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Steve Roberts
PE Leader Germany & EMEA, PwC Germany
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Die europäischen Private-Equity-Investoren haben das COVID-19-Pandemiejahr 2020 relativ gut überstanden. 57 Prozent der Befragten haben 2020 weniger Transaktionen abgeschlossen als im Vorjahr, und 58 Prozent der PE-Investoren gaben an, dass Unternehmen aus ihrem Portfolio geringere Erträge hatten oder sogar in finanzielle Notlagen geraten sind.
„Branchen, die während der Pandemie gut funktioniert haben, werden auch danach bei Anlegern begehrt sein. Technologie, Healthcare und Life Sciences zum Beispiel gehören zu den Gewinnern.“
Dennoch konnte die europäische PE-Branche das Transaktionsvolumen gegenüber 2019 um 26 Prozent steigern (insgesamt 318,8 Mrd. Euro). Das lag vor allem an zwei großen Deals: dem Exit der ARM Holdings für 32,5 Mrd. Euro an NVIDIA und dem Buyout der Aufzugssparte von thyssenkrupp für 17,2 Mrd. Euro. Das und mehr zeigt der aktuelle „Private Equity Trend Report 2021“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC).
Für das Corona-Jahr 2020 verzeichnen die Studienautoren insgesamt 2792 Transaktionen, 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Zwischen 2015 und 2019 waren es durchschnittlich nur 2524 Transaktionen mit einem Volumen von 245 Mrd. Euro. Nach einem Einbruch im ersten Halbjahr 2020 haben die Finanzinvestoren ihr nichtinvestiertes Kapital, ihren „Dry Powder“, vor allem in der zweiten Jahreshälfte investiert.
Deutschland kam dabei beim Transaktionsvolumen im Ländervergleich auf den zweiten Platz hinter Großbritannien. Der Marktanteil der Bundesrepublik an europäischen Buyouts stieg von 7 auf 18 Prozent, vor allem wegen des genannten thyssenkrupp-Deals.
Die Anzahl der Exits ist europaweit um 17 Prozent auf insgesamt 807 Transaktionen gefallen. Damit gab es 2020 die wenigsten Exits seit mehr als fünf Jahren. Die Exitwerte hingegen sind gegenüber dem Vorjahr um 33 Prozent auf 172 Mrd. Euro gestiegen. Nach einer Phase der Ungewissheit von März bis Mai fanden im zweiten Quartal 2020 nur 125 Exits mit einem Gesamtvolumen von 16,3 Mrd. Euro statt. Im dritten Quartal hingegen stieg das Transaktionsvolumen auf 73,5 Mrd. Euro – der höchste in einem Quartal realisierte Exitwert der vergangenen fünf Jahre.
Rund die Hälfte der befragten Finanzinvestoren (51 Prozent) findet, dass der Wettbewerb in der Private Equity 2020 härter geworden ist. Der Grund: Branchen und Unternehmen, die während der Pandemie gut funktioniert haben, waren bei den PE-Häusern besonders begehrt; in den vergangenen Jahren war das Kapital relativ gleichmäßig auf die unterschiedlichen Branchen verteilt. Jeder vierte Deal wurde 2020 im TMT-Sektor (Technologie, Medien und Telekommunikation) abgeschlossen (insgesamt 751), auch das Transaktionsvolumen war in diesem Sektor mit 84 Mrd. Euro am größten.
Die Digitalisierung spielt auch in der PE-Branche eine wichtige Rolle, bei den Portfolio-Unternehmen und bei den Private-Equity-Häusern selbst: So wollen im Jahr 2021 97 Prozent der Finanzinvestoren in Digitalisierung investieren, weil diese zum Beispiel Assets bei Exits attraktiver macht.
Die PE-Firmen wollen auch ihre eigene Digitalisierung weiter vorantreiben. 86 Prozent der Befragten planen für 2021 Investitionen in Data Analytics. 84 Prozent haben Data Analytics 2020 schon für die Due Diligence genutzt, 72 Prozent, um tiefere Einsichten in die Performance ihrer Portfolio-Unternehmen zu erhalten. 2021 wollen fast alle (94 Prozent) der Befragten PE-Investoren Data Analytics für die Due Diligence nutzen. 86 Prozent planen den Einsatz dieser Technologie, um die Performance ihrer Portfolio-Unternehmen zu antizipieren.
Etwa ein Drittel der Befragten (34 Prozent) meint, dass der E-Commerce am stärksten aus der Pandemie hervorgehen wird, gefolgt von Technologie und Pharma (je 21 Prozent) und Life Sciences (20 Prozent). Investieren wollen die PE-Firmen aber vor allem in Business Services (40 Prozent), industrielle Produktion (38 Prozent) und den Technologie-Sektor (33 Prozent). Unternehmen aus diesen Branchen können mit guten Kreditkonditionen rechnen; die Branchen Reise und Luftfahrt hingegen müssen mit höheren Finanzierungskosten rechnen.
Im Ländervergleich der Buyout-Deals gehört Deutschland zu den Gewinnern der Jahres 2020 und belegt, vor allem dank des thyssenkrupp-Buyouts, hinter Großbritannien den zweiten Platz. In Deutschland ist 2020 zudem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lediglich um 5 Prozent gesunken, im stärker dienstleistungsorientierten Großbritannien waren es 10 Prozent BIP-Rückgang, in der Eurozone 6,8 Prozent.
