Je autonomer Systeme werden, desto häufiger handeln sie außerhalb klassischer Taktzyklen - und genau dort verlieren klassische Governance-Modelle ihre umfängliche Wirksamkeit. Verantwortung, Überwachung und Policies müssen neu gedacht und codiert werden. Organisationen stehen also vor einem Paradigmenwechsel: Nicht nur technisch, sondern auch im Steuerungsmodell, in dem Entscheidungssicherheit Teil der DNA des KI-Systems werden muss.
Künstliche Intelligenz verlässt gerade eine Phase, in der sie vor allem unterstützt, analysiert und empfiehlt. In immer mehr Organisationen entwickeln sich KI-Systeme zu handelnden Einheiten: Sie koordinieren Prozesse, priorisieren Aufgaben, treffen Vorentscheidungen – und handeln zunehmend autonom. Was technologisch beeindruckend ist, wird organisatorisch zur Herausforderung. Denn bestehende Governance-Modelle sind nicht vollumfänglich für Systeme wirksam, die selbstständig entscheiden, lernen und agieren. Sie sind für Innovationssteuerung gebaut. Für Organisationen und Hierarchien. Für lineare Abläufe und Compliance. Sie sind oftmals Teil eines umfassenden Operating Models. Und dennoch entsteht hier eine strukturelle Lücke für Agentic AI.
Hinzu kommt eine zweite Dynamik: Je stärker KI in kritische Prozesse eingebunden wird, desto größer werden die Auswirkungen von Fehlentscheidungen. Nicht jede KI-Aufgabe ist gleich riskant. Eine Marketingoptimierung ist etwas anderes als eine automatisierte Kreditentscheidung. Eine interne Priorisierung ist etwas anderes als die Steuerung sicherheitskritischer Systeme.
Drei Faktoren bestimmen, ob die Organisation mit dem Potenzial von Agentic AI Schritt halten kann
Kritikalität und Komplexität der Aufgabe: Wie hoch ist das Risiko bei Fehlverhalten?
Technische Steuerbarkeit: Wie gut lässt sich das System kontrollieren, begrenzen und erklären?
Organisatorische Reife: Wie gut ist die Organisation darauf vorbereitet, autonome Systeme zu führen?
Wenn diese Dimensionen auseinanderlaufen, entsteht ein gefährliches Ungleichgewicht: Autonomie für sensible Aufgabenbereiche wird unmöglich und das Potenzial für KI nicht ausgeschöpft.
In autonomen Systemen muss Vertrauen noch stärker technisch belegbar werden.
Doch genau das fehlt heute häufig:
Es gibt keine standardisierten, maschinenlesbaren Regeln.
Es fehlen messbare Vertrauensparameter.
Entscheidungen sind schwer nachvollziehbar, weil sie in Modellen und Agentenlogiken entstehen.
Die Diskussion um autonome Agenten ist längst entschieden: Sie kommen. Sie skalieren. Sie beschleunigen. Die eigentliche, ungelöste Frage lautet:
Wie können Systeme autonom handeln, ohne die Steuerungsfähigkeit der Organisation zu überholen?
Wie entsteht Governance, die in Echtzeit lenkt?
Nicht nur vertraut, sondern Vertrauen messbar macht?
Governance selbst muss zu einem technischen System werden: hin zu parametrisierten, maschinenlesbaren und auditierbaren Strukturen, die direkt in das Verhalten autonomer Agenten eingebettet sind.
Manche sprechen in diesem Zusammenhang bereits von parametric, agentic AI – einem Ansatz, bei dem Autonomie nicht ungesteuert wächst, sondern durch messbare Leitplanken in Echtzeit geführt wird.
Noch ist dieses Feld jung. Aber die Richtung ist klar:
Governance wird nicht verschwinden. Sie wird sich erweitern – von Operating Model, Compliance und Innovationsfokus in Systeme, Parameter und Metriken.
Responsible AI wird zum right to play für KI Autonomie und das Potenzial von (Agentic)AI. Dieser Shift steht erst am Anfang seiner praktischen Relevanz, muss aber umso konsequenter angegangen werden, als dass die technischen Entwicklungen rasant voranschreiten und der globale Wettbewerb den Wandel befeuert. Deshalb arbeiten wir aktuell an einem vertiefenden Whitepaper, das die Konzepte rund um autonome KI-Governance, Parametrisierung und agentische Systeme systematisch aufarbeitet.
Wer frühzeitig informiert werden möchte, kann sich bereits jetzt für den Erhalt vormerken lassen.