Ihr Experte für Fragen
Michael Burkhart
Standortleiter Frankfurt bei PwC Deutschland
Tel.: +49 69 9585-1268
E-Mail
Im Rhein-Main-Gebiet lässt es sich gut leben und arbeiten. Mit 96 Prozent gibt die überwältigende Mehrheit der Berufstätigen an, sich an Rhein und Main wohlzufühlen. Punkten kann die Region rund um Frankfurt insbesondere mit vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten und einer guten Verkehrsinfrastruktur. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich im Rhein-Main-Gebiet insbesondere die Zufriedenheit mit dem Zugang zu schnellem Internet und den guten Jobmöglichkeiten verbessert.
Für immer größeren Unmut sorgen jedoch die hohen Mietpreise und das knappe Wohnraumangebot – mit weitreichenden Folgen für den Arbeitsmarkt in der Region: Vier von fünf Berufstätigen gehen davon aus, dass Unternehmen vor diesem Hintergrund Probleme haben werden, Fachkräfte zu finden und zu halten.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung unter 400 Berufstätigen zwischen 18 und 65 Jahren im Rhein-Main-Gebiet im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.
„Viele Menschen werden sich die ohnehin hohen Mieten in den Ballungszentren in Zukunft kaum mehr leisten können, wenn die Kosten für Strom und Heizung nun um ein Vielfaches steigen. Und auch der Kauf einer Immobilie rückt selbst für Gutverdienende in Folge der steigenden Baukosten und Kreditzinsen in weite Ferne.“
Der Frust der Bewohner:innen über die Lage auf dem Wohnungsmarkt wächst: Zwei Drittel der Berufstätigen sind mit den Immobilienpreisen unzufrieden. Knapp 60 Prozent beklagen sich über die teuren Mieten und das knappe Wohnraumangebot.
Der Blick auf den Mietspiegel und die raren Immobilienanzeigen frustrieren nicht nur die Berufstätigen, sondern hat weitreichende Folgen für den Arbeitsmarkt in Hessen: Zwar haben bislang nur wenige Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet ihren Job aufgrund zu hoher Mieten gewechselt (sieben Prozent). Drei von zehn Beschäftigten haben diese Möglichkeit aber schon einmal in Betracht gezogen. Bei den 18- bis 34-Jährigen ist es sogar fast jede:r Zweite.
Insbesondere für die Unternehmen in den großen Städten der Region wie Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Darmstadt und Offenbach wird es dadurch immer schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden und zu halten. Von dieser Entwicklung besonders betroffen sind Sektoren, die vergleichsweise niedrige Löhne zahlen, wie die Pflege. Aber auch das Handwerk, Kitas und Schulen sowie die Gastronomie werden zunehmend Probleme haben, geeignete Mitarbeiter:innen zu rekrutieren.
Das sehen die Befragten genauso: 91 Prozent befürchten, dass ein weiterer Anstieg der Mieten das Problem noch verschärfen wird und sich nur noch Gutverdiener:innen das Leben in Städten wie Frankfurt oder Berlin leisten können und andere Berufsgruppen wie Pflegekräfte und Handwerker:innen Arbeitsplätze außerhalb der Städte suchen werden.
Um die prekäre Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern, sehen die Berufstätigen sowohl die öffentliche Hand als auch die Unternehmen der Region in der Pflicht. So könnte die Politik dazu beitragen, Fachkräfte in den Ballungsgebieten zu halten, indem sie Wohnungsbauprogramme speziell für Haushalte mit geringem Einkommen aufsetzt oder leere Büros in Wohnraum umwandelt. Das befürworten 87 beziehungsweise 84 Prozent der Befragten.
Zudem ist die konsequente Ausnutzung und Erweiterung bereits bestehenden Wohnraums ein zentraler Ansatz, um dem Mangel entgegenzuwirken. Im Rahmen einer Verdichtungsstrategie könnten wo immer möglich Dächer ausgebaut, Wohneinheiten aufgestockt oder leerstehende Gewerbehallen zu Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen umgenutzt werden. Das Prinzip der Verdichtung ist in der Frankfurter Innenstadt bereits etabliert: 2021 ist dort das mit 180 Metern höchste Wohnhochhaus Deutschlands entstanden.
