12 Juni, 2017
Der „Private Equity Exit-Report“ von PwC zeigt, dass Finanzinvestoren ihre Beteiligung an deutschen Unternehmen inzwischen deutlich länger halten als noch in den Nullerjahren. Warum das so ist, erklärt Steve Roberts, Leiter Private Equity bei PwC in Deutschland.
Für die jüngste Private Equity-Studie hat PwC sämtliche Exits von Finanzinvestoren bei deutschen Firmen zwischen 2004 und 2017 untersucht. Was sind die wesentlichen Ergebnisse?
Steve Roberts: Finanzinvestoren stoßen Unternehmen in Deutschland heutzutage deutlich später wieder ab, als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Zwischen 2004 und 2009 bleiben hiesige Firmen durchschnittlich nur 3,7 Jahre im Besitz von Private Equity-Gesellschaften. Seitdem liegt die mittlere Haltedauer bei 5,3 Jahren. Setzt sich der Trend fort, werden sich Finanzinverstoren bis 2019 im Schnitt erst nach knapp sieben Jahren von ihren Portfoliounternehmen trennen.
Woran liegt das?
Roberts: Viele Private Equity-Unternehmen haben ihre Strategie seit der Finanzkrise grundlegend geändert. In den Nullerjahren ging es in erster Linie um Finanzoptimierung – etwa über den Leverage-Effekt. Heutzutage versuchen die meisten Private Equity-Manager dagegen, die akquirierten Unternehmen langfristig nach vorne zu bringen. Eine Umfrage, die wir im vergangenen Jahr gemacht haben, stützt diesen Eindruck. Auf die Frage, welche Methoden sie anwenden, um die angestrebten Renditen zu erzielen, nannten neun von zehn Branchenmanagern „operative Verbesserungen“. Daneben werden auch „Buy and Build“-Strategie immer beliebter. Doch nicht immer sind die langen Haltedauern freiwilliger Natur. Durch den Anstieg der Bewertungen und Kaufpreise von Unternehmen in den letzten Jahren, verlängert sich auch der Zeitraum, den Investoren benötigen, um ihre Unternehmen mit der angestrebten Rendite zu veräußern.
Haltedauer im Branchenvergleich: Branchen mit der höchsten bzw. niedrigsten Haltedauer
Ist der Trend zu längeren Halteperioden denn in Deutschland immer noch intakt? Nachdem die 2014 abgestoßenen Unternehmen dem Portfolio ihres jeweiligen Beteiligungsunternehmens im Schnitt 5,8 Jahre angehörten, waren es in den vergangenen beiden Jahren nur noch 4,9 bzw. 5,5 Jahre.
Roberts: Das ist richtig. Allerdings dürfte es sich bei diesem Gegentrend um ein vorübergehendes Phänomen handeln, da das Absinken der durchschnittlichen Haltedauer in erster Linie eine indirekte Folge der niedrigen Zinsen ist. So hat die Kapitalflut manche Private Equity-Fonds zwischenzeitlich in Infrastruktur-Deals getrieben. Viele dieser Assets wurden aber rasch wieder abgestoßen. Zudem nutzten einige Beteiligungsgesellschaften den Immobilien-Boom, um auch in diesem Segment kurzfristige Gewinne zu realisieren. Bei klassischen Firmenübernahmen blieben rasche Exits dagegen die Ausnahme.
Aus der PwC-Studie geht außerdem hervor, dass die Zahl der Exits seit Jahren steigt – und dass vor allem immer mehr Unternehmen in die Hände von strategischen Investoren übergehen. Was hat das zu bedeuten?
Roberts: Die Zahlen sind in der Tat eindrücklich. So gingen seit 2004 insgesamt 53 Prozent aller veräußerten Portfoliofirmen an Strategen. 2015 lag der Anteil sogar bei 65 Prozent. Aus meiner Sicht spricht dies eindeutig gegen den immer noch verbreiteten Vorwurf, Finanzinvestoren würden ihre Unternehmen ausplündern. Stattdessen gelten Private Equity-Fonds heutzutage als aktive Gesellschafter, von denen man weiß, dass sie ihre Unternehmen operativ verbessern. Darum übernehmen strategische Investoren diese Firmen in aller Regel sehr gern.
Steve Roberts
Leiter Private Equity bei PwC Deutschland und auf EMEA-Ebene, PwC Germany
Tel.: +49 69 9585-1950