Wirtschaftskriminalität vorbeugen

Interview: „Setzen Sie sich an die Spitze der Untersuchung“

  • Interview
  • 3 Minuten Lesezeit
  • 22 Feb 2024

Ein Interview mit Christian Muth. Fast jedes zweite Unternehmen weltweit war der „Global Economic Crime and Fraud Survey“ von PwC zufolge in den vergangenen zwei Jahren von Wirtschaftskriminalität betroffen – darunter Bilanzfälschung, Geldwäsche und Steuerbetrug. Nicht alles davon landet in den Nachrichten. Christian Muth, Partner Forensic Services bei PwC Deutschland, ist überzeugt: Unternehmen erhöhen die Chancen, Reputationsschäden zu vermeiden, wenn sie klassische Fallstricke bei internen Investigations beachten.

Über Christian Muth: Christian ist Partner im Bereich der Forensic Services und verantwortet hier die Themenbereiche „Investigation and Fact Finding“ sowie das Service Portfolio „Krisenmanagement“. Mit seiner über 25-jährigen Berufserfahrung im sowohl staatlichen wie privaten Sicherheitsumfeld und einem ausgeprägt internationalen Erfahrungshintergrund, unterstützt er seine Mandanten in komplexen, in der Regel krisenhaften Situationen. Im Laufe seiner Karriere schloss dies Führungsfunktionen in einigen der größten nationalen Sonderuntersuchungen und Krisenszenarien mit ein.

Christian Muth, Partner Forensic Services bei PwC Deutschland

Herr Muth, jedes Unternehmen hofft, dass es in seinem Haus zu keinem wirtschaftskriminellen Verdachtsfall und damit auch zu keiner Ermittlung kommt. Welche Vorbereitungen sollten sie dennoch treffen?

Christian Muth: Unternehmen sollten zunächst sicherstellen, ob sie auf interne Ermittlungen und damit den Ernstfall vorbereitet sind. Hierzu kann man sich eine Reihe von Fragen wie zum Beispiel folgende stellen: Wurden die nötigen Investitionen getätigt? Welche Policies gelten für die Analyse elektronischer Daten? Sind alle Vorgaben gemäß ISO TS 37008:2023 für Investigations erfüllt? Der neue Standard gibt den Ablauf einer Ermittlung vor – von der Untersuchungsstrategie bis zum Abschlussbericht. Aber auch: Wie steht es um die Meldekanäle im Einklang mit dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz? Gibt es Möglichkeiten, einen Verstoß vertraulich zu melden? Sind Fragen des Datenschutzes geklärt? Wer hier Vorarbeit leistet, ist im Ernstfall schneller handlungsfähig.

Wenn der Ernstfall doch eintreten sollte: Was ist dann als Erstes zu tun?

Im Verdachtsfall gilt: Unternehmen sollten sich zügig ein Bild von der Sachlage machen, um Fehlverhalten rechtzeitig zu beheben und weitere Straftaten zu verhindern.

Wo geboten, sollte frühzeitig Kooperationsbereitschaft gegenüber den Behörden signalisiert werden.

Was ist, wenn sich Unternehmen zu viel Zeit lassen?

Wer zu zögerlich ist, riskiert höhere Investigationskosten und einen ewig schwelenden Konflikt, der wertvolle Ressourcen bindet.

Zudem kann es sein, dass Verantwortliche bereits das Unternehmen verlassen haben, wenn der Tatbestand endlich aufgeklärt ist.

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Gibt es weitere Fehler, die Sie im Umgang mit internen Ermittlungen immer wieder beobachten? 

Muth: Neben dem zu späten Start der Investigation ist die Salamitaktik ein Fallstrick. Aus Angst vor einem Skandal und den drohenden Konsequenzen für Verantwortliche gehen Unternehmen Verdachtsmomenten in Teilschritten und nicht vollständig nach. Die damit einhergehende schrittweise Kommunikation schafft immer wieder Anlässe für Berichterstattung und lässt das Unternehmen als unehrlich erscheinen, wenn die Wahrheit erst nach und nach ans Licht kommt. 

Für Entscheider gilt: Setzen Sie sich an die Spitze der Untersuchung, auch wenn es schmerzhaft erscheint.

Zum Ausstieg noch eine Frage zu KI: Ist die neue Technologie Fluch oder Segen in dem Kontext?

Muth: Digitalisierte Geschäftsprozesse und Technologien wie KI bergen neue Risiken der Manipulation von Algorithmen. Umgekehrt bringen sie aber auch neue Chancen mit sich: Sie sind wertvolle Hilfsmittel, wenn es darum geht, elektronische Daten auszuwerten. Wir bei PwC arbeiten beispielsweise seit über zehn Jahren mit KI und können aus unserer forensischen Erfahrung Betrugsmuster ableiten und in Tools verwandeln.

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Christian Muth

Christian Muth

Partner, Forensic Services, PwC Germany

Tel.: +49 151 61997530

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