18 Dezember, 2020
113 Einzelergebnisse / Nur jeder vierte Investor investiert mehr als 15 Millionen Euro / Ziel-Anteilsquote der Investoren überwiegend bei zehn bis circa 25 Prozent / Bewertungsurteile eher erfahrungsbasiert / COVID-19 führt zu Korrekturen bei Startup-Bewertungen
Düsseldorf, 18. Dezember 2020
Investoren, die Startups finanzieren, gehen hohe Risiken ein – beispielsweise hinsichtlich der Bewertungen und Wertpotenziale ihrer Beteiligungen. Entsprechende Beurteilungen basieren oft viel mehr auf Erfahrungswerten von Risikokapitalgebern als auf quantitativen Methoden. Dies hat Auswirkungen auf die Beteiligungsverträge, deren rechtliche Gestaltungen jedoch überwiegend intransparent sind.
Die „Venture Capital-Marktstudie 2020“ trägt in besonderer Weise dazu bei, Transaktionsprozesse im Venture Capital (VC)-Markt transparenter zu machen und die interdisziplinäre Brücke von Finanzierung, Bewertung und deren rechtlicher Ausgestaltung für Deutschland herauszuarbeiten. Eine derartige Analysetiefe und Ableitungsqualität hat es bislang in Deutschland nicht gegeben.
Erstellt haben die Studie – in Kooperation – die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), Dirk Honold, Professor für Unternehmensfinanzierung und Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule Nürnberg, sowie die Nürnberger Ventury Analytics GmbH. Befragt wurden in der Spitze 74 Investoren zu 113 Details ihrer Beteiligungshöhen, Bewertungspraxen und Finanzierungsverträge. Alle Befragten haben (auch) einen Deutschland-Fokus und investieren rechnerisch jährlich insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro Venture Capital.
„Eines der vielen aufschlussreichen Studienergebnisse ist, dass die Ziel-Anteilsquote der Investoren in der Regel zwischen zehn bis 24,9 Prozent liegt. Allerdings planen 80 Prozent der Geldgeber von vornherein Folgeinvestments in weiteren Finanzierungsrunden ein, um ihre Beteiligungsquoten zu halten. Für Startups ist das eine gute Nachricht.“
Bezüglich ihrer Bewertung in Frühphasen (Early Stage) verlassen die Befragten sich vor allem auf Erfahrungswerte. Auch Multiple-Ansätze und die VC-Methode kommen zum Einsatz. Discounted Cash-Flow (DCF)-Verfahren werden erst im Later Stage bedeutsamer.
Fast ein Drittel der Investoren passt Geschäftspläne von Startups an und verwendet niedrigere Diskontsätze. Die erwartete Internal Rate of Return (IRR) bezogen auf das Portfolio liegt im Mittelwert zwischen 32 Prozent jährlich für Early Stage-Startups und 21 Prozent jährlich für Later Stage-Unternehmen. Das erwartete Multiple liegt im Mittelwert zwischen 5,9 für Early Stage und 3,2 für Later Stage.
„Startups sind ein wichtiger Motor für Innovation und Wachstum. Risikokapital ist der Treibstoff, der die Startups voranbringt und den Gründerinnen und Gründern den notwendigen Raum zur Entfaltung von Leistung und Leidenschaft gibt. Das Finanz-Ökosystem prägt entscheidend die Entwicklung junger Unternehmen. Die Studie belegt, dass nur jeder vierte Investor mehr als 15 Millionen Euro in ein Portfolio-Unternehmen investiert. Der aktuell diskutierte Zukunftsfonds kann hier wesentlich zu mehr großvolumigen Runden und neuen, großen VC-Investoren in Deutschland beitragen.“
Die Studie offenbart auch, dass in fast 50 Prozent der Early Stage-Deals nicht anrechenbare Liquidationspräferenzen vereinbart werden, die bei rund einem Drittel der Unternehmen als Ausgleich für höhere Unternehmensbewertungen dienen. „Durch die Studie wird der Trade-Off zwischen Bewertung und Ausgestaltung von Sonderrechten in den Verträgen ersichtlich, der das Verhandlungspotenzial der Parteien offenbart“, sagt Prof. Dr. Dirk Honold.
Bezüglich der Einflüsse auf die letztlich festgelegten Unternehmensbewertungen offenbarte die Analyse folgende Top-3: 95 Prozent der Befragten gaben an, dass das Skalierungspotenzial bei ihnen einen „starken“ bis „sehr starken“ Einfluss hat. Rund 75 Prozent nannten zudem den Faktor „Markttrends“ – und 73 Prozent den Verhandlungsprozess. „Hier haben Gründer offenbar die Chance, zu gestalten“, sagt PwC-Experte Enrico Reiche. Und Ventury Analytics-Geschäftsführer Patrick Hümmer ergänzt:
„Das kann sich auch für die Belegschaften von Startups lohnen. Denn der Anteil der Mitarbeiterbeteiligungen in Form von Stock Options Plans beträgt überwiegend zwischen sechs und zehn Prozent am Gesamtkapital, wobei sich der Ausübungspreis meist am Anteilspreis der letzten Finanzierungsrunde orientiert.“
Im Jahr 2020 ist ein Einflussfaktor auf die Vertragsgestaltung hinzugekommen, den es vorher noch nie gegeben hat: die Corona-Pandemie. Sie führte dazu, dass in fast 50 Prozent der von den befragten Investoren bislang im Jahr 2020 abgeschlossenen Finanzierungsrunden nach dem Signing und vor dem Closing die Unternehmensbewertung oder andere Vertragsbestandteile angepasst wurden. Patrick Hümmer erklärt: „Mehr als 75 Prozent der Investoren erwarten, dass COVID-19 eher zu sinkenden Bewertungen führt. Einen erweiterten Finanzierungsbedarf sehen die Befragten ebenfalls bei 75 Prozent der Startups, wobei 55 Prozent der Investoren eine Co-Finanzierung mit staatlichen Mitteln befürworten. Die Mehrheit dieser Investorengruppe möchte jedoch nicht auf Staatshilfen warten.
„In ihrer Gesamtheit trägt die ‚Venture Capital-Marktstudie 2020‘ zu einer deutlich höheren Transparenz bei Startup-Finanzierungen in Deutschland bei. Dies ermöglicht unter anderem Benchmarkings, die wichtige Entscheidungshilfen für alle Parteien einer VC-Transaktion sein können. Die interdisziplinäre Brücke zwischen der Bewertungspraxis und der rechtlichen Gestaltung von Finanzierungsrunden in Beteiligungsverträgen erlaubt zudem Rückschlüsse auf die Verhandlungsprozesse und deren Motivationen.“
Und diese führten zu effizienteren und effektiveren Finanzierungsprozessen.
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