundenprojekten wissen wir, dass viele Unternehmen die Optimierung des Datenaustauschs beschäftigt. Alle in der Umfrage genannten möglichen Technologieeinsätze würden übrigens auch helfen, die Abschlussprüfung zu verbessern.
Dass der Technologieeinsatz die Zahl der Mitarbeiter in ihrem Finanz- und Rechnungswesen „erheblich“ beziehungsweise „geringfügig“ reduzieren wird, meinen elf beziehungsweise 20 Prozent der befragten Entscheider. 2017 waren insgesamt 47 Prozent dieser Meinung. Inzwischen gehen mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) fdavon aus, dass Mitarbeiterreduktion „nur mittelfristig“ erfolgen wird – ein Plus von zehn Prozent gegenüber der Vorgängerstudie.
Führt der Technologieeinsatz Ihrer Meinung nach zur Reduktion der Anzahl der im Rechnungswesen beschäftigten Mitarbeiter?
Die Erwartung deutlicher Mitarbeiterreduzierungen hat im Vergleich zu den Vorgängerstudien klar abgenommen, weil Automatisierungstools noch nicht für nicht-standardisierte Tätigkeiten des Finanz- und Rechnungswesens eingesetzt werden. KI kann zunächst Routinetätigkeiten übernehmen.
Um anspruchsvollere Aufgaben zu übernehmen, müssen neuronale Netze trainiert werden. Dann können sie ein erheblicher Hebel für mehr Effizienz sein.
PwC setzt sich hohe Qualitätsansprüche – als Wirtschaftsprüfer genauso wie bei der Abschlussprüfung. Dank moderner digitaler Tools gelingen uns immer effizientere Abschlussprüfungen. Folgende Tools für die Abschlussprüfung entwickeln wir beispielsweise mit dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse und Informationssysteme (Fraunhofer IAIS) und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Und mit den Kunden verbessern wir sie im täglichen Einsatz.
„Adam“ ist die Abkürzung für „Automatisches Datenmanagement“. Das Tool klassifiziert und auditiert Datenproben vollautomatisch KI-basiert. Buchhaltungsunterlagen werden mit dem zugehörigen Quelldokument – etwa einem Lieferschein oder einer Rechnung – verknüpft und analysiert. Fehler oder Fehlerindikationen werden mittels Datenanalysen identifiziert. In einem späteren Stadium streben wir eine vollständige, KI-basierte Prüfung der Aufzeichnungen in Echtzeit an.
Unternehmen verwalten viele Compliance-Prozesse mittels umfangreicher Checklisten. Auf Basis dieser Checklisten durchsucht Ali unstrukturierte Texte der Unternehmen (beispielsweise Reportings) in einem Bruchteil der Zeit, die Menschen für diese sehr aufwändige Routinetätigkeit benötigen. Zudem minimiert die auf selbstlernender Künstlicher Intelligenz basierende Anwendung die Fehlerwahrscheinlichkeit.
Dieses von PwC entwickelte Tool bietet ortsunabhängigen Onlinezugang zu Dokumenten. Dank Aura können Wirtschaftsprüfer Prüfungsstrategien mittels definierter Workflows entwickeln, die Prüfung dokumentieren und managen. Das Tool unterstützt den risikoorientierten Prüfungsansatz und gewährleistet ein einheitliches Vorgehen bei der Abschlussprüfung.
Dieses Tool optimiert und dokumentiert den Datenaustausch in Echtzeit. Die AuditTeams erkennen mit einem Blick, welche Informationen noch fehlen. Das eingebaute Tracking erkennt Verantwortlichkeiten und erleichtert somit die Zusammenarbeit im AuditTeam. Der Zugriff ist ortsunabhängig über PC, Tablet und Smartphone möglich. Statusberichte zum aktuellen Projektstand verbessern die Planung.
Um bei der Abschlussprüfung große Datenmengen zu analysieren und Risiken zu identifizieren, nutzt PwC GL.ai. Das preisgekrönte Tool analysiert Milliarden von Daten binnen Sekunden. PwC-Prüfer haben die Algorithmen entwickelt und so trainiert, dass sie den Entscheidungsprozess der Prüfer replizieren. Der Prozess wird mit dem Tool deutlich schneller und sicherer.
Halo for SAP analysiert große Datenmengen effizient. So durchleuchtet das Tools Prozesse und Datenflüsse in SAP-Systemen auf Risiken. Beleg und Prozessdaten werden strukturiert, kombiniert, analysiert und visuell aufbereitet. Halo sorgt für ein hohes Maß an Transparenz und Prüfungssicherheit. Der Prüfer gewinnt ein schnelles Verständnis über die Abläufe und erkennt Risiken. Zudem zeigt Halo Potenziale zur System- und Prozessoptimierung auf.
Diese Anwendung bildet den kompletten Dokumentenzyklus von beispielsweise IFRS-16-Verträgen, Projektaufträgen und Immobilienverträgen ab – inklusive Historisierung, Validierung und Modifikation. Es verfügt über flexible Schnittstellen zu anderen Datenanalyse- und Textminingtools von beispielsweise der Fraunhofer Gesellschaft und PwC. Die Daten werden vor allem für das Training von lernenden KI-Systemen verwendet.
Eine der effektivsten Prozessoptimierungsstrategien basiert auf Robotic Process Automation (RPA). RPA-Software automatisiert bisherige Mitarbeitertätigkeiten und nutzt dabei die gleichen Systemzugänge wie die Mitarbeiter. Dies ermöglicht schnelle Implementierungen ohne Systemänderungen. RPA lässt sich mit selbstlernender Software ergänzen, so dass weitere Unternehmensentscheidungen datenbasiert automatisiert werden können.
Dietmar Prümm
Mitglied der Geschäftsführung und Leiter Assurance, PwC Germany
Tel.: +49 211 981-2146
Partner Assurance Technology & Innovation, PwC Germany
Tel.: +49 211 981-2839