Ein Ausblick auf zukünftige Marktstrukturen

Zukunft der regionalen Glasfasernetze in Deutschland

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  • 08 Okt 2025

Deutschland steht im 21. Jahrhundert vor der Herausforderung, die Digitalisierung flächendeckend voranzutreiben. Ein elementarer Baustein dieser Entwicklung ist der Ausbau moderner, leistungsfähiger Glasfasernetze. Insbesondere regionale Unternehmen und Stadtwerke spielen im Glasfaserausbau eine bedeutende Rolle – vielerorts agieren sie als Treiber der Digitalisierung in Städten und Gemeinden. Durch ihre Vertriebsaktivitäten fördern sie die digitale Transformation vor Ort, sowohl in der Verwaltung als auch im Mittelstand. Nach aktuellen Schätzungen betreiben rund 150 bis 200 regionale Unternehmen und Stadtwerke aktiv eigene Glasfasernetze oder lassen diese betreiben.

Infografik: Potenzial entfesseln

Vertriebsstark im lokalen Markt

Regionale Unternehmen und Stadtwerke kennen traditionell die Spezifika des lokalen Marktes sehr gut aus ihrem Geschäft mit Strom, Gas, Wasser und Wärme und sind lokal verwurzelt. Dadurch sind sie im Vertrieb stark bei privaten Kunden, dem lokalen Mittelstand und der regionalen Verwaltung. Sie können Effizienzen durch den parallelen Vertrieb von Telekommunikationsleistungen mit Strom, Gas und Wärme nutzen. Ein echtes Bundling der Produkte findet jedoch in der Regel aufgrund der vertraglichen und abrechnungstechnischen Komplexität nicht statt.
Durch die Vertriebsnähe und den lokalen Markenwert kompensieren sie erfolgreich auch Nachteile wie zum Beispiel ihre regionale Reichweite in der Werbung im Vergleich zu bundesweit agierenden Unternehmen.

Die Zahl der angeschlossenen Kund:innen variiert je nach Ausbaustand, Region und Größe der regionalen Unternehmen und Stadtwerke beträchtlich. Im Mittel kann man davon ausgehen, dass regionale Unternehmen und Stadtwerke mit eigenem Glasfasernetz etwa 5.000 bis 10.000 Endkund:innen pro Netz versorgen. Manche größeren regionalen Unternehmen und Stadtwerke kommen auf 50.000 und mehr, während kleine Versorger bisweilen noch unter 1.000 Anschlüsse betreiben.

Effizienz im Bau und Betrieb der Netze und Plattformen

Regionale Unternehmen und Stadtwerke sind vor Ort verwurzelt und können Synergien beim Ausbau nutzen – etwa, indem Glasfaserkabel parallel zu anderen Versorgungsleitungen verlegt werden. Sie haben langjährige Erfahrungen mit den lokalen Bauunternehmen und kennen die kommunalen Strukturen und Genehmigungsprozesse. So können Baukosten gesenkt und Ausbauzeiten verkürzt werden.

Generell haben regionale Unternehmen und Stadtwerke aufgrund ihrer Größe einige strukturelle Nachteile, insbesondere beim Einkauf von Bauleistungen, der Standardisierung von Prozessen und der IT sowie der Skalierung des Vertriebs.

Daher existieren heute schon diverse Kooperationsmodelle im Markt. Regionale Unternehmen und Stadtwerke kooperieren mit überregionalen Partnern wie Energieversorgern, Zweckverbänden oder spezialisierten Telekommunikationsunternehmen. Sie verwenden "Open Access": Regionale Unternehmen und Stadtwerke bauen das Netz, stellen die Infrastruktur aber auch anderen Diensteanbietern zur Verfügung – so profitieren am Ende mehr Kund:innen von einer größeren Auswahl an Tarifen und Diensten.

