Globale M&A-Branchentrends im Bereich Technologie, Medien & Telekommunikation

Die M&A-Aktivitäten im Bereich Technologie, Medien und Telekommunikation (TMT) sind in der ersten Jahreshälfte 2020 leicht zurückgegangen. In der zweiten Jahreshälfte hat sich das Transaktionsgeschehen hingegen beschleunigt. Nach der

anfänglichen Verunsicherung durch die COVID-19-Pandemie ist das Vertrauen zurückgekehrt und die M&A-Aktivitäten haben stark angezogen, was die Deal-Werte im Bereich Technologie und Telekommunikation nach oben schnellen ließ.

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Gerald Schustereder - PwC

Gerald Schustereder
Partner Deals, Technology, Media and Telecommunications (TMT) bei PwC Deutschland
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Neuer Optimismus im TMT-Sektor

Unternehmen nutzen M&A, um sich an eine zunehmend virtuelle Welt anzupassen

Obwohl Impfstoffe auf den Markt kommen, beherrscht die Pandemie auch weiterhin alle Aspekte der Wirtschaft – vom täglichen Leben des Einzelnen bis hin zu den Geschäftsabläufen großer Unternehmen. Angesichts der strengen Regeln zur räumlichen Distanzierung und der damit einhergehenden Anpassung der Geschäftspraktiken führen Unternehmen in rasantem Tempo neue technische Lösungen ein. Viele große TMT-Unternehmen haben ihre M&A-Aktivitäten weitgehend wieder aufgenommen, um die Nachfrage zu bedienen und das Wachstum anzukurbeln – trotz des Risikos einer aufsichtsrechtlichen und geopolitischen Überprüfung. Allerdings stehen Teilbereiche der Unterhaltungsbranche wie Kino, Theater und Live-Events weiterhin vor erheblichen betrieblichen Herausforderungen. Die daraus resultierende Krise in diesen Teilbereichen könnte die M&A-Aktivitäten in der gesamten TMT-Landschaft vorantreiben, da viele Unternehmen im Jahr 2021 eine Umstrukturierung anstreben.

M&A-Hotspots

Halbleitersektor 

Im Halbleitersektor – der durch hohe Aktienkurse gestützt wird – dürften wahrscheinlich mehr Unternehmen ihre Aktien als Schlüsselwährung nutzen, um eine Konsolidierung und Skaleneffekte zu erzielen. Die Attraktivität des Halbleiterbereichs spiegelt die erhöhte Nachfrage nach NAND und DRAM wider, da Unternehmen speicherintensive Bereiche wie 5G, Rechenzentren, Cloud Computing und das industrielle Internet der Dinge (IoT) vorantreiben.

Videospiele

Unternehmen, die Videospiele vertreiben, konnten ihre Umsätze während der Pandemie steigern, wobei die Akzeptanz unter den Verbrauchern auch bei Nicht-Spielern stieg. Gleichermaßen ist die Nachfrage der Verbraucher nach App-basierten Lebensmittel-Lieferdiensten gestiegen. Wir rechnen mit einem Anhalten dieser Trends, was zu weiteren M&A-Aktivitäten und Börsengängen führen wird, um von den steigenden Werten und den sich bietenden Chancen dieser Geschäftsmodelle zu profitieren.

Online-Banking

Die Entwicklung hin zum Online-Banking hat sich beschleunigt, da viele Verbraucher und Arbeitnehmer immer noch überwiegend zu Hause arbeiten. Obwohl das Geschäft der traditionellen Banken durch COVID-19 negativ beeinflusst wird, florieren die Unternehmen im Fintech-Bereich und treiben viele Übernahmen und Minderheitsbeteiligungen voran. Da Kreditkarten als präferiertes virtuelles Zahlungsmittel gelten und Verbraucher vermehrt ihr Geld online ausgeben, ist von weiteren M&A-Transaktionen und Investitionen im Bereich des Zahlungsverkehrs auszugehen.

