Diese Maßnahmen haben die westlichen Medien in großem Stil aufgegriffen und dazu genutzt, das zunehmend negative Bild von China zu verdüstern. Dabei geht es nicht nur um die Wahrnehmung Chinas im Westen, sondern auch um die Möglichkeit der chinesischen Bevölkerung zu reisen, sich von der Welt außerhalb Chinas ein eigenes Bild zu machen. Abgelaufene Pässe werden grundsätzlich nicht erneuert, es sei denn, die Menschen, die einen Antrag stellen, können dem chinesischen Passbüro die Dringlichkeit ihrer Reise glaubhaft machen.
Was sind die Gründe für diese aus westlicher Sicht dramatischen Änderungen? Viele haben mit der Pandemie zu tun, die das Bild der chinesischen Bevölkerung von der Welt stark verändert hat. In den Augen Chinas handelt der Westen angesichts der viralen Bedrohung unverantwortlich und einzig das rigide chinesische Vorgehen hält das Virus unter Kontrolle.
Mit diesem Narrativ hat sich die chinesische Regierung die Deutungshoheit gesichert und nutzt sie nun für verschiedene Reformprojekte. Dass die Bildung ihrer Kinder eine enorm hohe finanzielle Last für chinesische Eltern ist, ist seit Langem bekannt. Dass das chinesische Bildungssystem nun zulasten der privaten Bildungsindustrie umgebaut wird, kann China-Kenner nicht überraschen, denn diese Industrie hat keine Lobby.
Im Technologiesektor haben sich die sorgsam behüteten und gepäppelten Technologie-Startups zu Konglomeraten entwickelt, die den Markt beherrschen und verzerren. Ihre Macht über eine schier unvorstellbare Menge an Kundendaten, Finanzinstrumenten und Zahlungssystemen sowie ihre zentralbankähnliche Rolle im Markt fordern den Staat schon seit Längerem heraus.
Wie die Vergangenheit gezeigt hat, greifen die chinesischen Regulatoren mit ihren Erlassen seit jeher eher zum Holzhammer als zum Skalpell, um Nutzeffekte zu verstärken oder schädliche Nebenwirkungen einzudämmen. Aufgrund mangelnder Ressourcen waren die Regulatoren oft schlicht nicht in der Lage, die Umsetzung im Markt einzufordern. Das wird sich künftig ändern, denn zum einen hat sich die Zahl der Marktteilnehmer verringert – im Technologiesektor gibt es zum Beispiel nur noch eine Handvoll marktdominierender Firmen – und zum anderen stellen neue Technologien den Regulatoren Werkzeuge zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, die Einhaltung der Regeln umfassend zu kontrollieren.