Digitalkompetenz bei Beiräten

PwC-Studie 2021: Der Beirat im Familienunternehmen

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Uwe Rittmann

Uwe Rittmann
Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland
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Wenn, dann richtig!

Sparring-Partner auf Augenhöhe, Berater bei strategischen Entscheidungen, aber auch Kontrolleur der Geschäftsführung: Beiräte gehören mittlerweile zum Standard guter Führung von Familienunternehmen sowie dem Mittelstand und haben sich als zentrales Governance-Instrument fest etabliert. Die Qualität und Stringenz, mit der Beiräte eingerichtet werden, lässt aber zu wünschen übrig: Die Mitglieder des Gremiums sind im Schnitt zu alt, falsch ausgewählt und lassen Kompetenzen in Zukunftsthemen wie der Digitalisierung vermissen.

„Dass immer mehr Familienunternehmen auf Beiräte setzen, ist eine gute Entwicklung, denn das Gremium kann als Impulsgeber oder Aufsichtsgremium eine wichtige Rolle einnehmen. Unsere Studie zeigt jedoch: Viele Familienunternehmen betreiben die Beiratsarbeit noch nicht mit der gebotenen Konsequenz und lassen die Chancen, die ein Beirat bietet, zumindest teilweise ungenutzt.“

Uwe Rittmann,Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland

Die Studie im Überblick

Fünf von sechs Familienunternehmen vertrauen auf einen Beirat

Der Anteil der Familienunternehmen, die auf ein externes Beratungs- oder Kontrollgremium – also einen Beirat, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat – vertrauen, ist seit 2013 von 39 auf 83 Prozent deutlich gestiegen. Und das, obwohl die meisten Unternehmen gesetzlich nicht zur Einrichtung eines solchen Gremiums verpflichtet sind.

Der Aufwand, einen Beirat einzurichten, zahlt sich aber offenbar aus: 83 Prozent der befragten Unternehmen sind mit der Arbeit ihres Beirats (sehr) zufrieden. 64 Prozent sind überzeugt, dass das im Schnitt fünfköpfige Expertengremium einen positiven Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet.

Die Zahl der Familienunternehmen mit Beirat wächst stetig

Beiräte stammen immer häufiger aus dem Familienkreis

Die Mitwirkung von Familienmitgliedern in den Beiratsgremien nimmt zu: Vier von fünf Familienunternehmen (81 Prozent) besetzen ihre Beiräte – unter anderem – mit Gesellschaftern und Mitgliedern der Familie (2013: 67 Prozent). Der Anteil der Gesellschaften, die Unternehmer aus anderen Firmen in ihren Beirat holen, ist dagegen gesunken: von 69 auf 61 Prozent.

Die Zusammensetzung des Beirats

Allerdings zeigt sich bei der Auswahl, dass familiäre Bande teilweise stärker gewichtet werden als professionelle Standards: Wird ein externes Mitglied für den Beirat gesucht, steht die fachliche Qualifikation an oberster Stelle – das sagen 92 Prozent der Befragten. Bei der Rekrutierung von Beiräten aus dem Kreis der Familie sind die Unternehmen scheinbar eher bereit, fachliche Abstriche in Kauf zu nehmen: Hier geben nur 66 Prozent an, dass die fachliche Kompetenz oberste Priorität hat.

Know-how für Zukunftsthemen fehlt

Hohe fachliche Expertise ist auch deshalb unabdingbar, weil die Aufgaben des Beirats deutlich vielfältiger, umfangreicher und komplexer geworden sind: Neben der Beratung der Geschäftsführung in strategischen Fragestellungen (91 Prozent) kontrolliert der Beirat immer häufiger auch die Geschäftsführung (81 Prozent) und genehmigt wichtige Investitionsentscheidungen (79 Prozent).

Um ihren Job kompetent ausführen zu können, benötigen die Beiräte also profundes Wissen zu Strategie und Finanzen. Über diese Kompetenzen verfügen sie in der Regel: 93 Prozent haben kaufmännisches Know-how und Expertise rund um Finanzthemen. Was häufig fehlt: Expertise im Bereich der Digitalisierung. Diese bringt nur jedes vierte Beiratsmitglied mit (27 Prozent).

Die Kompetenzen im Beirat

Beiratsmitglieder sollten auf der Basis eines eindeutig definierten Profils gesucht werden. Wir setzen auf ein '4-Stufen-Beiratsmodell', mit dem sich strukturiert und zügig ein Beiratsgremium aufsetzen lässt: von den Aufgaben über die Struktur, Qualifikation und Vergütung bis hin zur Evaluation. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Unternehmer, die einen Beirat ohne Konzept eingerichtet haben, ihn nach einem Jahr wieder abschaffen.

Die NextGen ist im Beirat nur selten vertreten

Für den Puls der Zeit könnte nicht zuletzt die junge Generation sorgen. Beiräte unter 35 oder gar 30 Jahren sucht man in den meisten Familienunternehmen jedoch vergeblich: Nur 15 Prozent setzen auf einen Vertreter der NextGen als ständiges Mitglied im Beirat. Das schlägt sich auch in der Altersstruktur der Beiräte nieder: Die jüngsten Beiratsmitglieder sind im Schnitt 46 Jahre alt, die ältesten 68. Durchschnittlich bleiben sie zehn Jahre im Amt.

Rechtliche Grundlagen und Vergütung lassen zu wünschen übrig

Ein weiterer Beleg, dass die Beiratsarbeit in vielen Unternehmen noch nicht auf einer professionellen Basis fußt: Zwar legen drei Viertel der Familienunternehmer im Gesellschaftsvertrag die rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit des Beirats fest. Und rund zwei Drittel halten die innere Ordnung und die Arbeitsabläufe des Gremiums in einer Beiratssatzung fest. Im Umkehrschluss bedeutet das aber: Jedes dritte Unternehmen fixiert die Pflichten und Rechte des Beirats nicht in einem Vertrag oder einer Beiratssatzung.

Und nicht zuletzt wird die Vergütung der Beiräte dem breiten Aufgabenspektrum und der steigenden Verantwortung nicht gerecht: Ordentliche Beiratsmitglieder erhalten im Durchschnitt zwischen 10.000 und 20.000 Euro pro Jahr.

„Beiräte müssen jünger, digitaler und weniger traditionell werden, wenn es darum geht, Kompetenzen für neue Entwicklungen und veränderte Anforderungen des Marktes zu ergänzen. Dieser Aufwand lohnt sich, denn ein guter Beirat ist ein echter Mehrwert für Familienunternehmen.“

Gerold Rieder,Geschäftsführer der INTES Akademie für Familienunternehmen

Die Empfehlungen der Experten

Weitsichtige Unternehmer definieren erst den Nutzen.

Richten Sie nur dann ein Gremium ein, wenn Sie davon zu 100 Prozent überzeugt sind.

Regeln Sie die Aufgaben und Kompetenzen des Beirats sorgfältig.

Die Qualifikation der Beiratsmitglieder hat oberste Priorität, das gilt auch für Familienmitglieder.

Ein gutes Arbeitsklima und wechselseitiger Respekt sind wichtig.

Erfahrung ist nützlich – frischer Wind aber auch.

Verkürzen Sie die Amtszeiten: Expansion, Geschäftsmodellwechsel oder Generationenübergang

Verpflichten Sie Ihren Beirat auf Zukunftsarbeit – nicht auf Vergangenheitsschau.

Am Ende jeder Diskussion im Beirat muss auch eine konsequente Entscheidung stehen.

Der Beirat ist dem Unternehmen verpflichtet – aber im Sinne der Werte- und Zielvorstellungen der Inhaber.

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