Die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf dem Prüfstand
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Nicolette Behncke
Partnerin, Sustainability Reporting Leader Europe bei PwC Deutschland
Tel.: +49 171 7640 004
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Die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung steigen weltweit – und Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen. Im Jahr 2025 veröffentlichen tausende Firmen erstmals Berichte nach der EU-Richtlinie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive). Gleichzeitig setzen immer mehr Länder auf die globalen ISSB-Standards und passen ihre Vorgaben an.
Doch die regulatorische Landschaft bleibt in Bewegung: Die EU hat die Zahl der betroffenen Unternehmen reduziert und Berichtsfristen verschoben. Auch in den USA werden Offenlegungspflichten neu diskutiert und weiterentwickelt.
Unsere neue Studie zeigt: Trotz Unsicherheiten bleibt das Thema Nachhaltigkeit für Unternehmen und Investoren zentral. Wer jetzt handelt, kann nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern echten Mehrwert für Strategie und Stakeholder schaffen. Unternehmen, die Nachhaltigkeitsdaten gezielt nutzen, profitieren von besseren Entscheidungen und einer stärkeren Position am Markt.
Im Juni und Juli 2025 führte PwC eine Umfrage zur Nachhaltigkeitsberichterstattung mit 496 Führungskräften und Fachleuten aus 40 Ländern durch – darunter 109 Führungskräfte aus Deutschland. Die Befragten kommen aus Unternehmen, die bereits nach CSRD oder ISSB berichten oder dies planen.
Die Umfrage zeigt ein gemischtes Bild: Einige Unternehmen haben ihre CSRD-Pläne aufgrund jüngster Änderungen ausgesetzt, während viele andere mit der Berichterstattung fortfahren. So planen rund 59 % der Befragten in Deutschland im Jahr 2025 bzw. 2026 nach der CSRD zu berichten, davon 24 % wie ursprünglich gefordert. Gut ein Drittel in Deutschland plant gemäß der EU-Direktive „Stop the clock“ die Berichterstattung um zwei Jahre zu verschieben.
Ein Schlüsselfaktor für die Entscheidung, beim ursprünglichen Zeitplan zu bleiben, ist der Druck von Interessengruppen. Investoren, Kunden und verschiedene Behörden, einschließlich einiger US-Bundesstaaten, verlangen weiterhin hochwertige Informationen darüber, wie Unternehmen mit Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen umgehen. Zusätzlich nutzen Unternehmen diese Daten, um fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen. Über die Hälfte der in Deutschland befragten Unternehmen, die bereits nach CSRD berichten, haben festgestellt, dass sie erheblichen oder mäßigen Mehrwert aus den Berichtsprozessen ziehen, der über bloße Compliance hinausgeht – ein positiver Trend. Unternehmen verwenden diese Informationen vor allem für eine verbesserte Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessengruppen (intern und extern), für eine optimierte Umweltleistung, Risikominderung und für bessere Sozialleistungen.
Die regulatorischen Anforderungen für Nachhaltigkeitsberichte sind im Umbruch. Wir beobachten Deregulierungsaktivitäten auf europäischer Ebene. Dennoch haben mehr als die Hälfte der in Deutschland Befragten (51 %) angegeben, dass der externe Druck zur Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen im vergangenen Jahr zugenommen hat – der interne Druck um 42 %. Nur 11 % bzw. 4 % berichten von einer Abnahme in Deutschland.
Mehr als 60 % der Befragten – sowohl in Deutschland als auch weltweit – berichteten, dass die für Nachhaltigkeitsberichterstattung eingesetzten Ressourcen und auch die dafür investierte Zeit der Führungsebene im vergangenen Jahr gestiegen sind. Nur wenige Befragte stellten einen Rückgang fest.
Unabhängig von den regulativen Vorgaben möchten Interessengruppen wie Investoren, Mitarbeitende und zivilgesellschaftliche Organisationen verstehen, wie Unternehmen Nachhaltigkeitsauswirkungen, -risiken und -chancen handhaben. Im Global Investor Survey 2024 von PwC gaben mehr als 70 % der Investoren an, dass die Unternehmen, in die sie investieren, Nachhaltigkeit direkt in ihre Geschäftsstrategien integrieren sollten. Fast zwei Drittel wünschen sich zudem, dass diese Unternehmen zusätzliche Schritte zur Reduzierung ihrer Kohlenstoffemissionen in die Wege leiten.
Darüber hinaus stehen große Unternehmen vor der Herausforderung, Berichtsanforderungen in mehreren Ländern zu erfüllen. Ein multinationaler Konzern könnte beispielsweise Tochtergesellschaften haben, die in Ländern aktiv sind, in denen ISSB-Berichterstattung verlangt wird und gleichzeitig andere, die unter die CSRD fallen. Hinzu könnten Niederlassungen in den USA kommen, die den Anforderungen der dortigen Bundesstaaten entsprechen müssen. In einigen Branchen, zum Beispiel im Finanzsektor, gibt es zusätzliche sektorspezifische Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Um die sich überschneidenden Anforderungen effizient zu erfüllen, sollten Unternehmen darauf achten, Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Rahmenwerke optimal in der Datenbasis zu berücksichtigen.
