
Unternehmen in allen Branchen befinden sich in einem ständigen Wandel. Sie müssen sich an ändernde Marktbedingungen, disruptive Technologien und veränderte Erwartungen von Mitarbeitenden und Kunden anpassen. Viele von ihnen richten ihre Geschäftsmodelle neu aus oder erfinden sich gänzlich neu. In diesem dynamischen Umfeld ist die Unternehmensagilität ein entscheidender Faktor, um Innovationsfähigkeit, Resilienz und nachhaltiges Wachstum sicherzustellen. Eng damit verbunden ist eine stärkere Produktorientierung, welche die Kundenbedürfnisse klar in den Fokus rückt. Doch obwohl sehr viele Unternehmen die agile Transformation bereits begonnen oder sogar abgeschlossen haben, wird das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Woran das liegt, untersuchen wir in der Agile Studie 2024/25.
„Um in ihrer gesamten Wertschöpfung von Agilität und Produktorientierung zu profitieren, müssen Unternehmen den Schritt von ‚Doing Agile‘ – der Anwendung agiler Methoden – zu ‚Being Agile‘ schaffen, sprich: ein ganzheitlich agil ausgerichtetes Betriebsmodell etablieren.“
Die Mehrheit der Unternehmen ist die agile Transformation angegangen. Ein Großteil hat bereits agile Arbeitsweisen eingeführt oder befindet sich derzeit im Prozess der Umstellung. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist die Anzahl der Unternehmen, die bereits eine agile Transformation abgeschlossen haben, von 6 % auf 20 % gestiegen. Agilität wird zunehmend als ganzheitliches Konzept verstanden, das alle Dimensionen des Betriebsmodells umfasst. Bislang haben jedoch nur 30 % der Unternehmen den kulturellen Wandel vollzogen, um wirklich „agil zu sein“.
Im Hinblick auf die Ziele der agilen Transformation konzentrieren sich Unternehmen auf messbare Ergebnisse wie Kosteneffizienz, Produktqualität und verkürzte Markteinführungszeiten. Darüber hinaus bringt aber auch der kulturelle Wandel sichtbare Vorteile. Fast die Hälfte der Befragten berichtet von verbesserter Kommunikation, Zusammenarbeit, Motivation und Engagement des Teams durch agile Praktiken. Nur 20 % stellten keine signifikanten Veränderungen fest. Unternehmen, die die agile Transformation bereits abgeschlossen haben, beobachten klare Vorteile. Etwa 30 % konstatieren eine höhere Anpassungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen. Bei Unternehmen, die gerade erst mit der agilen Transformation begonnen haben, liegt der Anteil bei 15 %.
Agilität bleibt weiterhin einer der bedeutendsten branchenübergreifenden Trends – auch wenn sich die Umsetzung von Branche zu Branche unterscheidet. Die fortgeschrittenste Maturität weisen Unternehmen aus Bereichen wie der Telekommunikation und Informationstechnik auf, die per se eine hohe digitale Affinität haben. Branchen mit hohem Regulierungsdruck wie das Segment der Finanzdienstleistungen und das Gesundheitswesen stehen hingegen vor größeren Herausforderungen bei der Einführung agiler Methoden. Hier ist die strenge Einhaltung von Vorschriften erforderlich, was die agile Transformation verlangsamen kann.
Das größte Wachstum im Vergleich zum Vorjahr ist in der verarbeitenden Industrie zu beobachten. Hier zeigt sich besonders deutlich der Trend zu einer ausgeprägteren Produktorientierung und der Reorganisation in cross-funktionalen Teams. Auch im Einzelhandel legen Agilität und Produktorientierung deutlich zu. Vier von fünf Einzelhandelsunternehmen treiben aktiv die agile Transformation voran. Die Verlagerung hin zu agilen Praktiken zielt darauf ab, den sich ändernden Prioritäten der Kunden besser gerecht zu werden und ihr Produkterlebnis zu verbessern.
Für eine erfolgreiche Umstellung auf agile Praktiken spielt die Ausgestaltung von Führung und Kultur eine wesentliche Rolle. Hier zeigt sich aktuell noch eine große Wahrnehmungslücke zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden. So bekennen sich zwar 74 % der Führungskräfte zu agilem Denken, doch nur 39 % der Mitarbeitenden nehmen dies auch so wahr. Um diese Lücke zu schließen, müssen Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und agile Methoden stärker in Maßnahmen und Governance-Prozessen verankern.
Bei der Umsetzung agiler Governance-Strukturen sind Fortschritte zu verzeichnen. Für viele Unternehmen bleibt es jedoch eine Herausforderung, die richtige Balance zwischen Flexibilität und Rechenschaftspflicht zu finden und einen geeigneten Rahmen zu schaffen, der sowohl die Autonomie der agilen Teams als auch die Unternehmensziele unterstützt. Weitere allgemeine Herausforderungen der agilen Transformation sind Ressourcenbeschränkungen und Schwierigkeiten bei der Priorisierung und Verwaltung des Backlogs der noch zu erledigenden Aufgaben.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben und Innovationen voranzutreiben, müssen Unternehmen im Rahmen der agilen Transformation sukzessive neue Praktiken einführen. Besonders vielversprechend sind eine agile Budgetierung, um finanzielle Ressourcen schneller an veränderten strategischen Zielen auszurichten, sowie ein schlankes Portfoliomanagement, das sich auf den Mehrwert für die Kunden fokussiert. Gleichzeitig gilt es, Innovationen durch künstliche Intelligenz (KI) im Zusammenspiel mit agilen Methoden zu erschließen – sei es durch die Automatisierung repetitiver Aufgaben, die Optimierung von Priorisierungen oder die Nutzung prädiktiver Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung.
Unternehmen konzentrieren sich primär auf quantitative Ziele wie die Verbesserung der Kosteneffizienz und Produktqualität oder die Verkürzung von Markteinführungszeiten. Qualitative Messgrößen wie Rolleneffektivität, Prozesseffizienz und kulturelle Integration helfen dabei, die Akzeptanz und den Reifegrad des agilen Zielbetriebsmodells zu bestimmen. Nur 37 % der Unternehmen messen aktiv, wie erfolgreich ihre agile Transformation verläuft.
„Die meisten Führungskräfte bekennen sich klar zu agilen Methoden. Dieses Verständnis muss sich aber auch in Maßnahmen wie dem Portfoliomanagement und der Verteilung von Budgets widerspiegeln.“
Dr. Markus Weiss,Managing Director Strategy& SchweizAgile Studie 2024/25: Das volle Potenzial von Agilität und Produktorientierung ausschöpfen
Kontaktieren Sie unsere Experten
Die Agile Studie 2024/25 basiert auf einer Befragung von über 200 Unternehmensvertretern aus Deutschland, der Schweiz und Österreich. Rund 38 % der Teilnehmenden bekleiden eine Führungsposition auf C-Level oder VP-Ebene. Um ein breites Spektrum an Reifegraden und agilen Praktiken abzubilden, berücksichtigt die Studie Unternehmen aus verschiedenen Branchen wie Telekommunikation/Technologie, verarbeitende Industrie, Finanzdienstleistungen sowie Gesundheit und Pharma. Die Größe der teilnehmenden Unternehmen reicht von Mittelständlern mit weniger als 500 Mitarbeitenden bis hin zu Großkonzernen mit mehr als 100.000 Mitarbeitenden.