Virtuelle Hauptversammlung

04 Juni, 2020

Ihr Experte für Fragen

Dr. Henning Hönsch

Dr. Henning Hönsch
Partner, Leiter Board Services bei PwC Deutschland
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Die wichtigsten Neuerungen 

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat der deutsche Gesetzgeber den Unternehmen erstmals ermöglicht, ihre Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre als virtuelle Hauptversammlung (vHV) abzuhalten. Damit einher gehen zahlreiche weitere Erleichterungen.

  • Ausweitung des Zeitraums von acht Monaten (bzw. bei SE sechs Monaten), in dem die Hauptversammlung einer AG stattfinden muss, auf das Geschäftsjahr
  • Möglichkeit, Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn auch ohne entsprechende Satzungsgrundlage zu leisten
  • Verkürzung der Mindestfrist zur Einberufung der Hauptversammlung von 30 Tagen auf 21 Tage
  • Möglichkeit für den Vorstand, Fragen der Aktionäre nur bis zu zwei Tage vor der Versammlung zuzulassen und nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche Fragen wie beantwortet werden

Die neuen Regelungen gelten zunächst lediglich für Hauptversammlungen, die im Jahr 2020 stattfinden. Dabei muss es aber mit Blick auf eine generelle Modernisierung der Hauptversammlung deutscher Unternehmen nicht bleiben. Die Debatte darüber, ob der Gesetzgeber auch in Zukunft virtuelle Hauptversammlungen zulassen sollte, hat vielmehr bereits begonnen.

Eine PwC-Umfrage zum Umgang mit der vHV unter 33 großen und mittelgroßen börsennotierten Unternehmen unterschiedlicher Branchen lässt erste Trends erkennen. Einzelheiten werden sich im Laufe der Saison noch weiter ausprägen.

Download Umfrage (PDF, 1,3 MB)

Ausgewählte Erkenntnisse der Umfrage

  • Die vHV stößt auf Unternehmensseite auf breite Akzeptanz.
  • Von der eingeräumten Flexibilität hinsichtlich des Fragerechts der Aktionäre wird ganz überwiegend Gebrauch gemacht.
  • Das Aktionärsportal ist zentrales Instrument zur technischen Abbildung der vHV.
  • Um die vHV als wertige und die Aktionäre wertschätzende Veranstaltung auszugestalten, wollen die Unternehmen vor allem auf eine hohe Qualität der Übertragung und das visuelle Erscheinungsbild achten sowie die Fragen der Aktionäre möglichst sorgfältig beantworten.
  • Darüber hinaus zeigen sich noch keine Standards, um (zusätzliches) Vertrauen in die vHV (inkl. der technischen Abläufe) zu erzeugen, und damit Argumente für eine dauerhafte gesetzliche Lösung zu liefern.

Breite Akzeptanz seitens der Unternehmen für die vHV

Alle Unternehmen, deren ordentliche Hauptversammlung bei Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelungen noch nicht stattgefunden hatte, gaben an, eine vHV durchführen zu wollen bzw. diese bereits abgehalten zu haben. Von den Erleichterungen hinsichtlich angepasster Einberufungs- und Durchführungsfristen machen in diesem Zusammenhang nur wenige Unternehmen Gebrauch. Keines der teilnehmenden Unternehmen will die Möglichkeit nutzen, eine Abschlagszahlung auf den Bilanzgewinn auch ohne entsprechende Satzungsgrundlage zu leisten. 

Fragerecht der Aktionäre nur vor der vHV

Beinahe alle Unternehmen lassen die Einreichung von Aktionärsfragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung zu. Damit schließen sie das Fragerecht zum gesetzlich frühestmöglichen Zeitpunkt aus.

Der überwiegende Teil der Umfrageteilnehmer sieht davon ab, die Reden des Aufsichtsrats- und des Vorstandsvorsitzenden im Vorfeld zu veröffentlichen. Auch wird ein Großteil der Unternehmen (vorab) keine Antworten auf ausgewählte Fragen oder Stellungnahmen von Aktionären veröffentlichen.

Aktionärsportal als zentrales technisches Instrument 

Eine Übertragung der Hauptversammlung inklusive Generaldebatte im Internet sieht knapp ein Drittel der Unternehmen vor, ein weiteres Drittel zeigt dort jedenfalls die Reden der Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden.

Nahezu alle Unternehmen übertragen die vHV (auch) über das Aktionärsportal bzw. ein vHV-Tool. Darüber können in aller Regel auch Fragen eingereicht, Stimmen abgegeben sowie das Widerspruchsrecht ausgeübt werden. Gleichwohl werden (zusätzlich) auch andere Kanäle genutzt.

Potential bei Maßnahmen zur Schaffung von Vertrauen und Wertschätzung 

Die Schaffung von Vertrauen und Wertschätzung ist elementar für eine erfolgreiche vHV. Diesbezüglich zeigen sich aber noch keine einheitlichen Standards. So werden etwa unterschiedliche Vorgehensweisen zur Sicherstellung der Authentizität der Teilnehmer an der virtuellen Hauptversammlung verwendet. Eine Einschätzung unabhängiger Dritter zur technischen Sicherheit der vHV holen nur wenige Unternehmen ein. 

Um die vHV als wertige, die Aktionäre wertschätzende Veranstaltung auszugestalten, legen viele Unternehmen ein besonderes Augenmerk auf die umfassende, transparente Beantwortung von Aktionärsfragen. Daneben streben viele Unternehmen eine hohe Qualität der Übertragung sowie des visuellen Erscheinungsbilds oder ein anwenderfreundliches User Interface an.  Darüber hinaus haben nur wenige Unternehmen eine dezidierte Antwort auf die Frage, wie sie (zusätzliches) Vertrauen in die virtuelle Durchführung der Hauptversammlung erzeugen.

„Die virtuelle Hauptversammlung kann nur dann dauerhaft erfolgreich sein, wenn sie sowohl auf Seiten der Aktionäre als auch der Unternehmen Vertrauen genießt – und zwar nicht nur in die Sicherheit der IT-Technik, sondern in die Abläufe insgesamt. Dies stellt mangels physischer Präsenz der Aktionäre eine besondere, auch psychologische Herausforderung dar.“

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