Während die globale Automobilwelt verstärkt auf Innovationen und Nachhaltigkeit setzt, steht die chinesische Automobilindustrie an der Spitze der Transformation. Die Auto Shanghai 2025 unterstrich die führende Rolle des Landes bei der Weiterentwicklung der Antriebstechnologie und definierte damit die Grundlage für Diskussionen über die Zukunft der Mobilität.
In den letzten Monaten haben der Verkauf und die Produktion von Autos in China ein beeindruckendes Wachstum ausgewiesen. Im April war ein Anstieg der Verkäufe um 9,3 und der Produktion um 12,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Im Zeitraum Januar bis April stiegen die Gesamtverkäufe im Jahresvergleich um 10,2 Prozent auf 9,08 Millionen Einheiten, während sich die Produktion um 7,9 Prozent auf 9,01 Millionen Einheiten erhöhte. Dieses robuste Wachstum wird durch einen von staatlichen Anreizen gestützten Binnenkonsum, das generelle Interesse an neuen Technologien und der Elektromobilität sowie eine Verlagerung hin zu Aufrüstungs- und Ersatzkäufen gefördert.
Mit dem Slogan „Embracing Innovation, Empowering the Future“ faszinierte die Auto Shanghai, die seit 2015 im National Exhibition and Convention Center stattfindet, auch in diesem Jahr Mobilitätsenthusiasten und Branchenexperten. Auf einer Ausstellungsfläche von über 360.000 Quadratmetern präsentierten sich 1.000 Aussteller aus 26 Ländern. Sie zeigten 1.366 Fahrzeuge, darunter 163 Weltpremieren. Mehr als 70 Prozent der vorgestellten Fahrzeuge waren Elektrofahrzeuge (Electric Vehicles, EVs). 2025 zog die Messe 1,01 Millionen Besucher an, darunter Gäste aus 97 Ländern.
Im Brennpunkt der Ausstellung standen drei Schlüsselthemen: die „Local for local“-Strategie, die Notwendigkeit, den chinesischen Markt in die Portfolios von Originalausstattern (Original Equipment Manufacturers, OEMs) und Zulieferern einzubeziehen, sowie Diskussionen über Elektrofahrzeuge und autonomes Fahren.
Ungeachtet des beeindruckenden Engagements vieler ausländischer Automobilhersteller fiel es diesen schwer, mit Innovation zu beeindrucken. BMW stellte seine neue Fahrzeugklasse vor, Mercedes punktete beim neuen CLA-Modell mit Sensoren, die über Level 2 hinausgehen, und Audi präsentierte den E5 Sportback – ohne die üblichen vier Ringe. Andere Marken verharrten dagegen größtenteils in Retrodesigns. Der Trend zu softwaredefinierten Autos war offensichtlich, doch der Übergang zu kundendefinierten Fahrzeugen bleibt eine Herausforderung.
Chinesische Automobilhersteller wie BYD zeigten im Gegensatz dazu Mut und Innovationsfähigkeit, indem sie neben diversen neuen Fahrzeugen unter anderem bahnbrechende Drohnentechnologie, eine 1.000-kW-Ladeleistung und fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (Advanced Driver Assistance Systems, ADAS) präsentierten. Ein weiteres Leitthema der Messe waren Luxusvans und große SUVs. Auch die chinesischen Zulieferer beeindruckten mit großer Offenheit und vielen Innovationen.
China macht rasche Fortschritte in der ADAS-Technologie, wobei die meisten Automobilhersteller „Level 2.9“-Fähigkeiten integrieren. Dazu gehören langsames Einparken, Autobahn-Autopiloten und städtische Level-3-Autonomie, die durch Kameras, Light Detection and Ranging (LiDAR), Radar und robuste Recheneinheiten verstärkt wird.
Pony.ai präsentierte autonome Fahrzeuge auf Level 4, die die Nvidia-Orin-Plattform nutzen. Das neue Robotaxi von Didi verfügt über eine beeindruckende Sensorausstattung. Diese Fortschritte markieren bedeutende Entwicklungen im Bereich der Robotaxis, die nach Angaben der Hersteller das Potenzial bergen, Fahrpreise auf 0,40 Euro pro Kilometer zu senken.
Wer Shanghai besucht, erlebt eine Stadt im Mobilitätsumbruch: Rund 50 Prozent der Fahrzeuge auf den Straßen werden bereits elektrisch betrieben, mit steigender Tendenz. Die positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität in der Stadt sind nicht zu übersehen.
Der transformative Einfluss chinesischer Technologie auf den globalen Lebensstil und die industrielle Wertschöpfung ist Realität. Traditionelle Rollen verändern sich, neue Partnerschaften entstehen und Technologieakteure treten als OEM auf. Schnelle Innovationszyklen verlangen Anpassungsfähigkeit und Pragmatismus.
Chinesische OEMs sind undogmatisch und bauen Fahrzeuge, die den Kundenpräferenzen entsprechen. Ein Beispiel hierfür sind die reichweitenverlängerten Elektrofahrzeuge (Range-extended Electric Vehicles, REEVs). Traditionelle OEMs nehmen den Wettbewerb an und machen Fortschritte im Design und in der Software, müssen jedoch ihre Entwicklungszeiten beschleunigen, um mit dem Tempo Chinas Schritt zu halten.
Viele Fragen bleiben jedoch unbeantwortet: Wie nachhaltig ist das Rennen um Innovation und Skalierung in China? Welche chinesischen Hersteller werden überleben und wann wird sich der Markt konsolidieren? Können sich die globalen Automobilhersteller der neuen Geschwindigkeit anpassen und gleichzeitig ihren Markenkern, ihre Geschichte und ihre kulturellen Werte bewahren?
Alle diese Fragen warten auf Antworten. Eines steht allerdings bereits heute fest: Die Basis für nachhaltige Innovationen, umfassende globale Skalierung und somit Katalysator für die Entwicklung der Mobilität von morgen ist umfassende, internationale Kollaboration.
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