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PwC-Studie 2022: Hohe Mieten verschrecken Fachkräfte

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Thorsten Dzulko

Thorsten Dzulko
Standortleiter Hamburg bei PwC Deutschland
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Angespannte Lage auf dem Wohn- und Immobilienmarkt sorgt für schlechte Stimmung

Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt schlägt den Hamburger:innen aufs Gemüt und droht, den Fachkräftemangel an Elbe und Alster zu verschärfen. 36 Prozent der Berufstätigen im Großraum Hamburg haben bereits einmal darüber nachgedacht, aufgrund der hohen Mieten den Job zu wechseln – und weitere 16 Prozent haben diesen Gedanken schon in die Tat umgesetzt. Für Unternehmen dürfte es dadurch noch schwieriger werden, Fachkräfte zu finden und zu halten.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine PwC-Studie, für die 400 Berufstätige aus dem Großraum Hamburg ihre Einschätzung teilen.

„Der Fachkräftemangel ist bereits heute ein riesiges Problem und die Sorge wächst, dass die hohen Mieten und das knappe Angebot an Wohnungen es noch schwieriger machen, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und im Großraum Hamburg zu halten.“

Thorsten Dzulko,Standortleiter bei PwC in Hamburg

Die Studie im Überblick

Die große Mehrheit fühlt sich in Hamburg wohl

Eigentlich wohnen die meisten Menschen gerne im Großraum Hamburg: So geben neun von zehn Berufstätigen (91 Prozent) an, dass sie sich in der Region wohlfühlen. 2020 waren es allerdings 96 Prozent. Neben guten Einkaufsmöglichkeiten (84 Prozent) schätzen sie besonders die Parkanlagen und Grünflächen (77 Prozent). Im Vergleich zur Befragung aus dem Jahr 2020 ist sowohl die allgemeine Zufriedenheit mit der Region als auch die Zufriedenheit mit den einzelnen Aspekten – von den Einkaufsmöglichkeiten und Parkanlagen über das Kultur- und Bildungsangebot bis hin zum Zugang zu schnellem Internet und der Verkehrsinfrastruktur – im Schnitt um rund fünf bis acht Prozentpunkte gefallen.

Infografik: So zufrieden sind die Hamburger:innen mit ihrer Region

Die hohen Miet- und Immobilienpreise schlagen aufs Gemüt

Besonders groß ist der Unmut der Berufstätigen aus Hamburg und Umland über die Lage auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt: 62 Prozent sind mit den Preisen für Mietwohnungen und Häuser unzufrieden. Über das knappe Angebot an Wohnungen und die Kosten für Eigentumswohnungen zeigen sich 59 bzw. 58 Prozent frustriert. Mit Blick auf das künftige Wohnraumangebot sind die Berufstätigen immerhin vorsichtig optimistisch: 40 Prozent – und damit zehn Prozentpunkte mehr als 2020 – gehen von einem steigenden Angebot aus. Allerdings befürchten 88 Prozent, dass auch die Mieten steigen werden; fast ein Drittel rechnet sogar mit einem stark steigenden Mietspiegel in den kommenden fünf Jahren.

Immer mehr Berufstätige denken über Jobwechsel nach

Die angespannte Lage auf dem Immobilienmarkt nervt nicht nur die Mieter:innen, sondern hat längst negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in der Region: Ein größer werdender Anteil von Berufstätigen aus der Hansestadt geht davon aus, dass die aktuelle Wohnraum- und Mietsituation den Fachkräftemangel verschärft: 84 Prozent befürchten, dass es dadurch schwieriger wird, Fachkräfte zu rekrutieren und im Unternehmen zu halten. 2020 sahen dies erst 68 Prozent als Problem. Diese Befürchtung ist durchaus berechtigt, denn mehr als ein Drittel der Berufstätigen (36 Prozent) hat bereits darüber nachgedacht, den Job aufgrund zu teurer Mieten zu wechseln – und 16 Prozent haben diese Überlegung schon einmal in die Tat umgesetzt. Bei der Befragung vor zwei Jahren lag dieser Wert bei lediglich drei Prozent.

Ein weiterer Anstieg des Mietspiegels könnte das Fass zum Überlaufen bringen. Das gilt besonders für die jüngeren Berufstätigen, die generell flexibler sind: So geben 56 Prozent der Befragten (2020: 47 Prozent) an, dass sie bei einer kräftigen Mieterhöhung über einen Arbeitsplatzwechsel nachdenken würden. Bei den 18- bis 34-Jährigen sind es sogar knapp zwei Drittel (65 Prozent).

Infografik: Wird aufgrund zu hoher Mieten der Job gewechselt?

Was die öffentliche Hand und Unternehmen jetzt tun müssen

Um die Lage zu entschärfen, sehen die Berufstätigen sowohl die öffentliche Hand als auch die Arbeitgeber in der Pflicht: So könnte die Politik durch Wohnungsbauprogramme speziell für Haushalte mit geringeren Einkommen dazu beitragen, Fachkräfte in den Ballungsräumen zu halten, sagen 87 Prozent der Befragten. 84 Prozent sprechen sich für die Umwandlung von leeren Büros in Wohnungen aus. Fast jede:r Zweite (48 Prozent) befürwortet gar die Enteignung privater Wohnungsunternehmen. 2020 war nur ein Drittel für diese radikale Maßnahme – ein Beleg, dass der Leidensdruck der Bürger:innen in Sachen Wohnen wächst.

