PwC-Analyse der ersten 250 veröffentlichten Nachhaltigkeitsberichte

Nachhaltigkeit im Fokus: Der Startschuss für die CSRD-Ära

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  • 8 Minuten Lesezeit
  • 14 Mai 2025

Die europäische Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) bewirkt, dass Unternehmen ihr ökologisches und soziales Engagement umfassend betrachten. Eine Analyse von 250 Berichten offenbart, wo Chancen und Risiken liegen und welche Themen im Fokus stehen. Diese Berichterstattung beeinflusst strategische Entscheidungen und sichert langfristig den Unternehmenswert.

CSRD in der Praxis: Herausforderungen und Chancen der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung

Hunderte von Unternehmen in der Europäischen Union veröffentlichen nun regelmäßig Berichte über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten gemäß der EU-Richtlinie zur Unternehmensnachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Doch die CSRD ist weit mehr als nur eine formale Verpflichtung zur Berichterstattung – ihr Ziel ist es, Unternehmen dazu zu bewegen, ihr Verhalten kritisch zu hinterfragen. Die Richtlinie fordert eine umfassende Analyse und Offenlegung der Geschäftsrisiken und -chancen in Bezug auf zahlreiche Nachhaltigkeitsthemen. Es geht darum, Werte zu schaffen und zu bewahren.

Die CSRD-Berichterstattung betrifft also jede Führungskraft und fällt auch den Investoren ins Auge. Laut der PwC Global Investor Survey 2024 sind über 70 % der Befragten der Meinung, dass Nachhaltigkeit zwingend in die Unternehmensstrategie integriert werden sollte. Für Führungskräfte, Investoren und andere Interessierte an Nachhaltigkeitsberichten stehen folgende Fragen im Mittelpunkt:

  • Welche Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen erkennen die Unternehmen für sich und welche Auswirkungen haben diese auf Mensch und Umwelt?
  • Welche Trends lassen sich innerhalb und zwischen verschiedenen Branchen erkennen?
  • Wie sollten Unternehmen auf die sich ständig verändernden regulatorischen Anforderungen reagieren?

Um Antworten darauf zu finden, haben wir mithilfe KI-Tools und unserem Fachwissen 250 veröffentlichte CSRD-Berichte analysiert. Über 70 % dieser Berichte stammen aus fünf europäischen Ländern, darunter Deutschland, Spanien und die Niederlande, die die CSRD noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben. Diese Unternehmen waren also noch nicht gesetzlich verpflichtet zu berichten, entschieden sich jedoch freiwillig dafür.

Unsere Analyse zeigt, dass viele Unternehmen noch Schwierigkeiten mit den neuen Berichtspflichten haben. Während einige weniger als zehn nachhaltigkeitsbezogene Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) angeben, berichten andere über mehr als 120. Die Anzahl der IROs bedeuten nicht zwangsläufig eine bessere Berichterstattung, und je nach Unternehmensgröße und -komplexität sind gewisse Unterschiede an der Tagesordnung. Dennoch gehen wir davon aus, dass sich die Berichterstattung zunehmend angleichen wird, da Unternehmen mehr Erfahrung sammeln, sich die Standards weiterentwickeln und ihre Auslegung sich stabilisiert.

Wen betrifft die Richtlinie und was sind ihre Inhalte?

Die Europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) decken mit ihren zehn thematischen Schwerpunkten Bereiche wie Umwelt, Soziales und Governance ab. Häufig erwähnte Themen in den Bereichen sind unter anderem der Klimawandel, Arbeitskräfte des Unternehmens und Unternehmensführung. Interessanterweise haben lediglich zwei Unternehmen keine Angaben zum Klimawandel gemacht, wobei sie nachvollziehbare Gründe dafür lieferten, warum das Thema für sie keine Relevanz hat.

Weniger häufig behandelte Themen sind Biodiversität (46 %), Umweltverschmutzung (42 %), Wasserressourcen (36 %) und betroffene Gemeinschaften (31 %). Diese Prioritäten spiegeln auch die Ergebnisse des PwC Global CSRD Survey 2024 wider, in der Führungskräfte auf die Relevanz möglicher Berichtsthemen eingingen.

Es zeichnen sich branchenspezifische Muster ab: So thematisieren Technologieunternehmen kaum Ökosysteme (9 %) oder Wasserressourcen (6 %), während Unternehmen der industriellen Produktion sich vergleichsweise umfassend mit diesen Themen auseinandersetzen. Über 50 % der Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Energie und industriellen Produktion berichten über die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden – im Finanzsektor liegt dieser Anteil jedoch bei weniger als 10 %.

