Schärfere Kontrolle von US-Exporten trifft auch europäische Unternehmen

06 Juli, 2020

Seit dem 29. Juni 2020 unterliegen viele zuvor freie, unkritische und allgemein zugängliche Verbrauchsgüter sowie bestimmte Technologien beim Ex- oder Reexport nach China, Russland und Venezuela und beim Transfer innerhalb

dieser Länder („in-country transfer“) der US-Exportkontrolle. Da das US-Exportrecht auch außerhalb der USA gilt, hat die Maßnahme Konsequenzen für alle Unternehmen, die US-Güter nach China exportieren.

Hintergrund der Verschärfung ist der Handelskrieg zwischen den USA und China und die Befürchtung der USA, die Technologieführerschaft an China zu verlieren. Mit Blick auf die enge Verflechtung von Zivil-, Militär- und Regierungsapparaten in China wollen die USA verhindern, dass bestimmte Technologieexporte für zivile Anwendungen für die Entwicklung und den Einsatz von militärischen Produkten verwendet werden.

Wichtigste Änderungen

Die Beschränkungen für militärische Endverwendung waren 2007 bei der Einführung durch die Regierung Bush ausdrücklich und gerade wegen der heiklen Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Aktivitäten für China nicht ins Gesetz aufgenommen worden. Die Anwendbarkeit der bereits bestehenden Bestimmungen für die militärische Endverwendung (vorher nur Russland und Venezuela) wurde parallel stark erweitert.

Lieferkette und Warenempfänger genau prüfen

Veröffentlicht wurde die „Expansion of Export, Reexport, and Transfer (in-country) Controls for Military End Use or Military End Users in the People’s Republic of China, Russia, or Venezuela“ im Amtsblatt der US-Bundesregierung vom 28. April 2020. Seit dem 29. Juni gelten als militärische Endverwender nicht nur die Streitkräfte, sondern auch paramilitärische Einrichtungen wie Nachrichten- oder Aufklärungsorganisationen. Dazu zählt ausdrücklich auch „jede Person oder Organisation, deren Handlungen oder Funktionen darauf ausgerichtet sind, eine militärische Nutzung zu unterstützen“.

Als militärische Nutzung wird dort alles definiert, was „den Betrieb, die Installation, die Wartung, die Instandsetzung, die Überholung, die Modernisierung, die Entwicklung oder die Herstellung militärischer Güter unterstützt oder dazu beiträgt“. Die anzuwendende Güterliste wurde um allgemein zugängliche Waren, Software und Technologien erweitert, die an sich nicht kritisch, aber wichtige Bestandteile für Produkte und Technologien sind und die China zur Stärkung seiner militärischen Macht nutzen könnte.

Zusätzlich wurde die Lizenzausnahme für zivile Endnutzer (Licence Exception CIV), die für bestimmte, für die nationale Sicherheit kritische Dual-Use-Güter bei Exporten an zivile Endkunden genutzt werden konnte, zum 29. Juni ersatzlos gestrichen.

Konsequenzen für die Industrie

Da das US-Exportkontrollrecht extraterritorial angewendet wird, betreffen die Regelungen auch alle Unternehmen, die US-Güter nach China exportieren. Das gilt also nicht nur für US-Ursprungswaren, sondern auch für Güter, die außerhalb der USA aufgrund von sicherheitsrelevanten Technologien (Halbleiter, Informationssicherheit) hergestellt wurden oder einen bestimmten US-Anteil überschreiten. Es ist deshalb wichtig, die gesamte Supply Chain zu analysieren und mögliche US-kontrollierte Bestandteile zu identifizieren.

Privatwirtschaft und Militär in China

Analysieren sollten Unternehmen nicht nur das Produktprogramm, sondern auch die Warenempfänger. Aufgrund der Verflochtenheit von Privatwirtschaft und Militär ist das eine immense Herausforderung, zumal der US-Gesetzgeber eine „erhöhte Sorgfalt bei der Bewertung der Endnutzer“ erwartet. Unternehmen sollten sich daher auf einen gesteigerten Aufwand bei der Compliance und gravierende Störungen in der weltweiten Lieferkette nach China einstellen.

Unsere Expertin

Christine Frankenberger
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Fazit

Die Änderungen kommen einem Handelsverbot gleich, da die Lizenz bei einem Export mit einem (möglichen) militärischen Zusammenhang nicht erteilt wird. Hauptsächlich betroffen sind alle Bereiche der Halbleiter- und Luftfahrtindustrie sowie elementare Elektronik, Laser oder Sensoren, aber auch Geräte der Unterhaltungskommunikation und der Informationssicherheit.

Angesichts der gegenwärtigen Spannungen zwischen China und den USA wird die US-Regierung diese Vorschriften rigoros umsetzen. Unternehmen, die Strafen und Sanktionen vermeiden und weiterhin lieferfähig sein möchten, sollten ihre Lieferkette sorgfältig prüfen und gegebenenfalls optimieren.

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Thomas Heck

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