Schlüsselbereiche der M&A-Aktivität

Beschleunigung bereits bestehender Trends

Während Technologielösungen schon immer eine wichtige Rolle bei M&A-Aktivitäten gespielt haben, hat sich die Technologie durch die mit COVID-19 verbundenen Herausforderungen von einem "nice to have" zu einer absoluten Notwendigkeit entwickelt. Auf der B2B-Seite profitieren Tech-Teilbereiche von diesem Trend, darunter Cloud Computing, E-Procurement, SaaS und IT-Sicherheit. Eine andere Gruppe von Unternehmen profitiert ebenfalls von der Zunahme der ortsunabhängigen Arbeit und den Ausgangssperren: E-Commerce, Streaming-Dienste, Spiele und Videokonferenzen verzeichnen allesamt einen Anstieg der Nutzerzahlen. Dieser Effekt verhält sich in gewisser Weise proportional zum Umfang des Lockdown. So ist der Trend beispielsweise in China weniger stark ausgeprägt, wo die Beschränkungen in den letzten Monaten erheblich gelockert wurden und die Menschen zur Arbeit und anderen Aktivitäten zurückkehren konnten.

Die starke Position des Tech-Sektors während der Pandemie hat zu einem Anstieg der M&A-Aktivitäten, höheren Bewertungen, historischen Höhen der Venture-Capital-Finanzierung und zahlreichen Tech-Börsengängen in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 geführt. Es zeichnet sich ab, dass sich die starke Performance des Tech-Sektors und das wettbewerbsintensive Deal-Umfeld in nächster Zeit abschwächen werden.

Starke Bewertungen bei allen Arten von Investitionen

Die Aktienmarktindizes auf der ganzen Welt haben sich im Jahr 2020 weitgehend erholt – allerdings nicht so sehr wie die Technologie-Indizes. Der NASDAQ Composite verzeichnete mit einem Zuwachs von 43 Prozent im Jahr 2020 das erfolgreichste Jahr seit 2009. Dies führte zu einer Reihe von Entwicklungen innerhalb des TMT-Sektors, die sich auf Deals ausgewirkt haben:

  • Die hohen Bewertungen haben die Konsolidierung im Halbleiterbereich vorangetrieben, wobei alle vier Megadeals reine oder teilweise Aktien-Deals waren.
  • Es fanden zahlreiche Börsengänge im Technologie-Bereich statt, die die hohen Bewertungen nutzten, um Kapital zu beschaffen und die Renditen der Investoren zu sichern. Drei Börsengänge des Jahres 2020 – Airbnb, DoorDash und Snowflake – zählten zu den zehn größten US-amerikanischen Tech-Börsengängen aller Zeiten. In Asien überstiegen die Erlöse aus Börsengängen an der Hongkonger Börse HKEX im Jahr 2020 die Marke von $ 50 Mrd.; das ist ein Plus von 25 Prozent gegenüber 2019, das hauptsächlich von TMT-Börsengängen wie dem chinesischen E-Commerce-Unternehmen JD.com getragen wurde.
  • Das Jahr 2020 hat sich als ein Rekordjahr für Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) erwiesen, die rund 70 Mrd. $ an Kapital aufnahmen und mehr als die Hälfte aller US-Börsengänge ausmachten. Diese Struktur ermöglicht es Unternehmen, von hohen Bewertungen zu profitieren, indem sie einen schnelleren Weg zum Markt bietet als der traditionelle Börsengang. Sie zielt typischerweise auf leistungsstarke Vermögenswerte in angesagten, technologiebasierten Segmenten ab.
  • Die hohen Bewertungen spiegeln sich in den VC-Investitionen wider, wobei wagniskapitalfinanzierten Unternehmen historische Summen an Finanzmitteln erhalten. Asien verzeichnete den größten Zuwachs an Finanzierungen und neuen Deals.
  • Bei derart hohen Bewertungen müssen Käufer klar definierte Pläne zur Wertschöpfung haben, damit sie das Potenzial des erworbenen Vermögenswertes maximieren können. Die zunehmende Bedeutung von ökologischen, sozialen und Governance-Faktoren (ESG) verändert auch den Wert von Technologieunternehmen und ihre entsprechende Attraktivität für Investoren. Mehrere Technologie- und Telekommunikationsunternehmen haben ihre Aktivitäten im Bereich Abfallmanagement und zur Reduzierung des Energieverbrauchs ausgeweitet, um den Belangen von Umwelt, Nachhaltigkeit und Klimawandel Rechnung zu tragen.

Geopolitische und regulatorische Bedenken

Es ist zwar noch zu früh, um die Wirkung der neuen US-Regierung oder die weiteten Entwicklungen in den Handelsbeziehungen mit China zu prognostizieren, aber es ist davon auszugehen, dass geopolitischer und regulatorischer Gegenwind die Trends der M&A-Aktivitäten auch im Jahr 2021 beeinflussen wird.

