Fake News 2019: Einfluss auf die Europawahl?

Gezielte Desinformation im Vorfeld der Europawahl: Hintergründe, Risiken – und was Politik, Medien und Gesellschaft dagegen unternehmen.

Fake News und Social Bots als Gefahr für demokratische Wahlen

Manipulation und Meinungsmache durch gezielte Desinformation – diese Probleme beschäftigen uns dauerhaft. Besonders akut werden sie vor wichtigen Wahlen wie der Europawahl, die in Deutschland am 26. Mai 2019 stattfindet. Denn dann hat die großflächige Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Falschmeldungen potenziell einen direkten Einfluss auf die Wahlergebnisse. 

PwC führt seit 2017 Bevölkerungsumfragen zu Fake News und Social Bots durch. Danach halten viele Deutsche Fake News und Social Bots für eine zunehmende Gefahr für die Demokratie. Im Kampf gegen absichtlich verbreitete, falsche Informationen sieht die Bevölkerung vor allem Politik, Medien und Plattformbetreiber wie Facebook, Twitter und Co. in der Verantwortung.

Und die jüngste repräsentative PwC-Befragung „Fake News 2019: Einfluss auf die Europawahl?“ bestätigt die Befürchtungen der Bevölkerung: Viele Deutsche halten Fake News hinsichtlich möglicher Manipulationen und Meinungsmache auch im Vorfeld der Europawahl für eine große Gefahr. Und fast die Hälfte der Befragten glaubt, sie könnte Falschmeldungen nicht sicher erkennen und sei dadurch in ihrer Wahlentscheidung beeinflussbar.

Download der Befragung „Fake News 2019“, PDF (922 KB)

Bevölkerungsbefragung: Fake News 2019 – Einfluss auf die Europawahl?

PwC hat im März/April 2019 eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zum Thema „Fake News 2019: Einfluss auf die Europawahl?“ durchgeführt. 1.000 Bundesbürger ab 18 Jahren nahmen daran teil. Lesen Sie hier die wichtigsten Ergebnisse unserer Umfrage und erfahren Sie, wie die Deutschen vor der Europawahl auf das Thema Manipulation und Meinungsmache durch Fake News blicken.

Große Gefahr im Vorfeld der Europawahl

7 von 10 Deutschen sehen in Fake News eine große Gefahr im Vorfeld der Wahl. Rund ein Viertel (26 Prozent) der Befragten schätzt die Gefahr falscher Informationen als „eher gering“ ein, und nur 3 Prozent sehen in gezielt verbreiteten Falschmeldungen gar keine Gefahr.

Einfluss auf die eigene Wahlentscheidung

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Fake News nicht erkennen und dadurch in ihrer Wahlentscheidung beeinflusst werden, halten 44 Prozent der Befragten für „eher“ (36 Prozent) bzw. „sehr hoch“ (8 Prozent). Nur 9 Prozent halten eine solche Beeinflussung für ausgeschlossen.

Aufklärung über Fake News

Während 80 Prozent der jüngeren Befragungsteilnehmer (zwischen 18 und 49 Jahre) angaben, Aufklärung über Fake News mitbekommen zu haben, antworteten bei den Älteren (ab 50 Jahre) lediglich zwei Drittel so. Und: Ein Drittel der Befragten gab an, noch überhaupt keine Aufklärung mitbekommen zu haben.

„Aufklärung zum Beispiel an Schulen ist wichtig, um die Medienkompetenz zu steigern und zu vermitteln, wie man Fake News identifizieren kann und was eine seriöse Nachrichtenquelle ausmacht.“

Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC Deutschland

Europäische Union befürchtet Wahlmanipulationen

Die Sorge, dass die Wahlergebnisse durch Fake News und Social Bots beeinflusst werden könnten, beschäftigt auch die Europäische Kommission. Die Europäische Union bemängelt, dass insbesondere Technologiefirmen wie Google, Facebook und Twitter zu wenig gegen gezielte Desinformation unternehmen. Zudem erwägt die EU, Parteien finanziell zu bestrafen, sollten sie im Wahlkampf Falschinformationen verbreiten. Zusätzlich soll ein neugeschaffenes Schnellwarnsystem bei der Identifizierung von Falschmeldungen helfen. Über das System können die EU-Mitgliedsstaaten Informationen über Desinformationskampagnen austauschen. Dass Fake News und Social Bots ein zunehmendes Problem für die Demokratie darstellen, finden auch viele Menschen in Deutschland, wie PwC-Studien aus den vergangenen Jahren gezeigt haben.

