07 Juli, 2022
Ungeachtet seiner großen Anziehungskraft birgt der chinesische Markt systemische Risiken, die deutsche Unternehmen nicht beeinflussen können. Eines aber können sie tun: ihre Investitionen in China wirksam gegen politische Risiken schützen.
China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und Deutschlands größter Handelspartner. In den letzten zehn Jahren hat sich Chinas Aufschwung zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsakteure weltweit intensiviert. Chinas Wirtschaft blieb selbst in Zeiten der Pandemie vergleichsweise resilient. Das ungebrochene Wachstum des chinesischen Marktes machte es zu einem attraktiven Zielland für deutsche Unternehmen. Kein Wunder also, dass auf China inzwischen knapp 7 Prozent der deutschen Direktinvestitionen entfallen – und damit die Hälfte des deutschen Anteils für die Region Ostasien.
Die Investitionsbedingungen für deutsche Unternehmen in China verändern sich. Unter dem Leitmotiv „Made in China 2025“ ist das Land gerade dabei, sich schrittweise in eine binnenorientierte Wirtschaft zu verwandeln. Das erklärte Ziel ist, seinen Bürgerinnen und Bürgern hochwertige Waren und Dienstleistungen aus eigener Produktion zur Verfügung zu stellen. Diese verstärkte lokale Produktion geht einher mit Risiken für ausländische Unternehmen. Sie ergeben sich zum einen aus strengen Vorschriften und behördlichen Auflagen für die Umsetzung von Projekten und zum anderen durch die Stärkung der Marktmacht staatlicher Unternehmen und Akteure. Das zwingt ausländische Investoren in vielen Branchen dazu, beispielsweise ein Joint Venture mit einem chinesischen Partner einzugehen, der oft die Mehrheit der Anteile halten muss. Neben den 2016 eingeführten Kapitalverkehrskontrollen trugen weitere Handels- und Investitionsbeschränkungen gegen ausländische Unternehmen sowie die Einführung eines Antisanktionsgesetzes in den letzten Jahren zur weiteren Verunsicherung deutscher Investoren bei. Jüngste Entwicklungen aufgrund Chinas strenger „Zero COVID“-Strategie zeigen zudem die vulnerable Abhängigkeit der deutschen Unternehmen von funktionierenden Lieferketten mit chinesischen Produktionsstätten auf. Hinzu kommen politische Risiken durch den chinesisch-amerikanischen Strukturkonflikt und den Krieg in der Ukraine.
Viele deutsche Unternehmen haben sich gegen diese latent wachsende potenzielle Bedrohung ihrer Investitionen durch staatliche Eingriffe bereits abgesichert. Daher steht China seit vielen Jahren ganz oben bei den staatlichen deutschen Investitionsgarantien zum Schutz gegen politische Risiken. Auch 2021 wurden Absicherungen für Projekte in China weltweit am stärksten nachgefragt. Der Bund hat dabei Garantien im Volumen von rund 2,0 Milliarden Euro für Neu- und Erweiterungsinvestitionen deutscher Unternehmen in China übernommen. Zum 31. Dezember 2021 belief sich der Garantiebestand für Investitionen in China auf rund 10,8 Milliarden Euro.
Die Absicherung von Auslandsgeschäften bewährt sich seit Jahrzehnten als Instrument zur Förderung der deutschen Außenwirtschaft. Die Garantien schützen nicht nur gegen Krieg und Aufruhr, sondern auch gegen Enteignungen, enteignungsgleiche Maßnahmen (darunter Einschränkungen bei Genehmigungen), Konvertierungs- und Transferbeschränkungen sowie den Bruch staatlicher Zusagen. Eine Investitionsgarantie ähnelt dabei einer Versicherung, geht jedoch deutlich darüber hinaus: Treten bei einem abgesicherten Projekt Schwierigkeiten im Zusammenhang mit staatlichen Maßnahmen auf, versucht die Bundesregierung, diese zunächst durch diplomatischen Geleitschutz oder lokale beziehungsweise internationale Gerichtsverfahren zu beseitigen. Hier ist die Bundesregierung auch grundsätzlich bereit, sich an den dadurch entstehenden Kosten der Schadensvermeidung zu beteiligen. Bleiben diese Versuche erfolglos, sodass die betroffene Projektgesellschaft nicht fortgeführt werden kann, tritt der „Garantiefall“ ein und der Investor wird entschädigt. Gut zu wissen: Das Krisenmanagement der Bundesregierung war in der Vergangenheit so erfolgreich, dass zahlreiche drohende Schäden abgewendet werden konnten.
Ilma Johncock ist Senior Associate bei PwC und arbeitet im Underwriting im Bereich Investitionsgarantien des Bundes. Darüber hinaus leitet Ilma in diesem Zusammenhang das Team der politischen und volkswirtschaftlichen Analysen. In ihrer Funktion berät und begleitet sie deutsche Investoren bei der Beantragung von Investitionsgarantien für ihre ausländischen Direktinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern.
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