Von den 496 Unternehmen, die wir weltweit befragt haben, hatte ein Drittel bereits Nachhaltigkeitsberichte vollständig nach CSRD veröffentlicht – in Deutschland sind es 44 von 109 befragten Unternehmen. Diese Unternehmen identifizierten einige Aspekte, die den Berichtsprozess rückblickend verbessert hätten: eine effizientere Nutzung von Technologie, eine frühzeitige Validierung der Datenverfügbarkeit und -vollständigkeit, zusätzliche Personalressourcen sowie eine verstärkte bereichsübergreifende Zusammenarbeit.
Hinsichtlich bereichsübergreifender Zusammenarbeit hängt es teilweise vom jeweiligen Berichtsrahmen ab, welche Abteilungen einbezogen werden müssen. Bei Unternehmen, die nach der CSRD berichten, ist die Beteiligung der Personalabteilung höher, da die ESRS zahlreiche Angaben zu den eigenen Arbeitskräften fordert.
Die Unternehmen betonen, dass eine frühere Validierung der Datenverfügbarkeit und -vollständigkeit, stärkere Kontrollen und intensiverer Einsatz von Systemen sowie die frühzeitige Einbindung des Abschlussprüfers sie besser auf die Prüfung vorbereitet hätte. Unternehmen, die noch am Anfang ihrer Berichts- und Prüfungspraxis stehen, sollten darauf achten. Eine konsistente und qualitativ hochwertige Berichterstattung bündelt viele Ressourcen aus verschiedenen Unternehmensbereichen sowie Investitionen in moderne Technologien.
Nachhaltigkeitsabteilungen, die isoliert arbeiten und ausschließlich auf Tabellenkalkulationen zurückgreifen, werden wahrscheinlich auf Schwierigkeiten stoßen. Eine verlässliche Datengrundlage, toolbasierte Berichterstattung und bereichsübergreifende Zusammenarbeit sind die Zukunft.
Eine große Mehrheit der Unternehmen, die bereits Nachhaltigkeitsberichte erstellt haben, berichtet, dass sie aus den gesammelten Daten und Erkenntnissen mehr als nur Compliance-Vorteile ziehen konnten. 20 % der Befragten in Deutschland sehen einen erheblichen Mehrwert – weltweit sind es sogar 28 %. Ein genauerer Blick auf ihre Managementpraktiken zeigt, wie eine effektive Verbindung zwischen Nachhaltigkeitsberichterstattung und Wertschöpfung geschaffen werden kann.
Unternehmen, die noch am Anfang ihrer Berichterstattung stehen, können aus diesen Erfahrungen wichtige Erkenntnisse gewinnen. Der Einsatz von Nachhaltigkeitsdaten zur Unterstützung von Geschäftsentscheidungen kann erheblichen Mehrwert schaffen. Dafür ist es unerlässlich, dass die Führungsebene aktiv in die Entwicklung neuer Prozesse und Systeme investiert.
Unternehmen investieren weiterhin in Technologien und Infrastruktur, um ihre Berichterstattung effizient und konsistent zu gestalten. Von den Unternehmen, die bereits Berichte erstellt haben, gaben die meisten an, dass die Akzeptanz von Technologien im letzten Jahr zugenommen hat. Mehr als die Hälfte nutzt inzwischen zentrale Datenbanken, Tools zur Berechnung von Kohlenstoffemissionen und Software für Disclosure Management. In Deutschland liegt der Anteil der Unternehmen, die zentrale Datenbanken nutzen, mit 77 % sogar noch höher als im internationalen Vergleich. Trotzdem verwenden immer noch zahlreiche Unternehmen Tabellenkalkulationen, da sich viele Softwarelösungen als unreif herausgestellt haben oder die Unternehmen keine Zeit zur Implementierung hatten.
Trotz dieser Fortschritte werden Unternehmen die Vorteile der Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht vollständig ausschöpfen können, solange sie keine umfassenden zentralen Systeme implementieren. Die zentrale Speicherung von Nachhaltigkeitsdaten stellt nicht nur sicher, dass Berichte aus präzisen und überprüfbaren Quellen erstellt werden. Solche Systeme ermöglichen es Führungskräften ebenfalls, auf zuverlässige Informationen bei wichtigen Entscheidungen zurückzugreifen – etwa, wenn es um Kapitalinvestitionen, die Planung von Lieferketten oder die Minderung physischer Klimarisiken geht.
