05 März, 2014
Der Krankenhaussektor ist im Umbruch – Fusionen und Übernahmen sind an der Tagesordnung. Die Basis für gelungene Transaktionen ist eine adäquate Bewertung der Krankenhäuser. Worauf es dabei ankommt und welche Methoden in Frage kommen, erläutern die PwC-Experten Dr. Alexander von Friesen und Armin Albat.
Warum ist es überhaupt wichtig, ein Krankenhaus wie ein Unternehmen zu bewerten?
Dr. Alexander von Friesen: Aufgrund der Überkapazitäten im deutschen Krankenhausmarkt kommt es häufiger zu Zusammenschlüssen oder zu Übernahmen von Krankenhäusern durch private Betreiber. Deswegen müssen sich die Krankenhausträger häufiger mit Fragen der Bewertung auseinandersetzen. Zwar sind Krankenhäuser Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge, aber auch ihr Wert hängt von der gegenwärtigen und zukünftigen Ertragslage ab. Gerade defizitäre Krankenhäuser mit einem immensen Investitionsstau sind häufig das Ziel von Transaktionen. Aber je nach Lage des Krankenhauses, den Synergieeffekten und dem Wettbewerb unter den potenziellen Kaufinteressenten sind trotz aktuell negativer Ergebnisse auch positive Kaufpreise möglich.
Gibt es so etwas wie den objektiven Wert für ein Krankenhaus?
Armin Albat: Es ist möglich, das Krankenhaus auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzeptes zu bewerten. Allerdings spielen subjektive Faktoren eine sehr wichtige Rolle. Käufer und Verkäufer sehen das Krankenhaus jeweils aus einer anderen Perspektive und haben unterschiedliche Vorstellungen über die zukünftige Konzeption. So kann zum Beispiel der Käufer eines Krankenhauses durch die Integration in seinen Konzern Synergien erzielen, die der Verkäufer nicht realisieren kann. Daher können sich je nach Perspektive unterschiedliche Bewertungen und Kaufpreisvorstellungen ergeben.
Wie lässt sich grundsätzlich der Wert eines Krankenhauses bestimmen?
von Friesen: Grundlegend stellt sich die Frage, ob die Unternehmensbewertung eines Krankenhauses anhand von künftigen Jahresabschlüssen überhaupt sinnvoll ist oder ob die vorhandene Substanz eine bessere Basis ist. In der Praxis kommt dem Substanzwert bei der Ermittlung von Unternehmenswerten nur in Ausnahmefällen eine wichtige Rolle zu. Der zukünftige Wert eines Krankenhauses lässt sich nur zutreffend bestimmen, wenn sich aus den betrieblichen Leistungen auch positive Ergebnisse ableiten lassen. Die Transaktionen, die wir am Markt beobachten können, zeigen konsequent, dass zukünftige Ertragsaussichten auch bei gemeinnützigen und öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern den Unternehmenswert und den Kaufpreis bestimmen. Deswegen sind die zukünftigen Überschüsse entscheidend.
Wie lässt sich ein belastbarer Unternehmenswert ermitteln?
Albat: Grundsätzlich lässt sich der Unternehmenswert nach der Ertragswertmethode oder der Discounted-Cash-Flow-Methode bestimmen. Bei beiden Verfahren werden zukünftige Überschüsse des Krankenhauses in die Gegenwart diskontiert. Zunächst geht es darum, das Bewertungsobjekt genau abzugrenzen. Eine wichtige Frage ist, ob das gesamte Unternehmen oder nur Teile davon bewertet werden. Auch ist bei der Bewertung zu berücksichtigen, ob Schulden oder andere Verbindlichkeiten beim Veräußerer bleiben. Zudem ist eine umfassende Unternehmensplanung notwendig, um zukünftige Überschüsse zu prognostizieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Personalaufwand oder aber auch der zukünftige Investitionsbedarf. Dabei ist es besonders wichtig, den Fördermittelanteil des Krankenhauses zu ermitteln. Aus all diesen Faktoren lassen sich dann die zukünftigen Überschüsse berechnen und der Unternehmenswert - auch aus unterschiedlichen Perspektiven – ableiten.
Alexander von Friesen: In der Praxis werden Unternehmenswerte auch anhand von vereinfachten Verfahren überschlägig ermittelt: Ausgangspunkt sind regelmäßig entweder die Umsatzerlöse eines Krankenhauses oder das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) Diese werden mit einem aus Vergleichstransaktionen abgeleiteten Faktor, multipliziert. Der sich daraus ergebende Wert ist aber noch um Verbindlichkeiten, Investitionserfordernisse, Restrukturierungskosten und andere Belastungen zu reduzieren, um eine erste grobe Schätzung des Eigenkapitalwerts des Krankenhauses zu erhalten. Wir empfehlen jedoch, für einen belastbaren Wert eher eine DCF- oder Ertragswertbewertung durchzuführen.
Dr. Alexander von Friesen
Partner, Corporate Finance | M&A Healthcare & Consumer, PwC Germany
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Roland M. Werner
Partner, Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma, PwC Germany
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