In den USA nimmt der regulatorische Druck auf große etablierte Tech-Unternehmen zu. Die CEOs großer Tech-Unternehmen wurden im Laufe des Jahres 2020 mehrfach zu Anhörungen vor dem Kongress geladen. Ende 2020 reichten die US Federal Trade Commission und 46 Bundesstaaten Klage ein und beschuldigten Facebook, ein unrechtmäßiges Monopol zu sein. Gesellschaftliche Themen wie öffentliche Sicherheit und Datenschutz nehmen auch die Technologiebranche in den Blick. China übt ebenfalls regulatorische Aufsicht über Aktiengesellschaften und Unternehmen, die einen Börsengang anstreben, aus. Obwohl der regulatorische Druck die Deal-Aktivitäten in der zweiten Jahreshälfte 2020 offenbar nur wenig beeinträchtigt hat, könnte er die Begeisterung für grenzüberschreitende M&A-Transaktionen, Megadeals und die weitere Konsolidierung von Plattformen in Zukunft bremsen.

Zunehmende Spannungen im Handelsbereich können sich auf Investitionen chinesischer Investoren in Übersee auswirken, insbesondere auf Investitionen im Technologiebereich unnd andere sensiblen nationalen Sicherheitsbelangen. Die US-amerikanischen Regulierungsbehörden gehen weiterhin hart gegen den Erwerb von US-Schlüsseltechnologien vor – und mehrere Länder in Europa haben ihre Prüfung potenzieller chinesischer Investitionen verschärft. Indien hat ebenfalls Maßnahmen ergriffen, um die chinesische Tech-Präsenz innerhalb seiner Grenzen zu begrenzen; Im Juli 2020 wurde eine große Anzahl chinesischer Apps unter Berufung auf Sicherheitsbedenken verboten.

Ausblick

Fortschritte in der Technologie wie industrielles IoT, künstliche Intelligenz, autonomes Fahren und Cloud Computing werden die Zukunft prägen – allerdingst erst, wenn die Netzwerkfähigkeiten ausgebaut worden sind und weltweit eine ausreichende Breitband-Infrastruktur existiert.

In Erwartung dieser Entwicklungen treiben Telekommunikationsunternehmen bereits heute den 5G-Rollout voran. Hier sind weitere Konsolidierungen zu erwarten, da die Unternehmen im globalen Wettbewerb stehen. Eine ganze Reihe von Technologieunternehmen steht noch vor einem Börsengang im Jahr 2021, was Unternehmen, die ihr Service-Angebot erweitern oder ihre Marktposition festigen wollen, reichlich Gelegenheit zur Konsolidierung bietet. Von der Konsolidierung werden vor allem die großen Technologieunternehmen profitieren, da eine verstärkte regulatorische Aufsicht Megadeals in einigen stärker kontrollierten Teilsektoren möglicherweise beschränkt.

Da sich der TMT-Sektor als außerordentlich widerstandsfähig gegenüber den Auswirkungen von COVID-19 erwiesen hat und weiteres erhebliches Konsolidierungspotenzial besteht, wird im TMT-Sektor auch im Jahr 2021 und darüber hinaus eine rege M&A-Aktivität zu verzeichnen sein.

Unsere Datenquellen

Dieser Beitrag zu den M&A-Trends stützt sich auf Daten, die von branchenweit anerkannten Quellen bereitgestellt wurden. Insbesondere liegen den in dieser Publikation genannten Werte und Volumina offiziell angekündigte Transaktionen zu-grunde, ohne Berücksichtigung gerüchteweise bekannter und zurückgezogener Transaktionen, wie sie von Refinitiv zum 31. Dezember 2020 zur Verfügung gestellt und am 3. Januar 2021 abgerufen wurden. Diese Angaben wurden durch zusätzliche Informationen von Dealogic und unsere eigenen unabhängigen Recherchen ergänzt. Die im vorliegenden Dokument enthaltenen Daten sind aus anderen Daten abgeleitet, welche von Dealogic unter Lizenz zur Verfügung gestellt wurden. Dealogic behält sich sämtliche Rechte an diesen lizenzierten Daten vor. An den Quelldaten wurden bestimmte Anpassungen vorgenommen, um sie mit der Branchendarstellung von PwC in Einklang zu bringen. Megadeals werden im vorliegenden Text als Transaktionen mit einem Deal-Wert von mehr als US$ 55 Mrd. definiert. Bitte kontaktieren Sie uns für detaillierte Quellenangaben.

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Gerald Schustereder

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