Zukünftige Marktstruktur

Natürlich stellt sich die Frage, wie sich die Marktstruktur der regionalen Unternehmen und Stadtwerke verändern wird. Insbesondere, da sich die Anforderungen an den Versorgungsauftrag der regionalen Unternehmen und Stadtwerke durch die Energiewende stark verändert haben. Der Ausbau resilienter Energie- und Wärmenetze rückt in den Vordergrund, was häufig eine strategische Neupositionierung der Telekommunikationssparte erfordert. PwC sieht dabei letztlich drei Gruppen von Unternehmen:

  1. Kleinere Unternehmen: Unternehmen mit weniger als 20.000 Anschlüssen werden sich auf Dauer schwertun, ihre fehlenden Skaleneffekte im Markt zu kompensieren. Sie werden sich daher auf „Open Access“ als primäres Modell konzentrieren oder ihre passiven Netze und Kundenverträge verkaufen – insbesondere, sobald regionale Investoren nicht mehr bereit sind den Betrieb zu subventionieren.
  2. Mittlere Unternehmen: Diese Unternehmen können durch ihre Vertriebsstärke im lokalen Markt und ihre Effizienz beim Netzausbau teilweise ihre fehlenden Skaleneffekte kompensieren. Sie werden sich jedoch schwertun, auf Dauer mit attraktiven Angeboten im lokalen Markt zu bestehen. Erfolgreiche Unternehmen werden diverse Kooperationsmöglichkeiten bei Entwicklung und dem Betrieb gemeinsamer Produktplattformen nutzen.
  3. Große Unternehmen: Dazu gehören große regionale Unternehmen und Stadtwerke, z.B. in Köln, München oder Hamburg, die teilweise schon seit über 30 Jahren am Markt aktiv sind. Diese Unternehmen verfügen bereits heute über wesentliche Skaleneffekte im Ausbau und Betrieb, sodass sie ihre bestehende Unabhängigkeit im Markt bewahren können und Kooperationsverhandlungen mit den überregionalen Anbietern auf Augenhöhe führen können.


Generell ist bei kleineren und mittleren Unternehmen eine zunehmende Konsolidierung zu erwarten. Diese ist jedoch in den letzten zwei Jahren ausgeblieben. Auf Seite der regionalen Unternehmen ist die Erwartung der bestehenden Eigentümer hinsichtlich der erzielbaren Verkaufspreise für ihre Netze häufig noch unrealistisch hoch, da durch den laufenden Ausbau der Blick auf die tatsächliche Profitabilität der Netze verzerrt ist. Auch sind viele der Unternehmen aktuell noch ausreichend finanziert. Für die potenziellen Konsolidierer ist der Zugang zu zusätzlichem Eigen- und Fremdkapital begrenzt, sie fokussieren sich auf die operativen Herausforderungen im eigenen Ausbau und warten ab, um den optimalen Zeitpunkt für die Konsolidierung zu treffen.

Fazit

Die Glasfasernetze der regionalen Unternehmen und Stadtwerke in Deutschland sind ein entscheidender Teil der digitalen Infrastruktur und tragen wesentlich dazu bei, das Land zukunftsfähig zu machen. Mit rund 150 bis 200 Netzen und etwa 10.000 Kund:innen pro Netz sind sie ein wichtiger Motor für Innovation und digitale Teilhabe.

Aufgrund der Fragmentierung des Marktes wird eine Konsolidierung mittel- bis langfristig nicht vermeidbar sein. Dabei wird es einen „First-Mover-Vorteil“ für Unternehmen geben, die schnell mehrere Akquisitionen durchführen und es schaffen Synergien aus der Integration der Netze zu realisieren. Aktuell finden klassische Verkäufe allerdings kaum statt. Daher werden Kooperationen auf den unterschiedlichen (Netz-)Ebenen und tatsächlich gelebte Open Access-Vereinbarungen kurzfristig eine wesentliche Rolle spielen und stellen für die regionalen Betreiber einen Schutz ihres Geschäftes dar.

Wie kann PwC unterstützen?

PwC verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Unterstützung regionaler Telekommunikationsunternehmen und Stadtwerke. Wir begleiten Sie bei der Strategieentwicklung, der Finanzierung mit Eigen- oder Fremdkapital sowie Durchführung von Transaktionen. Auch unterstützen wir Sie bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse und Bewertung Ihrer Geschäftsbereiche, bei Kooperationen sowie beim Aufbau von Produktplattformen und dem Outsourcing von Funktionen. PwC hat zudem bereits regionale Unternehmen und Stadtwerke für erfolgreiche Kooperationen aufgestellt - das Glasfasernetz bleibt in kommunaler Hand und gleichzeitig wird die Netzauslastung gesichert.

Sprechen Sie mit uns für eine erste Schnell-Diagnose Ihrer spezifischen regionalen Situation an.

Die Autor:innen

Peter Weichsel
Peter Weichsel

Managing Director, Strategy& Germany

Dr. Vesta von Bossel
Dr. Vesta von Bossel

Partnerin, PwC Germany

Michael Driemeyer
Michael Driemeyer

Director, PwC Germany

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