Interview: „Die neue Rolle des CFO: Business Partner und Enabler für das Geschäft“

22 Juni, 2021

Ein Interview mit Gori von Hirschhausen und Michael Suska. Gerade in einem Bundesland wie Baden-Württemberg, dessen Wirtschaft durch mittelständische Unternehmen geprägt ist, kommt der Funktion des Chief Financial Officers eine wesentliche Rolle zu.

Warum es so wichtig ist, auch bei der Finanzfunktion die Weichen auf digitale Transformation zu stellen, erklären die PwC-Experten für Finanzthemen Gori von Hirschhausen und Michael Suska im Interview.

Der Mittelstand ist das Rückgrat der Wirtschaft in Baden-Württemberg. Welche Herausforderung kommt jetzt unter dem Stichwort „Finance 4.0“ auf die Unternehmen zu?

Gori von Hirschhausen: Die Welt dreht sich immer schneller. Innovationen, Disruptionen, Risiken und Krisen häufen sich international. Dabei ist von Bedeutung: Für den Erfolg deutscher Unternehmen wird es unerlässlich, noch genauer abzusehen, was eigentlich morgen, im nächsten Jahr und in fünf Jahren passieren könnte. Hier kommt der Finanzfunktion eine Schlüsselrolle zu. „Finance 4.0“ bedeutet für die meisten Organisationen eine umfassende und nachhaltige Transformation:

Die Finanzfunktion wandelt sich vom reinen Zahlenverwalter und rückwärtsgewandten Betrachter zum steuernden Business Partner und Enabler für das Geschäft der Zukunft.

Michael Suska: Man hat in jüngster Zeit gesehen, dass es  zahlreiche innovative Tools und Technologien gibt, die dem Finanzbereich und dem Accounting völlig neue Möglichkeiten eröffnen: Cloud-Technologie, Internet der Dinge, Automatisierung, Robots, künstliche Intelligenz sowie dazu noch eine Vielzahl spezialisierter Anbieter eröffnen hier völlig neue technische Möglichkeiten. Fakt ist, die Finanzfunktion 2025 wird daher ganz anders aussehen als heute noch, wenn das vom Management mit entsprechender Nachhaltigkeit angegangen wird.

Hat der Mittelstand in Baden-Württemberg bei der digitalen Transformation der Finanzfunktion Nachholbedarf?

Suska: Das lässt sich schwer verallgemeinern, da der Mittelstand in Baden-Württemberg sehr vielfältig ist. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass dessen Management der digitalen Transformation gegenüber sehr aufgeschlossen ist, aber auch noch Nachholbedarf hat.

von Hirschhausen: Die Unternehmen in Baden-Württemberg besetzen in zahlreichen Bereichen und Branchen eine zentrale Rolle, viele sind Weltmarktführer. Dennoch wird nicht zuletzt im Bereich Finance bisweilen sogar noch manuell gearbeitet, von Excel-Tabellen bis zu Belegprüfungen. Die digitale Transformation der Finanzfunktion eröffnet hier eine erhebliche Effizienzsteigerung.

Wie weit sind die Unternehmen schon? Gibt es nennenswerte Strategien?

Suska: Wir sehen eine Reihe an erfolgreichen Ansätzen, vor allem bei Produktion, Vernetzung und auch Logistik. Tools im Bereich Prozessdatenanalyse sind schon relativ weit verbreitet, das liefert den Unternehmen eine digitale Analyse der Prozessdaten und Abläufe.

Für den Bereich Finance, insbesondere, was die Unterstützung der Unternehmenssteuerung und des Controlling betrifft, werden noch längst nicht alle Tools genutzt, die möglich wären. Planung und Forecast sind eher noch Stiefkinder.

von Hirschhausen: Bei der Finanzfunktion laufen wesentliche Informationen zum Kerngeschäft zusammen. Sie bewertet Chancen und Risiken externer Treiber, entwickelt realistische Szenarien und steuert konkrete Maßnahmen in das gesamte Unternehmen ein. Einige führende Firmen haben das schon sehr gut im Griff. Nicht zuletzt, weil sie die digitalen Tools auch im Controlling einsetzen. Denn nur wer erkennt, wo entscheidende Risiken und Chancen stattfinden und vorausschauend neue Wege identifiziert, wird als CFO seiner Kernaufgabe gerecht.

Gibt es besondere Punkte, die für die Industrie im „Ländle“ besonders wichtig und zu beachten sind?

von Hirschhausen: Am Ende des Tages geht es um nichts weniger als die schnelle und umfassende Implementierung digitaler Technologien sowie die Digitalisierung der gesamten Prozesslandschaft im Rahmen der Finanzfunktion. Das erfordert auch ein schnelles Lernen, mit der Verarbeitung von Massendaten umzugehen, nicht zuletzt durch Automatisierung bei Planung, Forecast, Controlling und Reporting.

