27 Juni, 2016
Die Kontraktlogistik galt lange Zeit als lukratives Geschäftsmodell, um mit Mehrwertdienstleistungen die klassischen Logistikdienstleistungen wie Transport, Umschlag oder Lagerung zu erweitern. Tatsächlich ist das Marktpotenzial in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland gestiegen – allerdings nicht so stark wie einst prognostiziert. Auch die Hoffnung auf höhere Margen im Vergleich zu standardisierten Logistikservices hat sich für viele Unternehmen bislang nicht erfüllt. Wie sehen die Kunden der Kontraktlogistiker die Zukunft? Welche Dienstleistungen stehen für eine Auslagerung zur Disposition?
In den kommenden Jahren bleibt die Marktsituation herausfordernd. Zu diesem Ergebnis kommt die PwC-Publikation „In oder out? – Wohin geht die Reise in der Kontraktlogistik“, die sich mit den Kundenansprüchen der Unternehmen im Maschinenbau und der Retail und Konsumgüterindustrie beschäftigt.
So äußerten sich im Bereich Maschinenbau (Marktpotenzial: rund 65 Milliarden Euro) die 100 befragten Unternehmen nur sehr verhalten dazu, eine Tätigkeit in naher Zukunft auszulagern oder das bestehende Outsourcing auszuweiten.
Einzig die Lagerhaltung sehen 20 Prozent der Maschinenbaunternehmen als Option für eine Auslagerung. Bei komplexeren oder kundennahen Prozessen ist Outsourcing hingegen so gut wie kein Thema. Beispielsweise beträgt der Auslagerungsgrad bei der Beschaffung gerade einmal vier Prozent und beim Beschwerdemanagement sogar bloß ein Prozent. Nur zwei Prozent der befragten Unternehmen gaben an, in diesen sensiblen Bereichen künftig verstärkt auf Outsourcing zu setzen.
Was allerdings gleichzeitig auffällt, so Dietmar Prümm, Leiter des Bereichs Transport und Logistik bei PwC in Deutschland: „Wenn Maschinenbauer mit Kontraktlogistikern zusammenarbeiten – dann sind sie mit deren Dienstleistung in aller Regel auch zufrieden. So sehen 91 Prozent der Unternehmen keinen Grund, einmal ausgelagerte Tätigkeiten wieder zurückzuholen. Diese positiven Erfahrungen sollten eigentlich ein Anlass sein, wieder stärker über Kontraktlogistik nachzudenken.“
Auch im Konsum- und Handelsbereich – mit einem Marktpotenzial von 25 Mrd. Euro die zweitwichtigste Säule für die Kontraktlogistiker – dürften die Wachstumszahlen in den kommenden Jahren bescheiden ausfallen. So zeigte sich bereits in den vergangenen Jahren die Tendenz, dass Handelskonzerne nicht nur die Versorgung ihrer Filialen, sondern auch die Warenströme von den Herstellern selbst übernehmen. Unter dem Stichwort „New Customer Centricity“ könnte sich dieser Trend sogar noch verstärken. Die Befürchtungen Qualitätseinbußen, Knowhow-Abfluss und einen Verlust an Flexibilität zu erleiden, bremsen derzeit die Ausweitung der Auslagerung aus.
Welche Konsequenzen sollten die Kontraktlogistiker aus diesen Ergebnissen ziehen? Die PwC-Studie zeigt, dass für Logistiker ein tiefgreifendes Verständnis der Branche notwendig ist. Viele Industrieunternehmen stehen in den kommenden Jahren vor einschneidenden Veränderungen – insbesondere durch die Industrie 4.0-Revolution. Im Zuge dieser Entwicklung werden sich viele Unternehmen wieder vermehrt auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Hierdurch ergeben sich für die Kontraktlogistiker viele Chancen, allerdings nur, wenn sie nachweisen, dass sie in Bereichen wie der Digitalisierung oder der Supply-Chain-Optimierung einen signifikanten Mehrwert bieten können.
Auch in der Konsumgüter- und Handelsbranche werden nur jene Kontraktlogistiker wachsen, die Branchenkompetenz und digitales Knowhow nachweisen. Im Handel wird die Customer Centricity immer wichtiger. Für die Dienstleister kommt es dementsprechend darauf an, ihre Services passgenau auf die kundenzentrierte Wertschöpfungskette abzustimmen. Die PwC-Studie identifiziert darum vor allem drei aussichtsreiche Bereiche für die kommenden Jahre, nämlich erstens die Beschaffungslogistik, zweitens die Lieferung an den Endkunden („letzte Meile“) – und drittens Angebote, die gerade die nicht-kundenzentrierten Dienstleistungen umfassen. Denn wer sich auf solche Services spezialisiert, ermöglicht es dem Händler, sich seinerseits komplett auf den Endkunden zu konzentrieren.