Ein Interview mit Anita Kim-Reinartz. Die digitale Transformation sowie KI verändern die Geschäftswelt und lassen neue Betrugsmuster zu – eine der aktuellen Herausforderungen für interne Investigations-Teams. Laut der „Global Economic Crime Survey“ von PwC haben nur 56 Prozent der Unternehmen weltweit bei ihrem schwerwiegendsten Wirtschaftsdelikt eine Untersuchung eingeleitet. Zu wenig – davon ist Anita Kim-Reinartz, Leiterin Forensic Services, überzeugt und erläutert im Interview, warum.
Über Anita Kim-Reinartz: Anita leitet als Partnerin den Bereich Forensic Services bei PwC Deutschland. Sie verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Fraud Detection, Fraud Prevention, Compliance, Investigation sowie auf dem Gebiet Forensic Data & Analytics. Im Laufe Ihrer Karriere hat Sie viele multinationale Unternehmen aus vielfältigen Industrien in komplexen Sachverhalten unterstützt.
Digitale Transformation und Künstliche Intelligenz (KI) bestimmen die Wirtschaftswelt, denn sie versprechen Wettbewerbsvorteile. Aber wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten.
Anita Kim-Reinartz: Das stimmt. Einerseits versprechen KI und die Transformation wesentlicher Betriebsabläufe mehr Effizienz in puncto Kosten und Prozesse. Andererseits steigen mit den Entwicklungen natürlich auch die Risiken für Betrugsszenarien. Das ist eine der aktuellen Herausforderungen für Unternehmensabteilungen wie die Interne Revision, Corporate Compliance und die Investigationsabteilungen. Schwarzmalerei bringt uns aber nicht weiter.
Wir müssen Technologien als Chancen ansehen. Sie sind Hilfsmittel, wenn es darum geht, Investigationen intelligenter durchzuführen.
Interne Investigations-Teams müssen also kontinuierlich ihre Fähigkeiten überprüfen?
Kim-Reinartz: Ja, Unternehmen müssen sich stets Fragen stellen, wie: Verfügen wir über die richtigen Technologien? Besitzen wir das passende Know-how? Verstehen wir die digitalisierten Business Modelle unseres Unternehmens? Können diese Fragen nicht bejaht werden, muss nachgearbeitet werden. Denn nur mit den nötigen Werkzeugen lassen sich neue Betrugsmuster erkennen und aufklären. Gelingt dies, verhindert ein Unternehmen im Worst Case sogar gravierende finanzielle Verluste und Reputationsschäden.
Die von Ihnen angesprochene Detailarbeit ist verständlich, wenn man auf den Fortschritt der KI blickt.
Kim-Reinartz: Genau. KI-Tools sind inzwischen in der Lage typische Betrugsszenarien zu entwerfen und durchzuführen. So gibt es bereits eine Reihe an KI-Funktionalitäten, die in unterschiedlichsten Varianten zum Einsatz kommen. In der Vergangenheit haben fehlgeschlagene Betrugsszenarien durchaus als Hürde für erneute Versuche gedient. Das wird jedoch zunehmend obsolet, denn KI birgt hier das Potenzial, unmittelbar die Methoden zu überarbeiten und auf Schwachstellen abzuzielen.
Eine sorgfältige Aufdeckung solcher Methoden und ein Präventionsmodell mit adäquaten Mitteln ist von enormer Wichtigkeit für jedes Unternehmen. Was raten Sie Unternehmen?
Verantwortliche müssen sowohl ihre eigene Organisation entsprechend aufstellen als auch ihre technische Ausstattung und Kompetenzen up to date halten.
Kim-Reinartz: Der Dreiklang dazu heißt Erstens: Transformation der eigenen Prozesse, um die Effizienz und die Effektivität der Aufdeckung und Investigation der Betrugsschemen zu steigern. Zweitens: Upskilling des Teams im Hinblick auf neue Technologien, KI und Methodiken, um diese effektiv in einer Investigation einsetzen zu können. Und Drittens: Verständnis für digitalisierte Prozesse im Unternehmen entwickeln, um deren Risiken sowie Manipulationsmöglichkeiten zu erkennen.
Wenn ein Unternehmen sich beim Thema Investigation oder Betrugsprävention schwertut und Unterstützung benötigt: Wie kann PwC hier weiterhelfen?
Kim-Reinartz: Unternehmen haben in der internen Aufklärung etliche Herausforderungen zu meistern, um die Basis für fundierte Investigationen aufzubauen: Zeit, Budget, die richtige Teamaufstellung, aber eben auch der sorgfältige Einsatz von Technologie. Hier kann ein Austausch mit externen Beratern äußerst nützlich sein. PwC kann bei den verschiedensten Schritten angefragt werden. Egal, ob Unternehmen das Thema Investigation oder Betrugsprävention selbst angehen oder es einem externen Partner übertragen möchten: Wir können in beiden Fällen bei der Transformation von Investigations-Abteilungen unterstützen. Wenn ein Team für die neuen Herausforderungen rund um KI und Digitalisierung aufgestellt werden soll, können wir dabei ebenfalls mit unserer Expertise aus den Bereichen Forensic Advisory und Technology Solutions behilflich sein. Gleiches gilt übrigens auch, wenn Teams für die Untersuchung von Verdachtsfällen elektronische Daten erfassen, analysieren oder auswerten müssen.