Nutzerbeschwerden bei Plattformanbietern bleiben größtenteils erfolglos

Auch die deutsche Politik ist im Kampf gegen Fake News aktiv und hat im Sommer 2017 das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ verabschiedet. Mit der Neuregelung müssen Anbieter sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter seit Anfang 2018 „offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde löschen oder sperren. Für nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte gilt die Frist von einer Woche. Kommen Betreiber ihrer Verpflichtung nicht nach, drohen ihnen Bußgelder in Millionenhöhe.

Die Initiative stieß auf Kritik, unter anderem mit dem Argument, dass die Rechtsdurchsetzung an private Unternehmen übertragen werde. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Plattformbetreiber eigentlich gesetzeskonforme Inhalte löschen („Overblocking“), um Strafzahlungen zu vermeiden. Erste Zwischenbilanzen zeigen allerdings, dass Nutzerbeschwerden größtenteils erfolglos blieben. So sind zum Beispiel bei Facebook im ersten Halbjahr 2018 in nur 362 Fällen von 1.704 Beschwerden Inhalte gelöscht oder gesperrt worden. Das Bundesamt für Justiz soll daher prüfen, ob Beschwerdeformulare auf der Plattform möglicherweise zu schwer auffindbar sind.

Freiwillige Selbstverpflichtung der Plattformbetreiber

Die Technologiekonzerne indes haben sich im Vorfeld der Europawahl auf einen freiwilligen Verhaltenskodex geeignet. Dieser sieht unter anderem vor, Verbreitern von Falschinformationen Werbeeinnahmen zu entziehen. Werbung soll zudem klar gekennzeichnet werden und Beschwerdemöglichkeiten sollen ausgeweitet werden. Schon heute beschäftigt Facebook weltweit etwa 30.000 Menschen, die für die Bekämpfung von Fake News zuständig sind.

Bei der Identifizierung gezielter Desinformation soll zudem Künstliche Intelligenz (KI) helfen. Allerdings sind die Regeln, nach denen die Algorithmen funktionieren, nicht (ausreichend) transparent. Erschwerend kommt hinzu, dass in den unterschiedlichen Ländern ein jeweils abweichendes kulturelles Verständnis darüber vorherrscht, was genau unter Fake News zu verstehen ist – ein Punkt, an dem die KI an ihre Grenzen stößt.

Medien-Allianzen gegen sinkendes Vertrauen

Befragungen, die PwC seit 2017 regelmäßig durchführt, haben im Zusammenhang mit Fake News ein weiteres Problem offengelegt: Das Vertrauen in die Medien nimmt bei der Bevölkerung ab. Dies betrifft insbesondere die sozialen Medien. Beispielsweise trauen nur 4 von 10 Deutschen zumindest einem Social-Media-Kanal. Mangelnde Objektivität und fehlende Kontrollmechanismen sind die Hauptgründe dafür.

Auch öffentlich-rechtliche Sender sind vom wachsenden Vertrauensverlust betroffen. Immerhin noch 70 Prozent der Bevölkerung attestieren diesen klassischen Verbreitern von Informationen hohe Glaubwürdigkeit. Die deutsche Bevölkerung schreibt ihnen auch eine wichtige Rolle bei der Vermeidung falscher Nachrichten zu.

Und in der Tat sind die Medienhäuser bereits aktiv geworden. Fünf Medienunternehmen haben beispielsweise eine Allianz gegen zum Kampf gegen Fake News gebildet und eine Agenda für „True Media“ veröffentlicht. Das globale Medien-Netzwerk „First Draft Coalition“ besteht bereits seit 2016. In ihm sind auch deutsche Medien wie die ARD, Zeit Online und die Deutsche Presseagentur organisiert.

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Werner Ballhaus

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Global Entertainment & Media Sector Leader und Leiter Technologie, Medien, Telekommunikation, PwC Germany

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Gregor Damm

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