Weltweit haben sich die Märkte grundlegend geändert. Während Unternehmen im Zuge der Globalisierung bestrebt waren, ihre Wirtschaftlichkeit durch international ausgerichtete Strukturen zu verbessern, zeichnet sich heute ein klarer Trend zur Lokalisierung ab. Ziel ist es, lokale Angebote zu stärken und die Handlungsfähigkeit vor Ort abzusichern. Dieser Wandel betrifft auch die Finanzierung von Investitionen, speziell in China.
Traditionell finanzieren viele deutsche Unternehmen in China ihre Investitionen durch eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital aus Deutschland. Solche grenzüberschreitenden Zahlungsströme sind jedoch mit vielfältigen steuerlichen und regulatorischen Anforderungen verbunden, speziell seitens der chinesischen Devisenaufsicht. Die Strategie „China for China“ rückt nun verstärkt die lokale Finanzierung in den Fokus.
Beim Gesellschafterdarlehen stellt die Muttergesellschaft ihrer chinesischen Tochter Kapital zur Verfügung. Die Vorteile dieser Vorgehensweise sind vor allem geringe Finanzierungskosten und die enge Bindung an den Konzern. Ihnen gegenüber steht ein erheblicher administrativer Aufwand: Für Gesellschafterdarlehen sind in China noch immer eine Vorabgenehmigung der chinesischen Devisenbehörde SAFE und ein spezielles Bankkonto erforderlich. Den Verwendungszweck für das jeweilige Gesellschafterdarlehen muss das Unternehmen bereits bei der Antragstellung festlegen (etwa Betriebsmittel oder Anlagevermögen) und kann diese Bindung im Nachhinein nicht ohne Weiteres ändern. Jede Verwendung der Mittel ist zu dokumentieren und dazu unterliegen grenzüberschreitende Zins- oder Tilgungszahlungen detaillierten Meldepflichten.
Lokale Bankfinanzierungen vergeben die Banken hingegen direkt an die Tochtergesellschaft. Hier entfällt die Vorabgenehmigung durch die SAFE, es sind keine speziellen Konten erforderlich und die Finanzierung erfolgt mit deutlich mehr Flexibilität. Zins- und Tilgungszahlungen werden darüber hinaus lokal abgewickelt und der administrative Aufwand ist geringer. Eine Übersicht der Vor- und Nachteile verschafft Ihnen Tabelle 1.
Optionen |
Berechtigung |
Regulatorische |
Pro |
Contra |
Gesellschafter-darlehen |
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Vorabgenehmigung durch SAFE |
Keine externen Kosten, wenn aus liquiden Mitteln gespeist |
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Finanzierung durch lokale Bank |
Gruppenbeziehung mit Bank und Garantie der Muttergesellschaft |
Keine Genehmigung erforderlich |
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Der Trend zu lokaler Finanzierung hat im Wesentlichen sechs Ursachen.
Banken mit lokaler Lizenz bieten zahlreiche Finanzierungsmodelle, die sich nach Laufzeit, Verwendungszweck und Struktur unterscheiden. Einen Überblick bietet Ihnen Tabelle 2.
Betriebsmittel (Working Capital) |
Investitionsausgaben (Capital Expenditures, Capex) | ||
Kontokorrent |
Kurzfristiger |
Mittelfristiges Darlehen |
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| Laufzeit |
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Inanspruchnahme bis zu sechs Monate, Verlängerung möglich |
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| Verwendungszweck | Betriebsmittel
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Betriebsmittel
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Finanzierung von Anlagevermögen (Maschinen, Gebäude, Werkserweiterungen, etc.) |
| Verwendungsnachweise |
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| Rückzahlung | Flexible Rückzahlungsmöglichkeiten, meist durch täglichen Zahlungseingang |
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Die gängigen Kreditarten für lokale Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in China lassen sich, wie Sie in Tabelle 2 sehen, in drei Kategorien einteilen: Kontokorrentkredit (Overdraft), kurzfristiger Betriebsmittelkredit (Short Term Loan) und mittelfristiges Darlehen (Mid Term Loan). Sie unterscheiden sich hinsichtlich Laufzeit, Verwendungszweck, Anforderungen an die Dokumentation und Rückzahlungsmodalitäten.
