Geht es um die größten Herausforderungen für ausländisch investierte Unternehmen in China, bestimmen in den letzten Monaten Themen wie die geopolitische Lage oder Zölle die Schlagzeilen.
Eine PwC-Auswertung wichtiger Umfragen unter den in China ansässigen ausländischen Wirtschaftskammern hat jedoch ergeben: Unternehmen in China begreifen vor allem auch den stetigen Anstieg der Arbeits- und anderer operativer Kosten (darunter die für Material) als Herausforderung.
Gehälter machen weiterhin einen Großteil der Arbeits- und damit der operativen Kosten der ausländisch investierten Unternehmen in China aus. Zum Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit tragen also nicht nur China-Speed und technologischer Fortschritt bei, sondern allgemein steigende Aufwände, aber auch die im Vergleich zu lokalen Unternehmen höheren Gehaltsaufwendungen ausländisch investierter Unternehmen.
Das VDMA-Büro in Beijing veröffentlicht jährlich einen Gehaltsreport für seine Mitglieder. Der Report umfasst Daten aus den acht chinesischen Städten Beijing, Dalian, Hefei, Nanjing, Qingdao, Shanghai, Suzhou und Tianjin. Er analysiert sieben Positionen: Finance Manager, CEO/GM, Sales Manager, Sales Engineer, Purchasing Manager, Mechanical Engineer and Machining Operator. Der diesjährige Gehaltsbericht lässt Tendenzen der Verlangsamung einer langanhaltenden Entwicklung erkennen.
Shanghai bleibt auch 2025 Spitzenreiter: Fach- und Führungskräfte in produzierenden Unternehmen erzielen hier die höchsten Vergütungen. Dicht dahinter folgt die Hauptstadt Beijing mit Gehältern, die nur geringfügig unter dem Niveau der Metropole am Huangpu Jiang liegen.
Suzhou etabliert sich als drittwichtigster Standort, getragen von seinem starken High-Tech- und Fertigungssektor. Die Gehälter dort liegen zwar unter denen in Shanghai und Beijing, aber deutlich über denen anderer Städte der zweiten Reihe. Während Shanghai die höchsten Einkommen bietet, überzeugt Suzhou durch ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Dieser Umstand macht es für viele Fach- und Führungskräfte attraktiv.
Städte wie Dalian, Qingdao und Hefei verzeichnen die niedrigsten Gehälter unter den im Bericht aufgeführten Standorten. Dies spiegelt die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten und wirtschaftlichen Entwicklungsniveaus der verschiedenen Regionen wider. Für bestimmte Positionen fallen die Unterschiede besonders deutlich aus: So liegt das Gehalt eines Einkaufsmanagers in Qingdao rund 16 Prozent unter dem eines Kollegen in Suzhou. Noch deutlicher zeigt sich die Differenz beim Gehalt eines Mechanical Engineer: Hier beträgt der Unterschied sogar rund 25 Prozent.
Die Eigentümerstruktur eines Unternehmens wirkt sich deutlich auf das Gehaltsniveau aus. Durchweg die höchsten Gehälter zahlen europäische und amerikanische Unternehmen (Wholly Foreign-Owned Enterprises) – mit einem Gehaltsfaktor von häufig 1,15 bis 1,20. Auf sie folgen Joint Ventures. Lokale private Unternehmen und vor allem staatseigene Betriebe (State-Owned Enterprises) liegen mit Koeffizienten von oft 0,90 bis 1,00 deutlich darunter. Für Unternehmen bedeutet das: Ein europäisches Unternehmen zahlt einem Mitarbeiter 15 bis 20 Prozent mehr als der Durchschnitt aller Unternehmen, ein staatseigenes Unternehmen dagegen bis zu zehn Prozent weniger.
Für 2025 konstatiert der Report eine allgemeine Verlangsamung des Gehaltswachstums im Vergleich zu den Vorjahren. Ein Finanzmanager in Shanghai erzielte 2025 danach beispielsweise eine durchschnittliche Gehaltssteigerung von 3,7 Prozent. Die erwartete Steigerung für einen CEO liegt dagegen bei nur 2,9 Prozent. Dies zeigt: Die prozentualen Steigerungen fallen bei ohnehin schon sehr hohen Einkommen oft geringer aus. Insgesamt hat sich der chinesische Arbeitsmarkt in den vergangenen drei Jahren spürbar angespannt, speziell aus Sicht der Arbeitnehmer.
Obwohl sich das Wachstum der Gehälter verlangsamt, werden steigende Arbeitskosten und Gehälter auch in Zukunft Unternehmen dazu anregen, verstärkt in ihre Restrukturierung zu investieren. Die Zukunft wird zeigen, ob das Lohnniveau bei ausländisch investierten Unternehmen weiterhin deutlich über dem der privaten oder staatlichen chinesischen Unternehmen liegen oder sich zunehmend angleichen wird.
Fachleute erwarten, dass Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität und der Automatisierung eine führende Rolle dabei übernehmen werden, die Lohnkosten unter Kontrolle zu halten. Unternehmen können durch ihre Standortwahl gezielt von den niedrigeren Gehaltsniveaus profitieren. Die Balance zwischen steigenden Kosten und Produktivitätssteigerung wird über die Wettbewerbsfähigkeit entscheiden.
Claudia Barkowsky
Claudia Barkowsky ist seit 2016 Geschäftsführerin des VDMA in China und leitet das Büro Beijing. Sie vertritt die Interessen von über 900 Mitgliedsunternehmen gegenüber Regierung und Institutionen und unterstützt deutsche Maschinen- und Anlagenbauer bei praktischen Fragen sowie beim Networking vor Ort. Die Sinologin lebt seit 2005 in China und war zuvor für die Deutsche Handelskammer sowie Daimler Greater China tätig.
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Jan Jovy
Jan Jovy ist Director Inbound/Outbound Services bei PwC in China. Als Teil der European Business Group unterstützt er Unternehmen aus Europa und China bei internationalen Markteintritts-, Expansions- und Transformationsprojekten. Jovy war sieben Jahre als Geschäftsführer von Auslandshandelskammern in Greater China tätig und leitete zuvor fünf Jahre die Greater-China-Aktivitäten eines mittelständischen deutschen Unternehmens.
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Marc Tedder
Partner, PwC China Business Group Leader & Chairman PwC European China Business Group, PwC Germany
Tel.: +86 176 00861725