Aber nicht nur die öffentliche Hand ist gefragt, auch die Arbeitgeber sind am Zug. Die Hamburger Berufstätigen sehen zahlreiche Möglichkeiten, wie Unternehmen dem wohnungsbedingten Fachkräftemangel entgegenwirken können: So spricht sich die große Mehrheit von 84 bzw. 83 Prozent für Mietzuschüsse in Regionen mit überdurchschnittlichen Mietpreisen und die Übernahme von Fahrtkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort aus.

Zwei Drittel wünschen sich freie Homeoffice-Einteilung

Ein wichtiger Hebel, um Fachkräfte zu finden und zu halten, sind Angebote für flexibles Arbeiten. Gut drei Viertel der Berufstätigen sind dafür, dass Arbeitgeber:innen das ortsunabhängige Arbeiten forcieren und die Homeoffice-Ausstattungen finanzieren.

Allerdings klafft mit den aktuellen Homeoffice-Regelungen eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Knapp zwei Drittel der Beschäftigten (62 Prozent), deren Arbeit grundsätzlich von zu Hause möglich ist, wünschen sich eine freie Homeoffice-Regelung ohne Abstimmung und Anwesenheitspflicht. Aber nur 45 Prozent haben aktuell diese Möglichkeit. Seit der Corona-Pandemie ist dieser Wert kaum gestiegen: Schon damals konnten 42 Prozent (teilweise) von zu Hause arbeiten.

Infografik: Welche Homeoffice-Regelung wünschen sich die Berufstätigen?

Weitere Ergebnisse im Überblick

Wie gut kommen Berufstätige an passende Wohnungen?

4 Zimmer, Küche, Bad, Balkon, gerne in einem city-nahen Stadtteil? Besonders in den Großstädten ist es reine Glückssache, eine bezahlbare Wohnung oder gar eine Eigentumswohnung zu finden. Das sagen 86 Prozent der Befragten. Gut drei Viertel haben den Eindruck, dass sich in den Städten nur noch Top-Verdiener:innen eine Wohnung leisten können. Gleichzeitig verstärkt sich bei den Berufstätigen der Eindruck, dass es überall schwer ist, eine passende und bezahlbare Wohnung zu finden: Das behaupten mittlerweile 69 Prozent der Befragten, 2020 waren es erst 64 Prozent.

Was sind die Gründe für die Wohnungsnot?

Nach den Gründen für zu wenig bezahlbaren Wohnraum befragt, nennen die Hamburger:innen primär fehlenden sozialen Wohnungsbau durch die öffentliche Hand (52 Prozent) und eine zu späte Reaktion der Politik (50 Prozent). 45 Prozent der Berufstätigen aus der Region Hamburg sehen die Ursachen in der Konzentration der Investor:innen auf Immobilien aus dem Luxussegment. Vor zwei Jahren sagten dies noch 58 Prozent.

Hier scheint die öffentliche Hand den Weckruf gehört zu haben: Der Hamburger Senat hat kürzlich ein langfristig angelegtes Wohnungsbauprogramm vorgelegt, das pro Jahr die Voraussetzungen für 10.000 neue Wohnungen schaffen will, 3.000 davon als geförderte Mietwohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen. Dabei sind auch innovative Ideen gefragt: Im Stadtteil Altona sollen nun 600 Wohnungen auf den Parkflächen des Elbe Einkaufszentrums entstehen.

Was spricht für den Umzug aufs Land – was dagegen?

Grundsätzlich könnte durch das Angebot vermehrter Homeoffice-Arbeit das Leben außerhalb der Stadt für die Menschen attraktiver gemacht werden. Mehr Natur (64 Prozent), günstigere Mieten und mehr Ruhe (jeweils 59 Prozent) sprechen für die Berufstätigen im Großraum Hamburg für einen Umzug raus aus der Stadt in eine ländliche Gegend – insbesondere für die Menschen, die ohnehin bereits eher ländlich leben. Allerdings werden auf der anderen Seite eine schwächere Infrastruktur (53 Prozent), ein schlechterer ÖPNV (51 Prozent) und längere Arbeitswege (47 Prozent) befürchtet.

„Der Homeoffice-Anteil ist seit 2020 nur leicht gestiegen - das zeigt, dass viele Arbeitgeber in der Hansestadt bereits vor der Pandemie eine moderne und flexible Arbeitskultur angeboten haben. Aber viele Berufsgruppen können nun einmal nicht von zuhause arbeiten und brauchen Wohnungen, die sie sich leisten können.“

Thorsten Dzulko,Standortleiter Hamburg bei PwC Deutschland

Die Methodik

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung unter 400 Berufstätigen zwischen 18 und 65 Jahren im Großraum Hamburg im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.

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