Geschäftsklima China: Auswertung aktueller Umfragen

08 Dezember, 2022

Umfragen zum Geschäftsklima helfen Unternehmen, ihre eigene Lage einzuschätzen. Dieser Beitrag stellt Ihnen fünf wesentliche Erkenntnisse aus den jüngsten Studien wichtiger ausländischer Wirtschaftsverbände und -kammern in China vor. Alle Quellen und weiterführenden Hinweise finden Sie am Ende des Beitrags.

Die Quellen mancher Befragung sind sehr umfangreich und werden häufig erst mit einiger zeitlicher Verzögerung veröffentlicht. Daher fasst dieser Beitrag fünf wesentliche Themenbereiche aus einigen der wichtigsten Umfragen im Erhebungszeitraum Februar bis September 2022 für Sie zusammen.

Umfragen zum Geschäftsklima erlauben Aufschlüsse über eine ganze Reihe von Fragen: Wie schneidet das eigene Unternehmen im Vergleich zu anderen ausländischen Unternehmen ab? Hat es ähnliche oder ganz andere betriebswirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen? Wird der eigene Ausblick auf Chancen und Risiken im Markt von anderen Unternehmen geteilt? Ebenfalls spannend, besonders in Zeiten umfassender Reiseeinschränkungen: Lassen sich entsprechende Einzelfallberichte interner oder externe Gesprächspartner durch das Gesamtbild bestätigen oder widerlegen?

Vergleich zum Vorjahr und Blick in die Zukunft

Durch das aktuell schwierigere Marktumfeld in China gerät oft in den Hintergrund, dass der größte Anteil ausländischer Unternehmen 2021 gute oder sehr gute Ergebnisse erzielt hat, die teilweise deutlich über ihren Erwartungen lagen.

Für 2022 erwarten allerdings viele Unternehmen ein schwächeres Betriebsergebnis. Dennoch wird der ganz überwiegende Teil auch 2022 profitabel wirtschaften. Ganz wichtig: Im 10-Jahres-Vergleich gab es durchaus bereits schlechtere Jahre, als es für das Jahr 2022 zu erwarten ist.

Viele Ergebnisse übertrafen
Erwartungen

Der Anteil der Unternehmen, die mit einer positiven längerfristigen Entwicklung rechnen, ist zwar zurückgegangen, liegt aber immer noch über dem Anteil der Unternehmen, die eher pessimistisch in die Zukunft blicken.

In diesem Zusammenhang weisen viele Umfragen darauf hin, dass China schon einige Krisen gemeistert hat und teilweise sogar gestärkt aus ihnen hervorgegangen ist. Die meisten erwarten darüber hinaus, dass China für ihre Unternehmen einer der wichtigsten Märkte bleibt.

Beschränkungen aufgrund von COVID-19

Waren 2021 die Auswirkungen des chinesischen COVID-Regimes im Wesentlichen auf grenzüberschreitende Reisen von und speziell nach China beschränkt, hat sich das Bild 2022 gewandelt.

Negative Auswirkungen sind
umkehrbar

Die Auswirkungen der Restriktionen sind nun auch wieder im innerchinesischen Wirtschaftsverkehr festzustellen und haben gleichzeitig außerhalb Chinas deutlich an Bedeutung verloren. Deshalb sind aktuelle oder potenzielle Einschränkungen aufgrund der Coronapandemie 2022 das dominierende Thema für Unternehmen. Sie führen laut den Umfragen unter anderem zu folgenden Auswirkungen:

  • Verschlechterung der eigenen Betriebsergebnisse für 2022 im Vergleich zu 2021, besonders im Hinblick auf Umsatz und Profitabilität
  • Verschlechterung des Ansehens Chinas als Wirtschaftsstandort
  • Anpassung von Investitionsentscheidungen (dazu später mehr)
  • Anpassungen in den Lieferketten, etwa durch höhere Lokalisierung

Festzuhalten bleibt darüber hinaus: Die überwiegende Zahl der Unternehmen hält die negativen Auswirkungen auf China als Wirtschaftsstandort für umkehrbar.

Ausländische Fachkräfte und Investitionen

Das Problem gibt es bereits seit Längerem, aber die COVID-Restriktionen haben die Anstrengungen der Unternehmen, ausländische Fachkräfte für China zu gewinnen und vor Ort einzusetzen, zusätzlich ausgebremst. Dieses Problem verringert die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und wird von den meisten Umfragen aufgegriffen. Es gewinnt mit den nun bereits länger andauernden Reiseeinschränkungen auch weiter an Bedeutung.

Lokale ersetzen Expats
nur bedingt

Nach den Umfragen wird lediglich ein Drittel der ausländischen Fachkräfte durch lokale Mitarbeiter ersetzt. Zwei Drittel der Stellen bleiben also unbesetzt oder werden ins Ausland verlegt. – Welche arbeitsrechtlichen Komplikationen damit verbunden sein können, erfahren Sie im Beitrag „Steuerliche Folgen ungeplanter Mobilität“.

Ein Thema, das hohe Aufmerksamkeit genießt, ist die Frage, ob Unternehmen ihre Investitionen in China ausbauen oder zurückfahren sollen.

Investitionspläne bleiben
bestehen

Der Prozentsatz der Unternehmen, die ihr Engagement in China reduzieren wollen, ist zwar leicht gestiegen, aber nach wie vor gering. Ein größerer Teil will seine Investitionen weiter erhöhen. Die überwiegende Zahl der Unternehmen gibt an, derzeit keine Änderung an bestehenden Investitionsplänen vornehmen zu wollen oder Entscheidungen darüber bis auf Weiteres zurückzustellen. Ob sich diese Einschätzung festigt oder rasch ändert, werden künftige Umfragen zeigen.

Lokale und grenzüberschreitende Datenverarbeitung

Ein Thema, das aufgrund aktueller Gesetzgebungsvorhaben stark an Bedeutung gewonnen hat, ist die Regulierung der lokalen und grenzüberschreitenden Speicherung, der Nutzung und des Austauschs von Daten. Unternehmen sind vor allem dazu verpflichtet, die Vorgaben der unterschiedlichen Regulierungskreise zu erfüllen.

Die Umfragen der letzten Monate zeichnen ein Bild der aktuellen Herausforderungen. Vor dem Hintergrund der momentanen Lage dürfen die in den nächsten Monaten geplanten Umfragen mit besonderer Spannung und Aufmerksamkeit erwartet werden. Sie wurden deshalb neben den Umfragen der letzten Monate ebenfalls hier aufgeführt. Über herausragende Ergebnisse werden wir Sie dann aktuell informieren.


Umfragen zum Geschäftsklima von Februar bis September 2022

Laufende und geplante Umfragen

Redaktioneller Hinweis: Beide Übersichten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Jan Jovy ist Director Inbound/Outbound Services bei PwC in China

Jan Jovy

Jan Jovy ist Director Inbound/Outbound Services bei PwC in China. Als Teil der European Business Group unterstützt er Unternehmen, speziell aus Europa und China, bei internationalen Markteinstiegs-, Expansions- und Transformationsvorhaben. Jan Jovy war sieben Jahre als General Manager bei Auslandshandelskammern in Greater China an der Schnittstelle von Wirtschaft und Politik tätig und leitete davor fünf Jahre die Greater-China-Aktivitäten eines mittelständischen deutschen Unternehmens.

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