Die in den CSRD-Nachhaltigkeitsberichten behandelten Themen variieren stark je nach Branche

The ten ESRS Topics

Percentage of companies disclosing material impacts, risks or opportunities for each ESRS topic​
(Number of company sustainability statements analysed)​

  Consumer markets (56 companies) Energy, utilities and resources (42) Financial services (54) Health industries (13) Industrial and services (53) Technology, media and telecoms (32)
Climate change 100% 100% 100% 100% 98% 97%
Pollution 55% 62% 11% 77% 58% 3%
Water and marine resources 46% 52% 15% 62% 47% 6%
Biodiversity and ecosystems 54% 62% 37% 54% 53% 9%
Circular economy 84% 71% 33% 92% 83% 53%
Own workforce 98% 100% 96% 100% 100% 100%
Workers in the value chain 79% 81% 35% 85% 72% 59%
Affected communities 29% 55% 22% 23% 34% 19%
Consumers and end users 70% 29% 80% 77% 40% 66%
Business conduct 82% 82% 93% 100% 92% 94%

Base = 250 CSRD corporate sustainability statements.
Note: ESRS refers to European Sustainability Reporting Standards. Sample size for health industries companies is small, and thus results may not generalise.
Source: PwC analysis

Die finanzielle Perspektive: Risiken und Chancen

Im Rahmen der CSRD sind Unternehmen verpflichtet, die potenziellen finanziellen Auswirkungen ihrer Risiken und Chancen auf kurze, mittlere und lange Sicht offenzulegen. In vielen Fällen überwiegen die Risiken, besonders im Hinblick auf Themen wie den Klimawandel und die Energiewende. Doch ergeben sich auch Chancen durch veränderte Kundenbedürfnisse und neue Technologien. Erstaunlicherweise haben einige große Unternehmen keinerlei Chancen identifiziert.

Bereiche, in denen Unternehmen finanzielle Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit erkennen

Average number of material risks disclosed per company for each ESRS topic​
(Number of company sustainability statements analysed)​
An average less than one indicates fewer total risks were disclosed than the number of company statements analysed for the industry.

  Consumer markets (56 companies) Energy, utilities and resources (42) Financial services (54) Health industries (13) Industrial and services (53) Technology, media and telecoms (32)
Climate change 2.8 2.8 2.4 1.5 2.6 1.4
Pollution 0.7 1 1.5 1 1.3 0
Water and marine resources 1 0.5 1.5 0.3 0.7 0
Biodiversity and ecosystems 1.6 0.9 0.9 0.3 0.6 0.7
Circular economy 1 0.4 0.8 0.7 1.1 0.9
Own workforce 1.5 1.6 1.1 1.5 2.2 1.4
Workers in the value chain 1.3 0.7 1.1 0.8 1.2 0.9
Affected communities 0.6 0.6 0.3 0 0.7 0.8
Consumers and end users 1.8 0.3 1.5 2.3 1.2 1.2
Business conduct 1.7 1.2 1.7 1.2 1.6 1.2

Base = 250 CSRD corporate sustainability statements.
Note: ESRS refers to European Sustainability Reporting Standards. Sample size for health industries companies is small, and thus results may not generalise.
Source: PwC analysis

Die gesellschaftliche Perspektive: Positive und negative Auswirkungen

Unternehmen sollen darlegen, wie sich ihre Aktivitäten auf Mensch und Umwelt auswirken, einschließlich ihrer gesamten Wertschöpfungsketten. Bei unserer Analyse fanden wir 47 % mehr negative als positive Auswirkungen. Lediglich im Finanzdienstleistungssektor wurden mehr positive Effekte als negative berichtet. Oftmals benennen Unternehmen zwar die Auswirkungen, beleuchten jedoch nicht die dazugehörigen Unternehmensrisiken oder -chancen. Dies könnte sich ändern, wenn sie mehr Erfahrung mit den Vorschriften sammeln.

Bereiche, in denen Unternehmen negative Auswirkungen auf Menschen und die Umwelt angeben

Average number of negative impacts disclosed per company for each ESRS topic
(Number of company sustainability statements analysed)​
An average less than one indicates fewer total negative impacts were disclosed than the number of company statements analysed for the industry.