Suska: Die Steuerung des gesamten Unternehmens lässt sich nachhaltig verbessern, da man auf besser aufbereitete Daten zurückgreifen kann, die präzisere Prognosen erlauben. Für den CFO und sein Finance Team erweitern sich die Anforderungen in Bezug auf die digitalen Fähigkeiten, beziehungsweise den Umgang mit diesen neuen digitalen Werkzeugen. Dieses Know-how muss in der Regel ins Unternehmen hineingetragen werden, um dort die Mannschaft entsprechend zu entwickeln.

Baden-Württemberg ist auch das Land der Automobilzulieferer, die wie die gesamte Branche gerade einen Wandel durchlaufen. Wie können digitale Tools dazu beitragen, Geschäftsrisiken zu verringern?

von Hirschhausen: Gerade in unsicheren Zeiten trägt eine deutlich verbesserte Prognose- und detailliertere Analysefähigkeit des Managements dazu bei, Geschäftsrisiken schneller und besser zu begegnen. Predictive Forecasting mit seinen Algorithmen beispielsweise trägt dazu bei, ein treffenderes Reporting über künftige Marktentwicklungen oder Lieferströme zu generieren.

Analog der Entwicklung in der Fertigung etwa erlauben Simulationen, zu berechnen, wie es sich auf bestimmte Unternehmenskennzahlen auswirkt, wenn die Auslastung einer Produktionseinheit um 50 Prozent reduziert und eine andere dafür um 20 Prozent hochgefahren wird.

Sehen Sie sonstige Besonderheiten oder Aspekte zur Rolle des CFO, die hervorgehoben werden sollten?

Suska: Die Weiterentwicklung der Mitarbeiter:innen stellt die Unternehmen vor neue Anforderungen. Sie müssen beides tun: Vorhandene Mitarbeiter:innen schulen und weiterentwickeln und gleichzeitig neue Mitarbeiter:innen mit entsprechenden Skills am regionalen Markt suchen und finden. Hier ist es wichtig, als Fundus den Schulterschluss mit entsprechenden Hochschulen und digitalen Startups zu suchen.

von Hirschhausen: Ein zentraler Erfolgsschlüssel dabei ist die harmonische Interaktion von Mensch und Maschine. Das stellt neue Anforderungen an die Einstellung, Fähigkeiten und Kompetenzen von Führungskräften und Mitarbeiter:innen. CFOs sollten daher gemeinsam mit Human Resources neben der Strategie eine Roadmap aufsetzen, wie die zukünftig benötigten Kompetenzen bei der Finanzfunktion aufzubauen sind.

Warum kann es Sinn machen, sich für diese Herausforderung externe Unterstützung zu suchen?

Suska: Der Markt ist in ständiger Bewegung, es treten regelmäßig neue Anbieter mit neuen digitalen Tools auf. Externe Berater:innen können mit Ihrem Überblick dem Unternehmen helfen, sich schneller auf dem Markt zu etablieren.

Bei PwC haben wir ein großes und geschultes Team, dass die Entwicklungen am Markt begleitet und quasi am Puls der Zeit ist.

von Hirschhausen: Wir sind ja als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in derselben Situation. Allerdings haben wir schon sehr früh mit der digitalen Transformation der Finanzfunktion begonnen. Erfahrene Change Manager:innen von PwC unterstützen jetzt die Führungskräfte unserer Kunden im Rahmen des Kulturwandels dabei, Veränderungsbereitschaft zu erzeugen, ihre Teams für die Transformation zu motivieren und zu begeistern – mit dem Ziel, eine neue, agile Kultur mit zukunftsorientierten Arbeitsweisen zu schaffen.

Gori von Hirschhausen

Gori von Hirschhausen

Gori von Hirschhausen leitet den Bereich Management & Finance Consulting bei PwC Deutschland und ist Initiator des Finance Transformation Programms. Mit seiner Leidenschaft für Finanzstrategie, Digitalisierung und Zahlen hilft er Unternehmen, eine erstklassige Finanzfunktion zu erreichen.

Michael Suska

Michael Suska

Michael Suska ist Partner bei PwC und Experte für Shared Services. Als Ansprechpartner für Themen rund um die digitale Transformation unterstützt er Unternehmen dabei, ihre Chancen im digitalen Wandel frühzeitig zu erkennen und wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben.

Trumpf: Vom Maschinenbauer zum High-Tech Unternehmen

In dieser Podcastfolge haben Prof. Dr. Martin Glaum von der WHU und Gori von Hirschhausen von PwC mit Dr. Lars Grünert den CFO von Trumpf zu Gast. Mit ihm sprechen sie über den Wandel vom Maschinenbauer zum High-Tech Unternehmen und wie sich diese Transformation im Finanzbereich widerspiegelt und durch ihn begleitet wird. Darüber hinaus geben die Drei spannende Einblicke in die Krisenfestigkeit von Familienunternehmen.

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