Je nach Verwendungszweck stehen weitere Instrumente zur Verfügung, etwa zur (teilweisen) Fremdfinanzierung von Unternehmenskäufen, wobei dafür zusätzliche regulatorische Anforderungen zu beachten sind. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Liquidität im Heimatmarkt als Kreditsicherheit zu hinterlegen und darauf basierend eine lokale Finanzierung zu erhalten, was in aller Regel niedrigere Zinsen ermöglicht. Gut zu wissen: Dividendenzahlungen dürfen in China auf keinen Fall mithilfe von Krediten finanziert werden.
Lokale Bankfinanzierungen unterliegen in China der Umsatzsteuer von sechs Prozent, die von der Bank auf den Nettodarlehenszins ermittelt und abgeführt wird. Der Vorsteuerabzug für Unternehmen auf diese Umsatzsteuer ist jedoch explizit ausgeschlossen. Daher wirkt die Umsatzsteuer finanzierungskostenerhöhend.
Zusätzlich fällt auf Darlehensverträge in China eine Stempelsteuer (Stamp Duty) von 0,005 Prozent der Darlehenssumme an, die beide Vertragsparteien jeweils entrichten müssen und die im Rahmen der Stempelsteuererklärungen zu melden ist.
Im Vergleich zur grenzüberschreitenden Finanzierung durch den Mutterkonzern reduziert sich die steuerliche Komplexität bei einer lokalen Finanzierung deutlich. Weder chinesische Quellensteuer auf gezahlte Zinsen noch ausländische Steueranrechnungen für einbehaltene Quellensteuern sind erforderlich. Auch komplexe Anforderungen wie Angemessenheitsprüfungen des Zinssatzes (Arm’s Length) oder Prüfungen auf unangemessene Fremdfinanzierung (Thin Capitalisation) entfallen.
Unternehmen treffen Finanzierungsentscheidungen im Kontext ihres Investitionsplans, ihrer Gesamtstrategie und weiterer relevanter Faktoren. Für Investitionen in neue Standorte verlangen chinesische Behörden oft zusätzliche Kapitalausstattung. Angesichts des sich wandelnden Marktumfelds und des Bedarfs an schnellen und lokalen Lösungen empfiehlt es sich, lokale Finanzierungsoptionen in die Entscheidung einzubeziehen – gegebenenfalls auch ergänzend zu bestehenden Modellen.
Niklas Bremekamp
Niklas Bremekamp ist aktuell Vice President – Corporate Coverage MidCaps China, South Korea & Japan bei der Deutschen Bank in Shanghai. Er betreut mittelständische Firmen (MidCaps) aus der DACH-Region bei deren Auslandsgeschäften in China, Südkorea und Japan – mit Fokus auf Finanzierung, Unternehmenskredite und internationale Expansion.
Tel.: +86 166 2103 3057
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Alexander Prautzsch
Alexander Prautzsch ist Tax Director bei PwC China im Büro Shanghai und Mitglied der European Business Group. Er berät europäische Kunden bei Investitionen in China. Seine Schwerpunkte liegen auf chinesischen, deutschen und internationalen Steuerfragen für Firmenkunden und deren Mitarbeiter und Bereichen wie Anlageberatung, Restrukturierung, Gewinnrückführung und Planung der Lieferkette. Der deutsche Muttersprachler spricht fließend Englisch und Mandarin.
Tel.: +86 185 1632 9031
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Marc Tedder
Partner, PwC China Business Group Leader & Chairman PwC European China Business Group, PwC Germany
Tel.: +86 176 00861725