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Nachhaltigkeitsberichterstattung hat sich im letzten Jahr leicht erhöht, von 15 % auf 23 %. Am häufigsten setzen Unternehmen KI ein, um Informationen zu entwerfen und zusammenzufassen, Risiken und Chancen zu identifizieren sowie Daten aus verschiedenen Systemen zu sammeln, zu integrieren und zu validieren. Bei den meisten von uns erfassten Anwendungsfällen haben die Unternehmen KI-Tools noch nicht vollständig in ihre Arbeitsabläufe integriert – sie befinden sich meist noch im Teststadium. Dies zeigt, dass sich viele Organisationen noch in einer frühen Phase der Technologieakzeptanz befinden, wenn es um Nachhaltigkeitsberichterstattung geht.
Unternehmen haben die Möglichkeit, ihre Technologie schrittweise mit bewährten KI-Tools und Anwendungsfällen auszubauen oder direkt zu einem fortschrittlicheren Zustand mit umfassender KI-Integration zu wechseln. In der Theorie ließe sich eine zentrale Datenspeicherung mit einem Netzwerk von KI-Agenten kombinieren, um die Effizienz und Flexibilität der Berichtsprozesse erheblich zu verbessern. Der relativ geringe technologische Reifegrad der Systeme in Nachhaltigkeitsfragen könnte den Übergang erleichtern, da weniger veraltete Systeme ersetzt werden müssen.
Die regulatorischen Änderungen in diesem Jahr haben den Fortschritt hin zu einer verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung zwar verlangsamt, jedoch bleibt die grundsätzliche Ausrichtung unverändert. Unsere Umfrageergebnisse zeigen, dass viele Unternehmen das Tempo sogar erhöht haben, indem sie mehr Zeit und Ressourcen ihrer Führungskräfte investieren und ihre technologische Infrastruktur weiter ausbauen.
Einige Unternehmen erkennen, dass sie in mehreren Ländern berichtspflichtig sind – entweder durch die Einführung der ISSB-Standards in Ländern, in denen sie tätig sind, oder durch andere lokale Gesetzgebungen. Der Druck von Interessengruppen, insbesondere Investoren, verstärkt diese Dynamik. Zusätzlich motiviert Unternehmen die Überzeugung, dass Nachhaltigkeitsdaten Entscheidungshilfen für das gesamte Unternehmen bieten können.
Es hat viele Jahre gedauert, bis Regulierer, Investoren und Unternehmen ein einheitliches Verständnis für Finanzberichterstattung entwickelt haben. Entsprechend sind die ersten Phasen der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch wechselnde Prioritäten und Anforderungen geprägt. Unternehmensführungen sollten gleichermaßen sensibel für diese Veränderungen bleiben und sich auf das große Ziel konzentrieren: Wertschöpfung und -erhaltung in einer zunehmend nachhaltigkeitsbewussten und volatilen Welt.
„Der Druck wächst, aber auch die Chancen: Wer Nachhaltigkeit transparent macht, schafft Vertrauen bei Investoren, Kunden und Mitarbeitenden. Gleichzeitig kann die konsequente Nutzung von Nachhaltigkeitsdaten für die Unternehmenssteuerung wertvolle Einblicke liefern und Innovationen gezielt vorantreiben. So wird Reporting zum echten Wettbewerbsvorteil.“
Nicolette Behncke,Partnerin, Sustainability Reporting Leader Europe bei PwC DeutschlandGlobal Sustainability Reporting Survey 2025
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Im Juni und Juli 2025 befragte PwC 496 Führungskräfte und Fachleute aus 40 Ländern, deren Unternehmen bereits nach CSRD oder ISSB berichten oder dies planen. 109 Fach- und Führungskräfte sind aus Deutschland, 44 berichten bereits nach CSRD, 40 % der deutschen Unternehmen gehört dem Nachhaltigkeitsbereich an, während 28 % dem Rechnungswesen angehören.
Der Großteil der Teilnehmer (66 %) hatte seinen Hauptsitz in Westeuropa, gefolgt von Asien-Pazifik (22 %), USA (8 %), Großbritannien (4 %), Kanada (2 %) und Lateinamerika (2 %). Die Umfrage deckte verschiedene Branchen ab, darunter industrielle Fertigung und Automobilindustrie (29 %), Finanzdienstleistungen (19 %), Energie (18 %) und Konsumgüter (16 %).
Über ein Drittel der Befragten weltweit (36 %) gab an, dass ihre Unternehmen bereits CSRD-Nachhaltigkeitsberichte oder Berichte gemäß ISSB veröffentlicht haben. Zudem planen 41 %, zukünftig einen CSRD-Bericht zu erstellen, und 23 % beabsichtigen, die ISSB-Standards zu nutzen.
Partnerin, Sustainability Reporting Leader Europe, Sustainability Services, PwC Germany