Aber auch die Unternehmen verfügen aus Sicht der Befragten über Instrumente, um Fachkräfte trotz hoher Mieten in Ballungsgebieten wie dem Rhein-Main-Gebiet zu halten. Am häufigsten wünschen sich die Befragten Mietzuschüsse (85 Prozent), die Bereitstellung von Betriebswohnungen (84 Prozent) und die Übernahme von Fahrtkosten (83 Prozent). Vier von fünf Befragten sprechen sich dafür aus, dass Unternehmen Remote-Work forcieren und die Homeoffice-Ausstattung finanzieren.
Flexibles, ortsunabhängiges Arbeiten hat seit der Corona-Pandemie zwar deutlich zugenommen, aber es klafft noch eine große Lücke zwischen dem, was sich Arbeitnehmer:innen wünschen und dem, was die Unternehmen bieten: Zwei Drittel der Beschäftigten, deren Arbeit grundsätzlich Homeoffice erlauben würde, wünschen sich freie Homeoffice-Regelungen – und zwar ohne Abstimmung und Anwesenheitspflicht. Aber nur jedes zweite Unternehmen bietet ihnen aktuell diese Möglichkeit.
Mit Blick auf den Immobilienmarkt ist Homeoffice allerdings ein zweischneidiges Schwert: Zwar könnte mehr Remote Work den Wohnungsmarkt in den Metropolen wie Frankfurt etwas entlasten, weil das Leben außerhalb der Stadt für viele Menschen attraktiver wird. Gleichzeitig führt der Trend zum hybriden Arbeiten dazu, dass Wohnraummangel und Mieten nicht nur in der Stadt Frankfurt steigen, sondern im gesamten Rhein-Main-Gebiet:
„Wenn man nicht mehr jeden Tag ins Büro pendeln muss, werden auch periphere Wohnlagen deutlich attraktiver und entsprechend teuer. Und wer vermehrt aus dem Homeoffice arbeitet, braucht insgesamt mehr Wohnraum.“
Nach den Gründen befragt, wieso es zu wenig bezahlbaren Wohnraum in der Region gibt, nennen die Berufstätigen am häufigsten das hohe Interesse von Investoren am Luxussegment (55 Prozent). Aber auch eine zu späte Reaktion der Politik sowie die Vernachlässigung des sozialen Wohnungsbaus durch die öffentliche Hand wird von der Mehrheit als Ursache für das Dilemma genannt. Jede:r Zweite macht die zunehmende Gentrifizierung für die angespannte Lage verantwortlich: Im Zuge von Sanierungen werden weniger vermögende Mieter:innen verdrängt.
Die Anzahl der Pendler:innen hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen: Mittlerweile pendeln 65 Prozent der Berufstätigen aus der Region zu ihrer Arbeitsstelle, 2020 waren es erst 60 Prozent.
Im Durchschnitt sind die Berufstätigen 25 Minuten unterwegs, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen. Das ist weniger als die maximal vertretbare Pendelzeit, die die Befragten im Schnitt mit 37 Minuten angeben.
Der Umzug aufs Land ist aus Sicht der Berufstätigen mit Vor- und Nachteilen verbunden: Die Aussicht auf mehr Natur und Ruhe sprechen für einen Umzug in ländlichere Gegenden. Gleichzeitig gibt es für die Berufstätigen aber auch Argumente, die gegen einen Umzug raus aus der Stadt in eine ländliche Gegend sprechen: Für rund jede:n Zweiten ist das die bessere Infrastruktur in der Stadt, etwa mehr Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten, der bessere Nahverkehr und kürzere Arbeitswege.
Zusätzlicher Wohnraum könnte auch auf Grünflächen der Stadt oder am Stadtrand entstehen. Dem steht jedoch der Schutz der Natur entgegen: Zwei Drittel der Berufstätigen würden dem Naturschutz trotz des begrenzten Angebots an Wohnungen Vorrang geben. Unter den 18- bis 34-Jährigen und den Bewohner:innen von Frankfurt am Main würde nur jede:r Zweite der Natur Priorität einräumen.
„Um das Angebot an geeigneten und vor allem bezahlbaren Wohnungen in Ballungsgebieten zu erweitern, ist die städtische Nachverdichtung ein zentraler Ansatz. Dabei geht es nicht darum, Grünflächen oder Parks durch Wohnungen zu ersetzen, sondern bereits bebaute Flächen zu verdichten und intensiver zu nutzen.“
Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung unter 400 Berufstätigen zwischen 18 und 65 Jahren im Rhein-Main-Gebiet im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.