„Onlinewerbung ist der Wachstumsmotor der Medien- und Unterhaltungsbranche“

Interview zum German Entertainment and Media Outlook 2025-2029

Ein Interview mit Mathias Elsässer. Die aktuelle Ausgabe des German Entertainment and Media Outlooks von PwC zeigt: Onlinewerbung ist ein wichtiger Wachstumstreiber für die Medien- und Unterhaltungsbranche. Im Interview spricht der PwC-Experte darüber, wo genau dieses Wachstum entsteht, wieso die Reichweite sich als wichtigste Kennzahl etabliert und wie Künstliche Intelligenz das Marketing revolutioniert.

Mathias Elsässer ist Partner für Marketing Advisory bei PwC Deutschland und Mitglied des Leadership-Teams für den Bereich Customer Transformation. Der Diplom-Physiker leitet weltweit Strategie-, Geschäfts- und IT-Beratungsprojekte für große Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Er ist bekannt für seine innovative Art, physikalische Denkweisen auf das Marketing anzuwenden.

Mathias Elsässer ist Partner für Marketing Advisory bei PwC Deutschland und Mitglied des Leadership-Teams für den Bereich Customer Transformation

Der German Entertainment and Media Outlook beleuchtet die künftigen Entwicklungen der Medien- und Unterhaltungsbranche in Deutschland. Welche Erkenntnisse bringt die Studie für das Segment der Onlinewerbung? 

Mathias Elsässer: Die Studie zeigt, dass das Segment der Onlinewerbung besonders dynamisch wächst. 2024 legte der Bereich um 15 Prozent zu. Die Umsätze erreichten bereits knapp 20 Milliarden Euro. Dieses Wachstum wird sich in den kommenden fünf Jahren zwar verlangsamen, die Erlöse werden aber weiterhin um durchschnittlich 7,5 Prozent pro Jahr steigen und 2029 an der 30-Milliarden-Euro-Marke kratzen. Damit ist Onlinewerbung ein wichtiger Wachstumsmotor für die Medien- und Unterhaltungsbranche.

Wo genau wird dieses Wachstum entstehen?

Elsässer: Starke Treiber für dieses Wachstum sind Paid Search und Display-Onlinewerbung im Bereich Retail. Paid Search – also bezahlte Suchanzeigen – machen bereits heute den größten Umsatzanteil innerhalb der Onlinewerbung aus. Besonders schnell wächst aber die Display-Onlinewerbung im Retail-Bereich – zuletzt um 40 Prozent pro Jahr. Diese Form der Werbung ist direkt auf den Plattformen der Einzelhändler integriert und entspricht dem veränderten Suchverhalten der Käufer:innen: Diese greifen immer häufiger direkt auf Händler-Seiten zu, anstatt über Suchmaschinen zu gehen. Dadurch erhalten sie relevante Werbung, die sie in allen Stadien ihrer Customer Journey begleitet.

Die Bedeutung von Retail Media wird in den kommenden Jahren stark zunehmen.

Publisher haben die Sorge, dass in der Folge viel weniger Menschen auf ihren Seiten landen werden. Profitieren von dieser Entwicklung also nur diejenigen, die den Content bereitstellen?

Elsässer: Das glaube ich nicht. Die Werbegelder werden dem Reach folgen. Das heißt: Das Geld wird dorthin fließen, wo wir viele Menschen finden und diese beworben werden können. Das heißt einerseits ins Retail-Media-Geschäft, aber auch in neue Formate wie Videos, Games und Social-Media-Kanäle. Plattformen wie TikTok, Instagram Reels und YouTube Shorts haben sich zu zentralen Bestandteilen der digitalen Werbelandschaft entwickelt. Sie ermöglichen es Marken, ihre Reichweite mit kurzen, prägnanten Videoformaten zu vergrößern, die auf die Aufmerksamkeitsspanne der Nutzer zugeschnitten sind. Das ist essenziell, um jüngere Zielgruppen effektiv anzusprechen und die Markenpräsenz zu steigern. Insofern sehe ich hier noch viele neue Möglichkeiten für die Ausspielung von Werbung und umgekehrt für die Monetarisierung von Werbeprodukten.

