Vorschlag für ein marktorientiertes Design – Strommarkt der Zukunft

20 Juli, 2017

Ausgangslage

Die Bundesregierung hat sich mit dem Strommarktgesetz 2016 für eine Weiterentwicklung des Energy-Only-Marktes (EOM) zum Strommarkt 2.0 entschieden. Auf einen zusätzlichen Kapazitätsmarkt wurde verzichtet, allerdings wird der Strommarkt durch eine strategische Reserve abgesichert. Die Infrastruktur muss Erzeugungsspitzen auffangen und ist nicht effizient ausgelastet. Derweil ist konventionelle Stromerzeugung aufgrund der niedrigen Großhandelspreise zunehmend unrentabel, während Stromverbraucher durch Umlagen, Abgaben, Steuern und Sonderregelungen einen immer höheren Endpreis zahlen.

„Der Strommarkt 2.0 sendet weder langfristige Investitionssignale für Stromerzeuger noch kurzfristige Preissignale für Stromverbraucher.“

Prof. Dr. Norbert Schwieters,Leiter Energiewirtschaft bei PwC

Der durchschnittliche Großhandelspreis und die für Erzeuger erzielbaren Margen werden weiter sinken. Knappheitsbedingte Preisspitzen auf dem EOM werden keine ausreichenden Anreize für Neuinvestitionen geben. Verbunden mit dem Ausstieg aus der Kernenergie ist  deshalb eine Kapazitätslücke auf dem deutschen Strommarkt innerhalb der nächsten fünf Jahre ein realistisches Szenario.

Schlussfolgerung

  1. Die Preisstruktur der Verbraucher muss die Kostenstruktur der Erzeuger widerspiegeln. So bekommen Verbraucher, Netzbetreiber und Erzeuger konsistente Preissignale und damit gleiche Investitionsanreize. Angebot und Nachfrage werden gemeinsam betrachtet.
  2. Investitionen in systemdienliche Technologien und Standorte müssen Vorrang haben. Dies gilt für Investitionen in erneuerbare und konventionelle Erzeugung ebenso wie für nachfrageseitige Investitionen in Flexibilität.
  3. Kosten und Risiken müssen zwischen Erzeugern und Verbrauchern fair verteilt werden. Derzeit verzerren Umlagen, Abgaben, Steuern und Sonderregelungen die Preissignale. Die Anwendung und Ausgestaltung dieser Instrumente muss überdacht werden.

Lösungsvorschlag: ein zweistufiges Preissystem

In einem auf diesen Schlussfolgerungen beruhenden Marktdesign werden die Kosten für Investoren und der Preis für Verbraucher in einen direkten Zusammenhang gebracht.

Dies geschieht auf zwei Entscheidungsebenen:

  1. langfristig: Errichtung/Inanspruchnahme von Leistung (kW)
  2. kurzfristig: Erzeugung/Verbrauch von Arbeit (kWh)
Grafik: Lösungsvorschlag für ein zweistufiges Preissystem

Kosten für Investoren

Investoren erhalten eine feste Zahlung für die gesicherte Leistung und zusätzliche Erlöse am Großhandels-/Regelenergiemarkt. Die notwendige gesicherte Leistung wird wettbewerblich (Auktionen) ermittelt – für konventionelle und erneuerbare Energien auf Basis von bereitgestellter Leistung. Netzkosten können berücksichtigt werden. Der Preis am Großhandelsmarkt wird auf Basis der variablen Kosten ermittelt (inkl. Netzverluste). Erwartete Erlöse am Großhandelsmarkt reduzieren die Höhe der Leistungsvergütung.

Preis für Verbraucher

Verbraucher zahlen für die Inanspruchnahme von Leistung und für den Verbrauch von Strom. Sie erhalten einen Anreiz, ihre Netzanschlussleistung durch Effizienz und Flexibilität zu verringern. Davon können Speicher profitieren. Durch digitale Messgeräte können Verbraucher die Preisschwankungen am Großhandelsmarkt sehen und nutzen. Sektorkopplung mit Mobilität und Wärme wird bei sinkendem Arbeitspreis zunehmend attraktiv.

Vorteile des Vorschlags

  • Orientierung am energiepolitischen Zieldreieck
  • Maximierung der Systemauslastung durch bestmöglichen Ressourceneinsatz
  • Kurzfristige und langfristige Preissignale für Investoren und Verbraucher
  • Anreize für zentrale, dezentrale und vor allem technologieoffene Investitionen
  • Anreize für flexibles und effizientes Verbrauchsverhalten
  • Verteilung von Kosten und Risiken zwischen Investoren und Verbrauchern

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Dr. Volker Breisig

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