Mit einer ambitionierten Nachhaltigkeitsstrategie die Zukunft des eigenen Unternehmens sichern

11 Oktober, 2021

Ein Interview mit Dr. Daniel Haag und Simon Kehrer. Bis vor zwei, drei Jahren war Nachhaltigkeit in vielen mittelständischen Unternehmen in Baden-Württemberg maximal ein weiches Kriterium für das eigene Handeln. Gerade in Familienunternehmen gehört nachhaltiges Wirtschaften zwar zum Grundverständnis des eigenen Tuns. Was unter Nachhaltigkeit aber konkret zu verstehen ist und wie sich das unternehmerische Handeln darauf bezieht, war eine eher philosophische Frage. 

Das ändert sich nun grundlegend – und das nicht nur unter dem massiv verstärkten regulatorischen Druck durch die Politik – im In- wie im Ausland. Eine erfolgreiche Sustainability-Strategie wird deshalb immer stärker zum Erfolgs- und Differenzierungsfaktor. Mit Daniel Haag und Simon Kehrer verfügt PwC in Stuttgart über Sustainability-Experten, die seit Jahren erfolgreich Unternehmen dabei beraten, wie man Nachhaltigkeit  in der Unternehmensstrategie verankern kann.

Familienunternehmen und Nachhaltigkeit – das müsste doch eigentlich ein Selbstläufer sein?

Daniel Haag: Ja und nein. Nicht an Quartalszahlen und andere kurzfristige Ziele gebunden zu sein, ist natürlich eine großartige Ausgangsposition, um so etwas langfristiges wie unternehmerische Nachhaltigkeit umsetzen zu können. Wer es schafft, sein Unternehmen an die nächste Generation weiterzugeben, macht in Sachen Nachhaltigkeit natürlich schon mal was richtig. 

Aber gerade in konkreten Aspekten nachhaltigen Wirtschaftens und Produzierens können einem Traditionen auch ganz schön im Weg stehen. Sparsam wirtschaften war schon immer eine hiesige Tugend, aber regulatorisch und strategisch betrachtet meint Nachhaltigkeit etwas ganz anderes als besonders preiswert einzukaufen.

Die Dimensionen, um die es da geht, lassen sich sehr gut mit den im Sustainability-Feld etablierten ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) erfassen.  Dann müssen Faktoren wie beispielsweise CO2-Ausstoß, Ressourcen- und Energieverbrauch, die Lieferkette, also die Bedingungen bei allen, oft weltweit verteilten, Lieferanten miteinbezogen werden. Zumindest Stand heute kann man sowas  noch nicht wirklich nur am Preissignal erkennen. Das heißt, Unternehmen benötigen über den Preis hinaus Beurteilungskriterien und -mechanismen oder -standards, kurz: Sie brauchen eine richtige Nachhaltigkeitsstrategie. Mit strategischen Ziele, dazu passenden Maßnahmen und natürlich mit konkreten Kennzahlen, die regelmäßig erhoben, nachgehalten und am besten nach anerkannten Standards reportet und zertifiziert werden.

Wo sehen Sie für die Wirtschaft in Baden-Württemberg besondere Herausforderungen?

Simon Kehrer: Im Mittelstand Baden-Württembergs gehören Maschinenbau, Automobilzulieferer, Medizin- und Elektrotechnik zu den wichtigen Branchen. 

Das sind Branchen, für die gerade ökologische Nachhaltigkeit quasi von Natur aus eine echte Herausforderung ist: Metallver- und bearbeitende Produktion ist einfach energie- und ressourcen-intensiv, schon bei der Gewinnung der Rohstoffe. Dazu ist man immer Teil komplexer globaler Wertschöpfungsketten, die man vom Standort in Baden-Württemberg aus gar nicht so einfach beurteilen oder gar beeinflussen kann.

