Seit 2018 hat die EU-Kommission 11 “Important Projects of Common European Interest” (IPCEI) genehmigt, an denen 23 Mitgliedstaaten teilnahmen. Dabei wurden Beihilfen von etwa 37,6 Milliarden Euro an 257 Unternehmen gewährt. Auch in den kommenden Jahren wird es IPCEI geben und die Digitalisierungsbranche tritt immer stärker in den Fokus.
IPCEI sind Instrumente der europäischen Industriepolitik, um zentrale Wertschöpfungsketten in der EU zu sichern. Durch hochvolumige Fördermittel soll für die europäische Industrie ein Anreiz geschaffen werden, in die Entwicklung hochinnovativer Technologien zu investieren, von denen die europäische Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt profitieren. Dadurch sollen Lieferketten resilienter werden und empfindliche Abhängigkeiten von Drittstaaten behoben werden, indem der Technologie aus Europa im globalen Handel ein stärkeres Gewicht verschafft wird (Technologiesouveränität).
Die zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union und ihrer Unternehmen. Mit dem Aktionsplan für den KI-Kontinent verfolgt die EU das ehrgeizige Ziel, eine weltweite Führungsrolle im Bereich der künstlichen Intelligenz zu erreichen und sich als führender KI-Standort zu etablieren. Um dies zu erreichen, sind gezielte Investitionen in wichtige Infrastrukturen wie Rechenkapazitäten und Netzwerke, Cloud-Infrastrukturen und -Services notwendig. Darüber hinaus bedarf es der kontinuierlichen Weiterentwicklung von KI-Modellen und einem umfassenden Einsatz von KI-Technologien in der gesamten Wirtschaft.
Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung sind die Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI). Dieses Förderinstrument ermöglicht es Unternehmen, anspruchsvolle und innovative Projekte umzusetzen. IPCEI unterstützen bahnbrechende Innovationen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg – von Rohstoffen bis zu Endanwendungen. Sie konzentrieren sich dabei besonders auf bedeutende Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und ebnen den Weg zur ersten industriellen Anwendung. Zudem fördern IPCEIs die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa und schaffen durch positive Spillover-Effekte einen erheblichen Mehrwert für die europäische Gesellschaft und Wirtschaft insgesamt.
Die Beantragung von IPCEI-Fördermitteln ist jedoch komplex und erfordert die Begleitung zweier Verfahren: das Notifizierungsverfahren und das nationale Antragsverfahren. Unternehmen müssen dafür zwischen 500 und 1.200 Stunden investieren und Expertise aus verschiedenen Unternehmensbereichen wie Finance, Business Development, Projektmanagement, ESG, Marketing, F&E, Personalmanagement und Recht einholen.
IPCEI werden jährlich veröffentlicht. Wenn Sie Näheres über aktuelle oder geplante IPCEI erfahren wollen, kommen Sie auf uns zu.
IPCEI sollen der EU einen Technologievorsprung verschaffen und ihre Technologiesouveränität stärken. Gefördert werden daher Vorhaben, die bahnbrechende Innovation „beyond global state of the art“ zum Gegenstand haben. Dabei gilt es nachzuweisen, dass die betreffende Technologie einzigartig ist.
Die Förderhöhe hängt maßgeblich von der nachgewiesenen Finanzierungslücke ab. Dabei hat die EU-Kommission die Anforderung mit wachsender Praxiserfahrung verschärft. So muss nicht mehr nur nachgewiesen werden, dass ohne die beantragte Förderung das Vorhaben in der EU nicht wirtschaftlich umgesetzt werden kann, sondern auch, dass die Beihilfe in entsprechender Höhe für die Umsetzung des Vorhabens in der EU alternativlos ist.
IPCEI ist keine reine F&E-Förderung, sondern dient der Überbrückung der „Valley of Death“-Phase zwischen Labor und Markteinführung („From Lab to the Fab“). Es setzt daher bei marktnaher Forschung an und fördert die Skalierung bis zur Schwelle der Massenproduktion im Sinne der ersten gewerblichen Nutzung. Eine Herausforderung besteht in der klaren Abgrenzung zum Beginn der Kommerzialisierung der Massenproduktion. Dabei werden sowohl technische als auch betriebswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt.
Das Vorhaben darf nicht nur dem Unternehmen dienen, sondern muss einen Mehrwert für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft haben. Diese positiven Effekte – von Umweltschutzmaßnahmen über die Fachkräfteausbildung bis hin zur Innovationsförderung von KMU – müssen konkret identifiziert und nachvollziehbar gemacht werden. Dabei sind sie nicht als Belastung zu sehen. Sie bringen auch einen echten Mehrwert für das eigene Unternehmen wie beispielsweise Zugang zu neuem Knowhow oder Netzwerken.
IPCEI setzen sich aus vielen Einzelprojekten zusammen, die durch Kooperationen mit anderen IPCEI-Teilnehmern verknüpft sind. Bereits in der Projektskizze sollten Partnerschaften mit Großunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen, Start-ups, Universitäten sowie Forschungseinrichtungen berücksichtigt werden. Eine Teilnahme an den von der EU-Kommission organisierten Matchmaking stellt einen entscheidenden Faktor für eine erfolgreiche Antragstellung auf Fördermittel dar.
Partner, PwC Germany
Jan Philipp Otter ist Partner bei PwC Legal und Leiter der Praxisgruppe Beihilferecht. Er verfügt inzwischen über fast 20 Jahre Berufserfahrung im EU-Beihilfe-, Fördermittel- und Zuwendungsrecht. Er berät private Unternehmen sowie die öffentliche Hand. Mit seinem Team verfolgt er einen interdisziplinären Ansatz, der rechtliche, kaufmännische und technische Aspekt nahtlos verbindet. Das JUVE-Handbuch weist ihn und sein Team als „häufig empfohlen“ aus, zuletzt 2024/25.
Senior Manager, PwC Germany
Kerstin Rohde ist Senior Managerin bei PwC Legal und spezialisiert auf EU-Beihilferecht, Zuwendungs- und Förderrecht. Ein Beratungsschwerpunkt sind Regional- und F&E-Beihilfen sowie Vorhaben der Important Projects of Common European Interest (IPCEI).
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