  Consumer markets (56 companies) Energy, utilities and resources (42) Financial services (54) Health industries (13) Industrial and services (53) Technology, media and telecoms (32)
Climate change 2.2 2.2 2.0 2.8 2.5 2.2
Pollution 2.0 3.0 1.8 2.9 2.5 1.0
Water and marine resources 1.7 1.8 1.3 1.3 1.3 1.0
Biodiversity and ecosystems 2.4 3.6 1.5 1.4 2.5 1.7
Circular economy 2 1.9 1.4 1.8 2.0 1.8
Own workforce 2.2 2.6 1.3 3.2 3.5 1.8
Workers in the value chain 2.6 2.6 1.9 4.1 2.9 2.7
Affected communities 1.8 2.0 0.9 1.7 2.0 0.3
Consumers and end users 1.3 0.8 1.4 2.6 1.0 1.1
Business conduct 1.2 0.9 1.1 1.2 1.3 0.7

Base = 250 CSRD corporate sustainability statements.
Note: ESRS refers to European Sustainability Reporting Standards. Sample size for health industries companies is small, and thus results may not generalise.
Source: PwC analysis

Wir haben ebenfalls festgestellt, dass viele Unternehmen Auswirkungen auf Menschen und die Umwelt angeben, ohne dabei verbundene Risiken oder Chancen für das Unternehmen zu benennen. Beispielsweise zählten wir über 300 Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Geschäftsgebaren (die Themen wie Unternehmenskultur, Lobbying-Aktivitäten und den Schutz von Whistleblowern umfassen) und 180 Auswirkungen des Klimawandels, die keine Risiken oder Chancen aufzeigen. Falls diese Unternehmen auch nach dem Nachhaltigkeitsberichtserstattungsrahmen des International Sustainability Standards Board (ISSB) berichten, könnte ihr ISSB-Bericht anders aussehen als ihr Bericht nach dem European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die ISSB-Standards verlangen nämlich die Offenlegung von Informationen über Risiken und Chancen. Wenn ein Unternehmen also beispielsweise eine Auswirkung in Bezug auf das Klima erkennt, aber keine Risiken oder Chancen dabei feststellt, könnte sein ISSB-Bericht keine Informationen zum Klimawandel enthalten.

Der Umgang mit dem Klimawandel

Fast alle analysierten Unternehmen berichten über Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) im Zusammenhang mit dem Klimawandel, wobei Risiken überwiegen. Rund 70 % haben konkrete Emissionsziele definiert, weniger sind es in Sektoren wie Energie und Rohstoffe.

Ebenso beschrieben zwar fast drei Viertel aller analysierten Unternehmen ihren Klimatransformationsplan, doch in der Finanzdienstleistungsbranche war dieser Prozentsatz niedriger. Häufig betonten Finanzdienstleistungsunternehmen, dass ihr Transformationsplan noch in Arbeit sei. Viele konzentrierten ihre Klimaberichterstattung auf Maßnahmen zur Reduzierung von Scope-3-Emissionen, zu denen Treibhausgasemissionen aus Kreditvergabe und Investitionen zählen.

Beim Vergleich der Scope-3-Berichterstattung in verschiedenen Branchen fällt auf, dass die meisten Unternehmen Informationen über Geschäftsreisen, Kraftstoff- und energiebezogene Aktivitäten sowie eingekaufte Waren und Dienstleistungen einbezogen haben. Darüber hinaus zeigen sich spezifische Muster: Fast drei Viertel der Finanzdienstleistungsunternehmen berichteten über Investitionen, welche meist finanzierte Emissionen umfassen, während nur 15 % der Unternehmen im Gesundheitssektor solche Berichte vorlegten.

Branchenübergreifend waren einige Kategorien von Scope-3-Emissionen verbreiteter als andere

Percentage of companies disclosing greenhouse gas emissions for each category identified by the GHG Protocol Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting and Reporting Standard
(Number of company sustainability statements analysed)​

