Ein Interview mit Mathias Elsässer und Markus Lengersdorf: Digitale Inhalte für verschiedene Kanäle und Zielgruppen planen, erstellen, verwalten und bereitstellen ist eine Kernaufgabe des Marketings. Mathias Elsässer und Markus Lengersdorf plädieren dafür, das Content-Management als ganzheitliche, integrierte und KI-gestützte Content Supply Chain aufzusetzen. So können Unternehmen Agilität und Produktivität freisetzen und ihre Ressourcennutzung optimieren.
Mathias Elsässer ist Partner für Marketing Advisory bei PwC Deutschland und Mitglied des Leadership-Teams für den Bereich Customer Transformation. Der Diplom-Physiker leitet weltweit Strategie-, Geschäfts- und IT-Beratungsprojekte für große Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Er ist bekannt für seine innovative Art, physikalische Denkweisen auf das Marketing anzuwenden.
Markus Lengersdorf leitet seit Herbst 2021 die Adobe Practice im Bereich Customer Transformation bei PwC Deutschland. In dieser Rolle unterstützt er seine Kunden dabei, mithilfe der Marketinglösungen von Adobe schlanke und hoch performante MarTech-Stacks zu implementieren und zu betreiben. Er ist seit zehn Jahren im Beratungsgeschäft aktiv und bringt Erfahrungen aus vielen verschiedenen Branchen in seine Projekte ein.
Herr Elsässer, Sie plädieren dafür, den Content-Management-Prozess neu zu denken und eine so genannte Content Supply Chain einzuführen. Wieso?
Mathias Elsässer: Content Management ist ja nichts Neues. Tatsächlich bildet die Erstellung kreativer Inhalte schon immer einen wichtigen Eckpfeiler des Marketings. In der heutigen, sich schnell entwickelnden Geschäftswelt sind die Kunden aber immer anspruchsvoller. Sie geben sich nicht mehr mit 08/15-Informationen zufrieden, sondern wollen Inhalte, Informationen und Erlebnisse, die individuell auf ihre Interessen und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Deshalb steigt die Nachfrage nach personalisierten, relevanten Inhalten stark an. Diese bereitzustellen, ist für Unternehmen in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten, intensivem Wettbewerb und schrumpfenden Marketingbudgets sehr schwierig und zeitaufwändig. Deshalb ist es sinnvoll, einen gut strukturierten Prozess, quasi eine Lieferkette für Content, zu etablieren. Das ermöglicht es Unternehmen, die Nachfrage nach personalisierten Informationen effizient zu bedienen und gleichzeitig eine hohe Qualität und Relevanz ihrer Inhalte zu gewährleisten.
Wo hapert es denn in den Firmen beim Content Management?
Markus Lengersdorf: Aus unseren Projekten wissen wir, dass das Content Management häufig nicht besonders effizient abläuft.
Zu den größten Stolpersteinen gehören die fehlende Personalisierung der Inhalte und mangelnde Transparenz.
Die Prozesse zwischen den Marketing-Verantwortlichen und der Content-Produktion laufen oft isoliert und getrennt voneinander ab. Diese Fragmentierung behindert die Zusammenarbeit und erschwert es den Organisationen, schnell relevante Inhalte zu liefern. Häufig fehlt den Unternehmen auch ein zentralisiertes Content Repository, auf das sie zugreifen können. Diese Faktoren führen dazu, dass die Abläufe ineffizient sind und viele Chancen ungenutzt bleiben.
Wie kann der Aufbau einer Content Supply Chain dazu beitragen, die Effizienz zu verbessern?
Elsässer: Im Kern umfasst die Content Supply Chain fünf Schlüsselphasen: Planung, Erstellung, Überprüfung, Aktivierung und Analyse. Die Idee besteht darin, einen geschlossenen Kreislaufansatz einzuführen. So können Unternehmen die Erkenntnisse aus der Inhaltsanalyse in die nächste Runde der Content-Planung und -Erstellung integrieren. Dieser fortlaufende Prozess verbessert die Qualität, Relevanz und Effektivität der Inhalte und beschleunigt gleichzeitig das Tempo.
Welche Prinzipien sind für die Gestaltung einer effektiven Content Supply Chain entscheidend?
Lengersdorf: Die Gestaltung einer hochmodernen Content Supply Chain ist eine komplexe Aufgabe. Wir haben vier Prinzipien definiert, die dabei helfen, eine widerstandsfähige, agile und anpassungsfähige Content Supply Chain aufzubauen. Erstens muss die Content Supply Chain zur Organisationsstruktur passen, wobei wir das individuelle Reifegradniveau und das Geschäftsmodell eines Unternehmens berücksichtigen. Zudem kommt es darauf an, die Content Supply Chain zu standardisieren, aber dennoch flexibel zu gestalten. Sprich: Eine schnelle Anpassung an neue Anforderungen und technologische Neuerungen muss möglich bleiben.
Das dritte Prinzip besteht darin, auf Automatisierung zu setzen. Das ist aus unserer Sicht der Schlüssel zur Effizienzsteigerung in der Content Supply Chain.
Dabei ist allerdings zu beachten ist: Je höher die Automatisierungsstufe, desto wichtiger sind robuste Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Daten. Nicht zuletzt ist es sinnvoll, bei der Content Supply Chain auf KI-Unterstützung zu setzen.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in der Content Supply Chain?
Elsässer: Innovative Technologien wie generative KI stellen eine gute Möglichkeit für Unternehmen dar, die Effizienz zu steigern und greifbare Ergebnisse zu erzielen. Aus aktuellen Studien wissen wir: Die Generierung von Content und die Optimierung entsprechender Content-Workflows gehören zu den Top3-Anwendungsfällen für generative KI, um Effizienzgewinne zu erzielen.
Generative KI ist besonders gut, wenn es um unstrukturierte Daten geht, etwa beim automatisierten Content-Tagging oder der Erkennung und Generierung von Inhalten.
In einer modernen Content Supply Chain wird KI nicht nur für die Erstellung, sondern auch für die Überprüfung von Richtlinien und Vorgaben (z. B. zur Sicherstellung des Markenauftritts) genutzt.
Wie gelingt es Unternehmen, ihre Mitarbeitenden bei diesem Prozess mitzunehmen?
Lengersdorf: Das ist ein wichtiger Punkt. Beim Aufbau einer Content Supply Chain müssen die Mitarbeitenden motiviert und lernbereit sein, denn sie sind es, die diese Prozesse und Technologien nutzen und in ihren täglichen Arbeitsablauf integrieren müssen. Besonders im Kontext von KI, wo viele Menschen sich Sorgen machen, dass sie bald überflüssig werden, ist es wichtig, alle an Bord zu holen und den Mehrwert der Veränderung aufzuzeigen. Es ist also absolut erfolgsentscheidend, die Menschen bei dieser umfassenden Transformation in den Mittelpunkt zu stellen.
Selbst die intelligenteste Lösung kann ihren Zweck nicht erfüllen, wenn die Mitarbeiter sie nicht umsetzen.
Können Sie ein Beispiel für eine erfolgreiche Implementierung der Content Supply Chain geben?
Elsässer: Ein Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit einem führenden deutschen Automobilhersteller aus dem Luxussegment. Wir haben für dieses Unternehmen eine modulare und semi-standardisierte Content-Produktionsmethode entwickelt und das Content-Planungsframework verbessert, damit dieses besser mit den verfügbaren Kundendaten übereinstimmt. So konnte der Automobilhersteller Aufwand und Kosten für die Produktion zusätzlicher Inhalte erheblich reduzieren und die Inhalte im Kontakt mit den Kunden stärker personalisieren.
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