Ihr Experte für Fragen
Dr. Holger Kern
Leiter des Sports Business Advisory Teams von PwC Germany
Tel: +49 89 5790-5939
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Der deutsche Sportmarkt ist mit Sicherheit kein gallisches Dorf, das von den Entwicklungen im globalen Sportmarkt unberührt bleibt. Die Transformation der Branche ist eine große Herausforderung für alle Marktteilnehmer der Bundesrepublik. Wir sehen für den deutschen Markt vor allem dringenden Handlungsbedarf in Fragestellungen rund um Esport, digitalisierte Stadionkonzepte, Finanzierungsstrukturen, Turnaround-Management und Fan Bindung. Mit Hilfe von fünf Thesen wollen wir Sie zum Nachdenken über die Zukunft der Branche anregen. Quo vadis deutscher Sportmarkt?
Als erster deutscher Fußballclub hat der VfL Wolfsburg zur Saison 2019/20 in Zusammenarbeit mit Vodafone und der DFL in seiner Heimspielstätte, der Volkswagen Arena, das „5G“ eingeführt – ein erster Schritt auf dem Weg zu sog. „smarten“ Sportarenen. Aktuell gibt es zwar viele, digitale Einzellösungen, aber eine echte, „smarte“ Vernetzung steht größtenteils noch aus. Die Chancen, die sich durch „smarte“ Sportarenen ergeben, reichen:
Hierzu sind clevere Gesamtnutzungskonzepte notwendig, die eine Arena über ihre Funktion als Sportstätte hinaus denken – z. B. als Einkaufs- und/oder Unterhaltungskomplex. Dazu benötigt jede Arena eine individuelle, standortspezifische Lösung.
Die Esport-Zuschauerzahlen werden laut Newzoo von 2018 zu 2019 um 12,3 % auf 443 Millionen Zuschauer weltweit ansteigen. Weitere exponentielle Anstiege sind bis 2022 auf bis zu 644 Millionen Zuschauer zu erwarten. Aufgrund dieses enormen Wachstumspotenzials wird erwartet, dass die Zuschauerzahlen im Esport die der National Basketball Association (NBA) in den USA übertreffen werden und damit zur zweitbeliebtesten Sportart des Landes nach der National Football League (NFL) aufsteigen wird.
Die anziehende Vergleichbarkeit zu Sport-Megaevents ist für den Esport von großer Bedeutung, da die Industrie verhältnismäßig noch am Anfang steht und sich rasant entwickelt. Während Sport-Megaevents z. B. in Form von TV-Rechten hart umkämpft werden und damit ein unterstützendes Ökosystem besitzen, sind bei Esport-Events vereinzelte Akteure, wie der Spielehersteller oder Ligenbetreiber wie die ESL oder StarLadder, für die Vermarktung und mediale Präsenz auf Streaming-Plattformen wie Twitch oder YouTube verantwortlich.
Traditionell finanzieren sich die Clubs über Sponsoren, Vermarktungsverträge und natürlich über die Medien. Aber auch moderne Maßnahmen wie Projektfinanzierungen und Crowdfunding sind für den Profifußball immer lukrativ. Sponsoring ist noch die gängigste Form der Finanzierung im Profifußball.
Zunehmend rücken jedoch Eigenkapitalfinanzierungen in den Fokus. Diese sind nicht nur bei der Fanbase emotional geladen, oft erwarten Investoren bis zu einem gewissen Grad Mitbestimmung, das Management des Clubs möchte sich aber „nicht reinreden lassen“.
Mit der „50+1“ Regel wird versucht auf verschiedenen Ebenen für alle beteiligten Stakeholder einen Interessenausgleich zu schaffen, integrativ und transparent zu sein. Komplexe Finanzierungen erfordern allerdings häufig die Einschaltung von Spezialisten, um den genannten Anforderungen gerecht zu werden, optimale Resultate zu erzielen sowie Risiken und Reputationsschäden (Stichwort Financial Fairplay) auszuschließen.
Das Geschäftsmodell von Fußballclubs scheint hauptsächlich auf den Erfolg auf „dem Rasen“ abzuzielen. Doch muss ein Geschäftsmodell, das auf nachhaltigem Wachstum basiert, auch wirtschaftlich tragfähig sein.
Die wirtschaftliche Situation vieler Fußballclubs ist aktuell jedoch alles andere als tragfähig und auf nachhaltiges Wachstum ausgerichtet, so dass der Kollaps, in Form einer Insolvenzwelle, nur eine Frage der Zeit zu sein scheint.
Ein dezidierter wirtschaftlicher Turnaround wird i. d. R. leider erst angestrebt, wenn die Krise fortgeschritten ist oder die Insolvenz bereits im Raum steht. Eine rechtzeitig eingeleitete Revision und ggf. Anpassung der Businessplanung gibt nicht nur den handelnden Organen Sicherheit bei Entscheidungen und Haftungsfragen im Krisenfall, sondern fördert auch Vertrauen bei Fans und aktuellen Businesspartnern sowie neuen Kapitalgebern, indem eine langfristige Perspektive nachvollziehbar aufgezeigt wird.
Der Mangel eines Wertekompasses, der über kurzfristige kommerzielle, sportliche oder politische Aspekte hinausgeht, schwächt das Verhältnis zwischen Fans, Medien, Vereinen und Verbänden. Gerade die Entfremdung von Fans und Sympathisanten birgt dabei eine enorme Gefahr: Treue Fans und entfernte Sympathisanten sind nicht nur Umsatztreiber und Stimmungsmacher, sondern der zentrale Multiplikator des Sports – die sozio-ökonomische Basis. Ein radikales Umdenken zum Verhältnis von Organisationen und Fans muss einkehren.
Geschäftsmodelle im Sport sind konsequent auf die Werte des Sports auszurichten und Fans in die Organisation zu integrieren. Im Sinne der eigenen Werte kann PwC helfen, Geschäftsmodelle durch fan-zentrierte Neuausrichtung zu stärken und auf die Einhaltung eines Wertekompasses zu überprüfen – integrativ, innovativ, integer.
Die vorliegende Studie wurde von unserem Schweizer Sports Business Advisory-Team als Onlinebefragung im Zeitraum von Juni bis August 2019 durchgeführt. Zielgruppe der Umfrage waren Entscheider der Sportbranche aus der ganzen Welt. Unterstützt wurde die Durchführung von PwC und Strategy& in Europa, Australien, China, Indien, Japan, Nahost, Neuseeland sowie Russland. Der Rücklauf betrug insgesamt 590 Fragebögen aus 49 Ländern. Die Thesen zum deutschen Sportmarkt wurden von den Sports Business Experten von PwC Deutschland aus den Bereichen Advisory, Tax & Legal entwickelt und diskutiert.
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Director, Advisory Retail & Consumer Goods Industry, PwC Germany
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