  Consumer markets (56 companies) Energy, utilities and resources (42) Financial services (54) Health industries (13) Industrial and services (53) Technology, media and telecoms (32)
Business travel 77% 81% 78% 100% 83% 97%
Capital goods 73% 76% 48% 69% 66% 75%
Cloud computing and data centre services 0% 0% 11% 0% 9% 22%
Downstream leased assets 20% 21% 26% 23% 19% 19%
Downstream transportation 48% 57% 17% 38% 36% 34%
Employee commuting 66% 69% 63% 85% 70% 84%
End-of-life treatment of sold products 54% 43% 9% 69% 49% 38%
Franchises 20% 5% 4% 8% 9% 9%
Fuel and energy-related activities 80% 90% 52% 85% 83% 59%
Investments 25% 48% 74% 15% 34% 31%
Processing of sold products 9% 26% 4% 8% 11% 3%
Purchased goods and services 98% 98% 76% 100% 96% 97%
Upstream leased assets 21% 29% 6% 31% 19% 31%
Upstream transportation and distribution 88% 69% 31% 100% 77% 53%
Use of sold products 59% 57% 9% 23% 72% 66%
Waste generated in operations 70% 69% 57% 85% 66% 53%

Base = 250 CSRD corporate sustainability statements.
Note: Sample size for health industries companies is small, and thus results may not generalise.
Source: PwC analysis

Neue Fokusthemen: Cybersicherheit, KI und mehr

Unternehmen werden dazu angehalten, „unternehmensspezifische“ Angaben zu machen, wenn bestimmte Themen in den ESRS nicht hinreichend abgedeckt sind. So haben 20 % der Unternehmen Informationen zur Cybersicherheit bereitgestellt, und einige wenige äußerten sich zur künstlichen Intelligenz (2 %). Die meisten von ihnen betonten ihre Praktiken für verantwortungsvolle KI und sahen KI als Chance für das Unternehmen, als potenziell positiven Einfluss auf die Gesellschaft oder beides. Einige wenige Unternehmen hoben KI als Risiko oder als möglicherweise negative gesellschaftliche Auswirkung hervor.

Innovation ist ein weiteres Thema, zu dem einige Unternehmen (8 %) positive Auswirkungen oder Chancen für das Geschäft berichteten. Einige zeigten auf, wie Innovation ihre Produkte nachhaltiger machte, während andere positive gesellschaftliche Auswirkungen beschrieben, die sich aus ihren fortlaufenden Investitionen in Forschung und Entwicklung ergaben.

Ungefähr 5 % der Unternehmen bezogen sich in ihren Berichten auf steuerbezogene Themen, teils als Governance-Frage im Rahmen der Berichterstattung über Geschäftsgebaren, teils als unternehmensspezifische Offenlegung. Diese Berichte umfassten qualitative Diskussionen über Unternehmenssteuerpolitik und -führung, eine quantitative Aufschlüsselung des gesamten Steuerbeitrags des Unternehmens und weitere Themen.

Es ist erwähnenswert, dass ab 2026 für viele europäische Unternehmen eine öffentliche länderspezifische Steuerberichterstattung im Rahmen der Steuertransparenzinitiative der EU verpflichtend wird. In diesem Zusammenhang ist es verständlich, dass einige Unternehmen frühzeitig damit beginnen, länderspezifische Informationen in ihre Nachhaltigkeitserklärung aufzunehmen.

Ein erster Blick auf die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte

Die CSRD verlangt eine unabhängige Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte mit begrenzter Sicherheit. Einige Unternehmen sind noch weiter gegangen und haben sich für eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit für ausgewählte Kennzahlen oder Informationen entschieden, z. B. in Bezug auf Treibhausgasemissionen oder Mitarbeiterkennzahlen. Diese Praxis befindet sich noch in der Entwicklung.

Fazit

Während einige Unternehmen noch am Anfang ihrer Berichterstattung stehen, verfügen andere bereits über umfangreiche Erfahrungen. Der Erfolg der CSRD zeigt sich letztlich darin, ob die Berichte als nützlich empfunden werden und ob Führungskräfte die gewonnenen Informationen für fundierte Entscheidungen einsetzen können.

Ermutigend ist, dass 80 % der Unternehmen Nachhaltigkeitsrisiken in ihren Jahresberichten erwähnen. Dies deutet darauf hin, dass solche Themen zunehmend in die allgemeine Unternehmensdiskussion integriert werden. Eine qualitativ hochwertige Berichterstattung gemäß der CSRD kann diesen Wandel weiter vorantreiben.

Die Autorinnen

WP StB Nadja Picard
WP StB Nadja Picard

Partnerin, Global Reporting Leader, Sustainability Services, PwC Germany

WP Nicolette Behncke
WP Nicolette Behncke

Partnerin, Sustainability Reporting Leader Europe, Sustainability Services, PwC Germany

Ina Herder
Ina Herder

Partnerin, Sustainability Services, PwC Germany

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