08 März, 2016
Die Geschäftsmodelle der Retail & Consumer Branche sind durch den neuen Standard IFRS 15 zur Umsatzrealisierung unterschiedlich stark betroffen. Während in einigen Geschäftsmodellen, je nach bisheriger Bilanzierung, eher von kleiner bis mittelgroßer Betroffenheit gesprochen werden kann, werden in bestimmten Geschäftsmodellen signifikante Anpassungen notwendig sein. Die Einführung des neuen Standards erfordert daher eine sehr genaue Evaluierung der einzelnen Verträge mit dem Kunden.
Der neue Standard IFRS 15 verlangt, dass sämtliche Verträge einen 5-Stufen-Ansatz zur Umsatzrealisierung durchlaufen. Während beispielsweise bei klassischen Ladenverkäufen die einzelnen Stufen keine großen Änderungen mit sich bringen, kommt es in den komplexeren Geschäftsmodellen zu bedeutenden Neuregelungen.
Durch den neuen Standard muss ein Unternehmen alle zugesicherten Leistungsverpflichtungen identifizieren und einen Teil des Transaktionspreises auf diese allokieren. Separate Leistungsverpflichtungen zeichnen sich dadurch aus, dass der Kunde einen eigenständigen Nutzen aus ihnen ziehen kann. Die Beurteilung, wann es sich um eine separate Leistungsverpflichtung handelt, ist nicht immer einfach. Die Herausforderungen können am Beispiel der Garantien verdeutlicht werden. Während kurzfristige, handelsübliche Garantien in der Regel auch zukünftig nicht als eigenständige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren sind, ist bei langfristigen Garantien, vor allem bei Zusatzgarantien, tendenziell von einer eigenständigen Leistungsverpflichtung auszugehen. Dies hat zur Folge, dass ein Teil des Transaktionspreises der Garantie zugeordnet werden muss und eine Umsatzrealisierung erst über die Dauer des Garantiezeitraums erfolgt.
Eine praktische Herausforderung liegt dabei in der Ermittlung der Einzelveräußerungspreise, denn nicht immer werden separate Leistungsverpflichtungen auch einzeln im Markt angeboten. In diesen Fällen ist der Einzelveräußerungspreis durch geeignete Schätzmethoden aus beobachtbaren Inputfaktoren abzuleiten.
Weitere Vertragsbestandteile, die zukünftig zu einer eigenständigen Leistungsverpflichtung führen können, sind beispielsweise Treuepunkte, Vereinbarungen zur Produktplatzierung oder Lieferleistungen. Unternehmen müssen deshalb sämtliche Verträge mit Kunden kritisch daraufhin prüfen, ob mehrere identifizierbare Leistungsverpflichtungen bestehen.
Der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung kann sich mit Einführung des Standards ändern. Zur Ermittlung dieses Zeitpunktes verschiebt sich die Betrachtungsweise vom bisherigen Konzept des Übergangs der Chancen und Risiken hin zum Kontrollerwerb. Damit das Unternehmen Umsatz aus einem Vertrag realisieren kann, muss der Kunde die Kontrolle über die Ware oder Dienstleistung erhalten. Hierzu gibt der IFRS 15 folgende fünf Indikatoren vor, die zu prüfen sind:
Dies bedeutet, dass der Übergang der Chancen und Risiken weiterhin Voraussetzung zur Umsatzrealisierung bleibt, allerdings nun noch vier weitere Indikatoren heranzuziehen sind. Vor allem Geschäftsmodelle mit einer Versendung oder einem reinen Durchverkauf der Ware sind von den geänderten Regelungen betroffen. Die einzelnen Geschäftsmodelle sind daraufhin zu untersuchen, an welchem Zeitpunkt die Kontrolle über die Waren und Dienstleistungen auf den Kunden übergeht.