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Lassen Sie uns nochmal auf das Thema Paid Search schauen: Befürchten Sie, dass das klassische Werbemodell von Suchmaschinen zusammenbricht, weil in Zukunft KI und Agenten den Content automatisch zusammenfassen und sich die Modelle kannibalisieren?

Elsässer: Nein, das sehe ich nicht. Die Modelle speisen sich aus Content und werden weiterhin versuchen, dorthin weiterzuleiten. Wir gehen aber davon aus, dass sich das Prinzip des „Cost per Klick“ in den Suchmaschinen verändern wird. Es ist gut möglich, dass wir eine Renaissance von „Cost per Mille“ oder ganz neue Faktoren im Suchbereich sehen werden. Die reine Anzeige rechts und links wird dann wieder mehr in den Fokus rücken als der Klick. Durch die Flut von generiertem Content, die großen sozialen Netzwerke und Plattformen ist viel Raum da, der bespielt werden kann und in den die Werbegelder in Zukunft fließen werden. 

Welche großen Trends beobachten Sie im Bereich der Onlinewerbung?

Elsässer: Der große, allumfassende Trend ist natürlich die Künstliche Intelligenz, die das Marketing massiv verändern wird. KI hat sich zu einem zentralen Hebel für Effizienz, Personalisierung und Innovation entlang der kompletten Wertschöpfungskette entwickelt. Zwei Trends, die auf KI-Technologien aufbauen, möchte ich dabei besonders hervorheben: Zum einen sind das die datengetriebenen Entscheidungsprozesse. Mit KI-gestützten Prognosetools können Unternehmen neu aufkommende Trends in Echtzeit identifizieren und in strategische Entscheidungen einbetten. Der zweite Trend ist die Echtzeitoptimierung von Werbekampagnen. Alles läuft mittlerweile in Realtime ab. Publisher und Werbetreibende tauschen sich permanent aus, passen Inhalte an – in einer Präzision und Schnelligkeit, die vor einigen Jahren noch undenkbar waren. 

Welche Vorteile bietet das?

Elsässer: KI-Algorithmen analysieren blitzschnell riesige Datenmengen, um Muster zu erkennen und Zielgruppen effektiver zu segmentieren. Das ermöglicht hochpersonalisierte Marketingstrategien, bei denen Inhalte, E-Mails, Angebote und Werbung genau auf individuelle Vorlieben und Verhaltensweisen zugeschnitten sind. Wir beobachten, dass gut die Hälfte der Marketers mittlerweile auf einen ganzheitlichen Lifecycle-Ansatz zur Personalisierung setzen und individuell zugeschnittene Inhalte konsequent kanalübergreifend einsetzen. Das verbessert nicht nur das Kundenerlebnis, sondern optimiert die Wirksamkeit der Werbemaßnahmen.

Durch den Einsatz von KI-Systemen, die Inhalte generieren, deren Ursprung schwerer zu identifizieren ist, stehen auch Datenschutz und Compliance vor neuen Herausforderungen. Wo sehen Sie hier den größten Handlungsbedarf? 

Elsässer: Sicherheit und Betrugserkennung ist ein riesiges Thema. Unternehmen benötigen neue Compliance-Systeme, die sicherstellen, dass nur faktenbasierte, überprüfbare und ethisch unbedenkliche Inhalte veröffentlicht werden. Außerdem wird der Einsatz von proprietären Daten, also First-Party-Daten, immer wichtiger, weil diese das Risiko von Datenschutzverletzungen reduzieren und die Abhängigkeit von Drittanbieterinformationen minimieren. 

Letztlich bleibt die Balance zwischen der Nutzung von KI-Tools und dem Schutz der Privatsphäre der Kunden ein entscheidender Faktor für den Erfolg in der sich wandelnden digitalen Landschaft.

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