Einige Unternehmen der Region haben sich deswegen bei Nachhaltigkeit auf das beschränkt, was ihnen regulatorisch vorgegeben worden ist. Aber das ist jetzt schon zu wenig. Denn zum einen werden die regulatorischen Anforderungen der EU ab 2023 deutlich ansteigen – und das in allen Wirtschaftsbereichen. Zum anderen kommen jetzt auch die der eigenen Stakeholder hinzu: Schlüsselkunden beziehen zunehmend die Klimabilanz und andere ESG-Kennzahlen ihrer Lieferanten und Geschäftspartner in das eigene ESG Management und Reporting mit ein – und stellen entsprechende Forderungen, die an Umfang, Systematik und Transparenz, die hier definiert werden, über das in den betroffenen Unternehmen bisher geleistete teilweise deutlich hinausgehen.

Dr. Haag: Aus dem aktuellen PwC Maschinenbau-Barometer wissen wir, dass die Unternehmen mittlerweile dem Thema verstärkt Aufmerksamkeit widmen. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Herangehensweise daran wenig strategisch und oft auch sehr defensiv geprägt ist. Man muss das jetzt eben machen und sieht darin vor allem neuen bürokratischen Aufwand und Dokumentationspflichten. 

Was man sich mit so einem Zugang verbaut, ist das Potenzial, das in einer gut durchdachten und umgesetzten Nachhaltigkeitsstrategie für die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens steckt. Ein global agierender Konzern wie Bosch oder auch ein Unternehmen wie Trumpf, das aus dem klassischen Maschinenbau kommt, haben das dagegen erkannt und sind mit ihren Nachhaltigkeitsstrategien sehr proaktiv unterwegs. Damit signalisieren zwei traditionsreiche Unternehmen aus der Region sehr klar, dass Sustainability das Top-Thema ist und auch auf lange Zeit bleiben wird.

ESG – immer öfter taucht die Buchstabenkombination auf. Bei PwC gibt es sogar einen ESG Discovery Day. Was steckt dahinter?

Daniel Haag: ESG steht für Environmental, Social und Governance. Wie genau diese Kriterien definiert sind, hängt stark vom regulatorischen und industriellen Umfeld ab, in denen man sich bewegt. Ziemlich bekannt, vor allem weil sie von einigen internationalen Konzernen umgesetzt werden, sind die ESG-Kriterien, die von der Global Reporting Initiative (GRI) entwickelt worden sind.  Auch weil sie sehr wirtschaftsnah entwickelt wurden. Sie sind auch für kleinere und mittlere Unternehmen, die nicht auf externe Investoren angewiesen sind, eine gute Richtschnur, zumal große Konzerne sich daran orientieren und sie auch in ihre Lieferkette weitergeben. Aber es gibt noch sehr viele andere Ansätze, eine Nachhaltigkeitsstrategie mit den entsprechende ESG-Dimensionen zu entwickeln. 

Simon Kehrer: Der ESG Discovery Day ist ein Workshop-Angebot, das sich speziell an mittelständische Kunden richtet, die das Thema Nachhaltigkeit strategisch angehen und gleich ganz konkret arbeiten wollen. Mit dem, was es im Unternehmen schon alles gibt, wie Recycling-Kreisläufe für wertvolle Rohstoffe, Energiesparmaßnahmen, Subventionierung von ÖPNV-Tickets und E-Bikes, der Einsatz von E-Mobility im eigenen Fuhrpark und, und, und.

Wir haben mit dem Workshop ein Format entwickelt, mit dem sich schnell Ergebnisse erarbeiten und in die Umsetzung bringen lassen und mit dem außerdem eine Planung aufgesetzt werden kann, wie man das große Thema Nachhaltigkeit Schritt für Schritt in die Praxis bringt.

Dr. Daniel Haag

Daniel Haag ist Director bei PwC Strategy&. Gemeinsam mit einem Team aus Sustainability-Experten berät er Unternehmen in Baden-Württemberg zur nachhaltigen Transformation vor allem aus dem Maschinenbau und der Automobilindustrie.

Simon Kehrer

Als Senior Manager und Experte im Bereich Energie bei PwC in Stuttgart unterstützt Simon Kehrer Unternehmen in der Region bei der Erfüllung der ESG-Kriterien und der Verankerung von Nachhaltigkeit in allen Facetten des unternehmerischen Handelns.

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