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Roland Werner
Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma bei PwC Deutschland
Tel.: +49 170 7628-557
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Der Ausbau des 5G-Netzes in Deutschland schreitet voran und beschleunigt die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Das schnelle Datennetz ist die Basis vieler telemedizinischer Anwendungen, die für eine bessere medizinische Versorgung von Patienten sorgen können. Dazu zählen beispielsweise Fernoperationen und -untersuchungen, Sprechstunden per Internet oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Diagnostik. Unternehmen im Gesundheitswesen, die von der 5G-Technologie profitieren möchten, sollten jetzt die richtigen Weichen stellen und in den Ausbau ihrer digitalen Infrastruktur investieren.
Dann starten sie mit großem Vorsprung in das 5G-Zeitalter: Deutschland ist das erste Land weltweit, das Campus-Lizenzen anbietet. Das bietet Unternehmen die Chance, eigene Netze mit hoher Verlässlichkeit unabhängig vom Provider aufzubauen. Mit dieser Schlüsseltechnologie kann das deutsche Gesundheitssystem zum Leitmarkt für 5G-Anwendungen werden.
Der neue Mobilfunkstandard treibt die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens, die im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zurückliegt, enorm voran. Denn der 5G-Standard zeichnet sich durch geringe Latenz (Verzögerungen) im Bereich von maximal zehn Millisekunden, große Zuverlässigkeit und hohe Bandbreiten aus. Das ist besonders für die Telemedizin von Vorteil, die auf die Verarbeitung von großen Datenmengen, die Möglichkeit zum Anschluss zahlreicher Geräte und den sicheren Umgang mit Informationen über Patienten angewiesen ist. Daher ist davon auszugehen, dass 5G sich als einheitlicher Standard im Bereich Gesundheit etablieren wird.
Die Leistungsstärke von 5G ist das Fundament zahlreicher telemedizinischer Anwendungen. So erlaubt die Technologie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für eine verfeinerte Diagnostik, und Virtual/Augmented Reality erleichtert das Gespräch zwischen Arzt und Patient, da Befunde oder Therapien sich plastischer darstellen lassen. Remote-Operationen und -Untersuchungen bringen medizinische Expertise unabhängig vom Standort des Arztes zusammen und stellen eine flächendeckende Versorgung sicher.
Dieser Vorteil macht sich auch in der Notfallmedizin bezahlt, denn Informationen über Patienten können gleich vom Unfallort in die Klinik geschickt werden.
Telemedizinische Anwendungen weit über die elektronische Patientenakte hinaus wie mobiles Monitoring, Videosprechstunden und medizinische Wearables stärken die Eigenverantwortung des Patienten und machen ihn unabhängiger von seinem Arzt. Robotik im Krankenhaussektor kann das Pflegepersonal ebenso wie das Gebäudemanagement entlasten. Bei den beschriebenen telemedizinischen Anwendungsmöglichkeiten handelt es sich oftmals noch um Pilotprojekte, die sich aber in der alltäglichen Versorgung etablieren werden.
Unternehmen im Gesundheitswesen, die von den Innovationen morgen profitieren möchten, sollten heute schon die nötigen Voraussetzungen dafür schaffen – und sich so mit der richtigen Netzarchitektur den Startvorteil sichern. Vielfach fehlt Unternehmen aber das Bewusstsein, dass 5G eine entsprechende digitale Infrastruktur braucht. In der Praxis dominiert häufig noch der Einsatz von Papier und DVDs bei der Weitergabe von Informationen. Unternehmen der Gesundheitswirtschaft werden mit der Vorbereitung auf das 5G-Zeitalter nicht allein gelassen: Bund und Länder haben spezielle Förderprogramme für 5G-Anwendungen geschaffen, zusätzlich können Kliniken auch Mittel aus dem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ abrufen.
Gegenüber bisherigen Mobilfunktechnologien bietet 5G zwei Neuerungen: die Möglichkeit zu eigenen, lokalen Netzen, sogenannten Campus-Netzen, und das Network-Slicing, mit dem das Netz für bestimmte Anwendungen oder Nutzergruppen (zum Beispiel medizinisches Personal) in Teilnetze untergliedert wird. Unternehmen stehen aktuell vor der Aufgabe, abzuwägen, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Varianten jeweils haben.
Campus-Netze bieten das größte Maß an Verlässlichkeit und Datenhoheit, gehen derzeit aber noch mit hohen Investitions- und Betriebskosten einher.
Der Ausbau einer 5G-Infrastruktur im eigenen Unternehmen eröffnet neue telemedizinische Lösungen, birgt zugleich aber auch das Risiko eines Hacker-Angriffs. Schon heute ist es gerade für Krankenhäuser eine Herausforderung, IT-Sicherheit zu gewährleisten – zahlreiche Angriffe aus dem Netz haben gezeigt, wie verwundbar die IT vielfach ist. Die 5G-Technologie erhöht den Grad der Vernetzung und damit zugleich die Anforderungen an die Cyber-Sicherheit. Daher bedarf es eines verlässlichen Sicherheitskonzeptes, etwa eines Zero-Trust-Modells, mit dem sich niemand ohne Authentifizierung Zugriff zu Informationen verschaffen kann. Ebenso benötigen Unternehmen ein umfassendes Konzept zum Datenschutz. Weitere Fragen ergeben sich in puncto Arzthaftungsrecht und Abrechenbarkeit bei telemedizinischen Leistungen.
„Im Zeitalter von 5G können sich auf Dauer nur Unternehmen behaupten, die mit der technologischen Entwicklung stetig Schritt halten. Daher ist es entscheidend, jetzt schon das Potenzial in den Blick zu nehmen und zu entscheiden, welche Standards der neue Standard im eigenen Haus setzen kann. Daran muss sich der Ausbau der Netzarchitektur orientieren.“
Roland M. Werner
Partner, Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma, PwC Germany
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