Industrie: Konzerninterne Finanzierung von Immobilienprojekten und Verrechnungspreise

30 November, 2022

Von Barnabas Kerekes und Karol Dziwinski. Immobilieninvestitionen erfordern erhebliche finanzielle Mittel und werden meistens gemischt mit Eigen- und Fremdkapital finanziert. Dabei versuchen Investoren im Immobiliensektor, die Finanzierung in der Regel mit einem begrenzten Einsatz von Eigenkapital zu gestalten, um beispielsweise das eigene Risiko zu minimieren.

Somit wird eine Fremdfinanzierung bevorzugt, welche sich üblicherweise aus Bankdarlehen und konzerninterner Finanzierung zusammensetzt. Damit sind Immobilienfinanzierungen untrennbar mit der Frage des richtigen Verrechnungspreisansatzes für die konzerninterne Finanzierung verbunden.

Konzerninterne Finanzierung auf internationaler und nationaler Ebene

Das Zusammenspiel von konzerninterner Finanzierung und Verrechnungspreisen wird seit vielen Jahren diskutiert. Die im Februar 2020 veröffentlichten OECD Verrechnungspreisleitlinien für Finanztransaktionen (mittlerweile Kapitel X der OECD Richtlinien 2022) beschäftigen sich mit diesem Thema. Deutschland hat die kompletten OECD-Verrechnungspreisleitlinien als Anlage 1 zu den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise (VWG VP) vom 14. Juli 2021 übernommen. Auch in Österreich wurden die wesentlichen Punkte der Leitlinien als Teil der 2021 veröffentlichten Verrechnungspreisrichtlinien (VPR) übernommen.

Abgrenzung der Finanztransaktion

Die Verrechnungspreisanalyse einer konzerninternen Finanzierung beginnt mit der genauen Abgrenzung der Transaktion. Die Abgrenzung der Finanzierung, ein früher oft vernachlässigter Teil der Verrechnungspreisanalyse, hat somit an Bedeutung gewonnen. Hierbei geht es insbesondere darum, festzustellen, ob im konkreten Sachverhalt die Hingabe finanzieller Mittel als Eigen- oder Fremdkapital zu qualifizieren ist. Wichtig ist somit, dass bei der Sachverhaltsanalyse der Finanzierungsanlass und der Sektor in die Analyse miteinbezogen werden. Die Finanzierung einer Immobilie ist als Finanzierungsanlass eine besondere Form eines Investments, was somit bei der Abgrenzung der Finanzierung zu berücksichtigen ist.

Die OECD Richtlinien 2022, die VWG VP und die VPR führen eine Reihe von Kriterien auf, die je nach Ausprägung für oder gegen die Qualifizierung als Fremdkapital sprechen sollen. Bei näherer Betrachtung werfen Finanzierungen von Immobilienprojekten dabei die folgenden Herausforderungen auf:

  • Grundsätzlich werden feste Zinszahlungs- und Rückzahlungstermine für die Qualifizierung als Fremdkapital gefordert. Zu beachten ist jedoch, dass bei Immobilienprojekten diese nicht immer festgelegt sind und die Parteien oft endfällige Vereinbarungen treffen, wobei die Dauer der Projekte oft nicht genau vorhersehbar ist. Daher erfolgt die Zahlung der Zinsen und die Rückzahlung der Finanzierung oft erst bei der Veräußerung der Immobilie.
  • Ein Kredit muss grundsätzlich aus den vom Kreditnehmer erwirtschafteten Zahlungsströmen bedienbar sein. Bei Immobilienprojekten reichen jedoch die Cash Flows während der Laufzeit des Projekts oft nicht aus, um eine Zahlung von Zinsen und Tilgung zu gewährleisten.
  • Des Weiteren wird eine Analyse der Fremdüblichkeit des Verschuldungsgrades des Kreditnehmers gefordert. Hierbei ist festzustellen, dass in der Immobilienbranche das Verhältnis von Schulden zu Eigenkapital normalerweise höher als in anderen Sektoren ist und die Kennzahlen daher oft einen höheren Verschuldungsgrad ausweisen. Zudem werden im Immobiliensektor typischerweise Kennzahlen wie Loan-to-Cost und Loan-to-Value verwendet.
  • Auch die Besicherung beziehungsweise Nichtbesicherung ist ein verrechnungspreisrelevanter Faktor. Im Immobiliensektor gewähren Banken die Finanzierungen oft in mehreren Tranchen: Regelmäßig ist lediglich die vorrangige Tranche besichert, die nachrangige(n), untergeordnete(n) Tranche(n) hingegen nicht.

Problematisch im Zusammenhang mit den aufgeführten Kriterien ist, dass die Verfügbarkeit von aktuellen, sektorbezogenen Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen sehr eingeschränkt und somit ein Fremdvergleich dem Grunde nach schwierig zu führen ist.

Sollte ein bestimmter Teil oder das gesamte konzerninterne Darlehen als Eigenkapital qualifiziert werden, kann das körperschaftsteuerliche, quellensteuerliche und auch gesellschaftsrechtliche Implikationen haben.

Die Anwendung der Preisvergleichs-methode

Auch die Wahl und Anwendung der geeigneten Verrechnungspreismethode für die konzerninterne Finanzierung kann eine Herausforderung darstellen. Grundsätzlich wird die Anwendung der internen oder externen Preisvergleichsmethode bevorzugt. Für die Anwendung der Preisvergleichsmethode ist dabei entscheidend, ob hinreichend vergleichbare Daten zur Verfügung stehen.

Da die Finanzierung eines Immobilienprojekts in der Regel durch eine Kombination aus konzerninterner und externer Finanzierung erfolgt, sind häufig interne Vergleichswerte verfügbar. Allerdings ist eine direkte Ableitung des Verrechnungspreises (das heißt insbesondere des Zinssatzes) auf Basis interner, vergleichbarer Transaktionen oft nicht möglich. Daher sind entsprechende Vergleichbarkeitsanpassungen (zum Beispiel aufgrund von Unterschieden im Rang, in der Besicherung und in der Laufzeit) zu prüfen und gegebenenfalls vorzunehmen.

Das Gleiche gilt auch für die externen Vergleichsdaten. Hier gilt es zu beachten, dass der Immobilienmarkt ein sehr spezifischer Markt ist und daher eine direkte Vergleichbarkeit mit unabhängigen Finanzierungstransaktionen in anderen Branchen regelmäßig nicht vorliegt. Darüber hinaus ist eine direkte Vergleichbarkeit einer konzerninternen Finanzierung mit jener durch kommerzielle Banken nicht gegeben.

Fazit und Ausblick

Die besonderen Merkmale der konzerninternen Finanzierung von Immobilienprojekten machen sie zu einem wichtigen Element der Verrechnungspreisanalyse. Zu berücksichtigen ist, dass die Standardkriterien zur Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital aufgrund der Besonderheiten des Immobilienmarktes nur begrenzt anwendbar sind bzw. eine eigene Interpretation erfordern. Daher sollte der gewählte Verrechnungspreisansatz gut dokumentiert werden. Im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld mit steigenden Zinssätzen wird dieses Thema noch mehr an Bedeutung gewinnen.

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