Der vergleichsweise moderate Rückgang in Deutschland liegt vor allem am Fokus auf Produktion und Export. Deutsche Unternehmen sind oft hochspezialisiert. Besonders die vielen Hidden Champions im deutschen Mittelstand geben in ihren Branchen oft weltweit den Ton an – und sind damit für Finanzinvestoren attraktiv.
Fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) hält Deutschland für das attraktivste Land der Europäische Union, um zu investieren. Weit abgeschlagen folgen die Niederlande (18 Prozent) und Frankreich (13 Prozent). Fast jeder Zweite (46 Prozent) hat bereits Geld in Deutschland angelegt. Von ihnen wollen alle ihre Investments halten, 85 Prozent wollen in den kommenden fünf Jahren sogar mehr investieren. Wer Erfahrungen mit Investments in Deutschland gemacht hat, ist also offenbar zufrieden. Neu investieren will aber nur etwas mehr als jeder fünfte Investor (22 Prozent), während 76 Prozent der europäischen Befragten in den kommenden fünf Jahren nicht hierzulande investieren wollen.
Jeder der Befragten hat 2020 wenigstens einen Covenant-Bruch, also einen Verstoß gegen Vertragsbedingungen, in seinem Portfolio erfahren. Die Mehrheit (84 Prozent) hat dies bei mehr als 10 Prozent der Unternehmen im Portfolio erlebt. Das sind 13 Prozent der PE-Investoren mehr als 2019. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen: Ein Drittel der Befragten rechnet damit, dass mehr als 20 Prozent der Unternehmen im Portfolio wenigstens eine Vertragsbedingung nicht einhalten werden, ein weiteres Drittel erwartet dasselbe bei 10-20 Prozent seiner Unternehmen. Nur 1 Prozent glaubt, dass alle ihre Portfolio-Unternehmen alle Covenants einhalten werden.
40 Prozent der Befragten sagten, dass ihre Portfolio-Firmen Unterbrechungen in den Lieferketten bewältigen mussten. Ebenfalls 40 Prozent sagen, dass Corona die etablierten Geschäftsmodelle ihrer Firmen aus den Angeln gehoben hat. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig die Digitalisierung ist, um logistische Probleme zu lösen und Geschäftsmodelle an veränderte Marktbedingungen anzupassen.
Der Brexit sorgt bereits jetzt für längere Lieferzeiten und zusätzliche Kosten im Handel mit dem europäischen Festland. Mehr als die Hälfte der befragten Investoren (58 Prozent) ist der Meinung, dass Großbritannien durch den Brexit weniger attraktiv für PE-Investments wird. 34 Prozent glauben, der Brexit werde die Attraktivität Großbritanniens für Investments nicht beeinflussen. 23 Prozent der Investoren halten Europa als Investitionsstandort nach dem Brexit für weniger attraktiv, 62 Prozent sehen keinen Unterschied.
38 Prozent der Befragten geben an, dass betriebliche Verbesserungen den Return on Investment (ROI) am stärksten beeinflussen. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (82 Prozent) achtet bei Firmenkäufen auf operative Verbesserungen. In den vergangenen drei Jahren haben betriebliche Verbesserungen den ROI am meisten gesteigert, sagen 56 Prozent. Zudem rechnen 72 Prozent der Befragten damit, dass operative Verbesserungen in Zukunft wichtiger für die Rendite werden.
Etwa die Hälfte der europäischen PE-Investoren (58 Prozent) blickt positiv in die Zukunft. Besonders optimistisch betrachten die deutschen Investoren das Jahr 2021: 80 Prozent erwarten eine positive Entwicklung. Viele warten nur darauf, ihr verfügbares Kapital anzulegen. 75 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sie 2021 mehr investieren werden als 2020 und 68 Prozent, dass sie mehr Exits abschließen werden. Aber die Mehrheit (65 Prozent) rechnet auch mit mehr Wettbewerb um Transaktionen, nur 2 Prozent erwarten einen geringeren Wettbewerb um Deals.
„Operative Verbesserungen gewannen schon nach der Finanzkrise für PE-Investoren an Bedeutung. Mit den jetzigen Herausforderungen durch COVID-19 werden sie zu einem fundamentalen strategischen Thema.“
Ende 2020 und Anfang 2021 hat PwC 250 europäische Partner und Geschäftsführer in Private-Equity-Firmen befragt, wobei jedes der teilnehmenden Unternehmen über mindestens 250 Millionen Euro an verwaltetem Vermögen verfügt. Die Befragten stammen aus Großbritannien (18 Prozent), Frankreich (14 Prozent), Deutschland (14 Prozent), den USA (8 Prozent), den Niederlanden (6 Prozent), Belgien (6 Prozent), Spanien (5 Prozent), Schweden (4 Prozent), Italien (4 Prozent), Dänemark (4 Prozent), Norwegen (4 Prozent), Finnland (3 Prozent), Portugal (2 Prozent), der Schweiz (2 Prozent), Luxemburg (2 Prozent), Österreich (2 Prozent), Irland (1 Prozent) und Griechenland (1 Prozent).
Steve Roberts
Leiter Private Equity bei PwC Deutschland und auf EMEA-Ebene, PwC Germany
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