Menschen zusammenbringen, Bewusstsein schaffen, Verantwortung übernehmen – darum geht es auch in diesem Jahr beim internationalen Earth Day. Der Aktionstag dient als Plattform für Veranstaltungen auf der ganzen Welt und bietet viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden und aktiv für die Umwelt einzusetzen. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland nimmt den Tag zum Anlass, um auf vier zentrale Defizite bei der nachhaltigen Transformation hinzuweisen.
„Der Earth Day erinnert uns an die Verantwortung, die wir gegenüber unserem Planeten haben. Vieles deutet derzeit aber darauf hin, dass wir dieser Verantwortung in verschiedenen Bereichen noch nicht gerecht werden.“
Ihr Experte für Fragen
Rainer Kroker
Partner, Sustainability Leader bei PwC Deutschland
Tel.: +49 163 344-1240
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Das Tempo der Dekarbonisierung reicht nicht aus, um die Erderwärmung im erforderlichen Maße zu reduzieren. Der Net Zero Economy Index 2022 hat gezeigt, dass die weltweite Dekarbonisierungsrate im Jahr 2021 0,49 % betrug. Um das 1,5-Grad-Ziel zu halten, sind aber mindestens 15,2 % erforderlich. Insgesamt braucht es 77 % weniger Emissionen, um die Pariser Klimaziele zu erfüllen. Mit einer Steigerung von 1,67 % verzeichnete Deutschland 2021 aber einen Negativtrend. Die gute Nachricht: Deutsche CEOs sind mit ihren ESG-Initiativen auf globaler Ebene vergleichsweise ambitioniert. Dem aktuellen CEO Survey zufolge implementieren 81 % der Befragten bereits Maßnahmen, um CO2-Emissionen zu reduzieren oder haben diese sogar schon vollständig umgesetzt. Weitere 77 % entwickeln klimafreundliche Produkte oder haben die Entwicklung bereits abgeschlossen.
Damit eine ganzheitliche, nachhaltige Transformation gelingt, braucht es das Engagement aller Unternehmen – nicht nur das großer Konzerne. Doch die vielen Krisen haben dem Mittelstand in den vergangenen Jahren enorm zugesetzt. Zusatzbelastungen wie eine verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung bringen daher viele dieser Unternehmen an ihre Grenzen. Einer aktuellen PwC-Umfrage zufolge misst nur ein Viertel der mittelständischen Unternehmen die Fortschritte ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen. Und nur ein Drittel verfolgt dabei ESG-Kriterien, weil sie dem eigenen Selbstverständnis entsprechen.
Fakt ist, dass Unternehmen auf belastbare Kennzahlen angewiesen sind, um die Transformation zu meistern und sich an den Klimawandel anzupassen. Nur wer die eigenen Fortschritte kennt, kann auch Defizite identifizieren und aufarbeiten. Um diesen Schritt zu erleichtern, haben wir gemeinsam mit dem WEF das Whitepaper „Accelerating Business Action on Climate Change Adaptation“ veröffentlicht. Darin untersuchen wir nicht nur die Risiken und Chancen, die mit dem Klimawandel verbunden sind – wir stellen auch einen Rahmen für Unternehmen vor, um einen Ansatz zur Klimaanpassung zu entwickeln.
Eine wichtige Erkenntnis unseres Global ESG in Operations Survey: Guter Wille allein genügt nicht, um die Herausforderungen eines nachhaltigen Wandels zu meistern. Wunsch und Wirklichkeit liegen vielerorts noch weit auseinander. So planen zwar 77 % der Befragten bis 2050 das Net-Zero-Ziel für ihre Wertschöpfungsketten zu erreichen. Doch nur ein Drittel der Unternehmen hat bisher umfassende Maßnahmen umgesetzt, um Emissionen zu reduzieren. Die meisten dieser Initiativen konzentrieren sich zudem auf Scope 1 und 2. Nur 21 % der Unternehmen adressieren mit ihren Initiativen auch Scope-3-Dimensionen. Um hier aufzuholen, müssen Unternehmen ihre ESG-Ziele stärker aus der Führungsebene heraus unterstützen – ein Merkmal, das unter ESG-Champions besonders verbreitet ist. Diese Unternehmen befinden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium des Wandels und haben ihre gesamte Wertschöpfungskette hinsichtlich ESG-relevanter Risiken gut im Blick. Allerdings gehören nur rund 6 % aller Unternehmen zu dieser Gruppe.
Laut der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind derzeit mehr als 42.000 Tier- und Pflanzenarten bedroht. Dabei steigen vor allem die klimabedingten Bedrohungen für Meeresarten signifikant an. Um diese Entwicklung zu stoppen, hat sich die Weltgemeinschaft beim 15. Weltnaturgipfel (COP15) auf einen globalen Rahmen für den Erhalt der weltweiten Ökosystem- und Artenvielfalt geeinigt. Um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen, ist aber auch die Wirtschaft zunehmend gefragt. Denn die Umsetzung der Ziele und Vorgaben des Global Biodiversity Frameworks ist auch eine wichtige Voraussetzung, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Biodiversität hängt eng mit dem Klimawandel zusammen – und sollte daher auch von Unternehmen gleichbedeutend mit Aufgaben wie Dekarbonisierung behandelt werden.
Die Warnsignale an der Schnittstelle von Wirtschaft und nachhaltiger Transformation deuten darauf hin, dass nach wie vor große Investitionen notwendig sind, um die Herausforderungen des Wandels zu meistern. Unternehmen sollten sich auf die zentralen Felder der Transformation konzentrieren. Dazu gehört unter anderem die Fähigkeit, Klimarisiken und -chancen stärker in die unternehmerische Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Zugleich wird es wichtiger, Stakeholder mit innovativen Use Cases zu überzeugen, die den Geschäftswert und die Wettbewerbsvorteile des ESG-Wandels sichtbar machen.
In Hinblick auf kommende Regularien müssen Unternehmen darüber hinaus ihre Auswirkungen auf die Biodiversität genauer betrachten. Denn entsprechende Kennzahlen werden nicht nur im Rahmen bestehender Regelwerke wie SFDR, CSRD oder EU-Taxonomie erwartet, sondern auch im Zuge des bereits genannten Global Biodiversity Frameworks stärker gefordert. Zu guter Letzt gilt es den Umstieg auf erneuerbare Energien konsequent voranzutreiben und die Finanzierung – auch über Fördermittel – sicherzustellen. Denn die Energiewende bildet das Fundament für die Dekarbonisierung und damit auch für den Weg zu Net-Zero.