07 Dezember, 2011
Unternehmen, die den Schritt ins Ausland wagen, tun sich in der Krise leichter: Sie erweitern ihren Radius und sparen Kosten. Das gilt für Mittelständler wie für Großunternehmen. Denn der Gang ins Ausland kann Ersparnisse in der Beschaffung und der Produktion sichern. Wer in einem Land produziert, in dem auch der Kunde präsent ist, erhöht die Kundenbindung. Dazu kommt: Die Kosten für Produktion und Transport sinken. Zusätzlich sind steuerliche Vorteile möglich. Welche Chancen der Gang ins Ausland gerade in Krisenzeiten bietet, erklären die PwC-Experten Martin Bork und Jan Pasemann.
Für viele deutsche Unternehmen sichert der Schritt ins Ausland auch die Werke in der Heimat. Durch ihre weltweite Präsenz ist die deutsche Industrie gut durch die globale Finanzkrise 2008/2009 gekommen. Die deutschen Unternehmen setzen weiterhin auf Internationalisierung, gerade auch in der aktuellen Euro-Krise. Das zeigt die Frühjahrsbefragung 2011 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages: Der Anteil an Unternehmen, die im Ausland stärker investieren wollen, hat sich gegenüber dem Vorjahr auf 44 Prozent verdoppelt. 47 Prozent der Befragten wollen gleich hohe Investitionen tätigen und nur neun Prozent ihr Budget kürzen. Damit geben die deutschen Unternehmen so viel wie noch nie im Ausland aus, vor allem in China und den anderen asiatischen Ländern.
Die Vorteile eines Auslandsengagements liegen klar auf der Hand: „Unternehmen können erhebliche Kosten auf dem globalen Beschaffungsmarkt einsparen“, so Martin Bork, Partner und Leiter Strategy & Operations bei PwC. „Rohstoffe, einfache, aber arbeitsintensive Produkte oder Dienstleistungen wie Programmierarbeiten lassen sich in Asien oder Osteuropa günstiger beschaffen als in Deutschland.“
Durch die Gründung von Einkaufsgesellschaften im Ausland entstehen weitere Einsparpotenziale: Die Fixkosten im Einkauf sinken, durch die Beschaffung in Fremdwährung fallen die Währungsrisiken geringer aus, Strafzölle beim Import von bestimmten Rohstoffen und Vormaterialien lasen sich vermeiden. Für viele Unternehmen sind neue Beschaffungsmärkte auch deshalb interessant, weil sie ihre Risiken streuen können.
Neben dem Einkauf haben deutsche Unternehmen verstärkt auch ihre Produktion ins Ausland verlagert. Der Grund: die geringeren Personalkosten. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung hat in einer Befragung ermittelt, dass die Lohnkosten für drei Viertel der Firmen der zentrale Faktor sind. Dies beinhaltet zum einen die direkten Lohn- aber auch die Lohnnebenkosten. Höhere Wochen- und Jahresarbeitszeiten und somit längere Maschinenlaufzeiten wirken sich positiv auf die Herstellkosten aus. Unternehmen eröffnen aber auch Produktionsstandorte im Ausland, um die Produktionskapazitäten auf die Absatzmärkte zu verteilen und somit eine optimale Auslastung der Gesamtkapazitäten zu erreichen.
Sparen können Unternehmen auch bei den Standort- und Energiekosten. Häufig sind die Grundstücks- und Gebäudekosten deutlich preiswerter als in Deutschland. Attraktiv sind auch besondere Bedingungen wie Sonderwirtschaftszonen, die die Ansiedlung neuer Unternehmen fördern. Bei der Standortsuche kommen viele Entscheidungsfaktoren zusammen. Ein detaillierter Standortvergleich hilft herauszufinden, wohin sich der Gang ins Ausland lohnt.
Auch logistische Gründe können für den Gang ins Ausland sprechen: Die Nähe zu Großkunden und die Chance, neue Märkte zu erschließen, aber auch die Möglichkeit, Zölle zu sparen. Eine Dependance im Ausland bedeutet nicht nur geringere Transportkosten in strategisch wichtige Zielländer und kürzere Wege zu wichtigen Kunden. Spätestens wenn Landesgrenzen überwunden werden, sind Zoll und Logistik so eng miteinander verzahnt, dass sie sich letztlich nicht getrennt voneinander analysieren lassen. Wie eng die Wechselwirkung ist, hängt vom jeweiligen Fall ab. Aber schon die Frage, ob Schiffe, Flugzeuge oder LKW eingesetzt werden sollen, hat unmittelbar zollrelevante Auswirkungen und damit Einfluss auf wichtige finanzielle und organisatorische Prozesse.
Bei der Entscheidung für die Verlagerung von Funktionen ins Ausland spielt auch die geringere Steuerbelastung eine wichtige Rolle. „Die Optimierung der globalen Wertschöpfungskette kann zu erheblichen Steuereinsparungen führen. Beispielsweise können Unternehmen darüber nachdenken, ihre Aktivitäten in Hochsteuerländern so zu gestalten, dass dort die Steuerzahlungen begrenzt sind, ohne ihr Geschäft einzuschränken. Gleichzeitig können sie bestimmte Funktionen an Standorten mit moderaten Unternehmenssteuern aufbauen“, so Jan Pasemann. Mit der richtigen Strategie reduzieren Unternehmen ihre Gesamtsteuerbelastung deutlich – immer unter Beachtung der länderspezifischen steuerlichen Besonderheiten.
Dieser Vorgang ist komplex und bedarf Steuerexperten im Mutterland wie im Gastland, die die Gesamtsteuerstrategie im Auge behalten. Insgesamt birgt der Gang ins Ausland auch Risiken, die Unternehmen vorab durchdenken sollten. „Ausländische Investitionen erhöhen die Komplexität der Geschäftsbeziehungen enorm - sowohl intern als auch extern“, sagt Martin Bork. Unternehmen sollten ihren Gang ins Ausland daher genau durchdenken und folgende Punkte sorgfältig prüfen:
„Unternehmen, die diese und weitere Faktoren berücksichtigen, können ihre Wettbewerbsfähigkeit durch den Gang ins Ausland enorm steigern und gerade in Krisenzeiten auch die Standorte in der Heimat sichern“, so Jan Pasemann.