Petra Raspels über die Bedeutung transparenter Vergütungsstrukturen

Interview: Den Gender Pay Gap überwinden

  • Interview
  • 3 Minuten Lesezeit
  • 06 Mrz 2024

Wie sich Lohnlücken zwischen Frauen und Männern messen lassen, wie sie überwunden werden können und wie eine neue EU-Richtlinie zum Katalysator für gerechte Bezahlung wird: ein Interview mit Petra Raspels, Partnerin und Co-Lead Workforce Transformation bei PwC Deutschland.

Gleiche Arbeit, gleicher Lohn? Obwohl sich die Arbeitswelt zunehmend von traditionellen Rollenbildern verabschiedet, gibt es beim Thema Gehalt starke Unterschiede – Frauen verdienen immer noch häufig weniger als Männer. Neue regulatorische Vorgaben zur Lohntransparenz sollen helfen, den Gender Pay Gap endgültig zu überwinden, setzen Unternehmen aber auch unter Zugzwang. Digitale Technologie kann Abhilfe schaffen.

Frau Raspels, wie finden Unternehmen heraus, ob die durchschnittlichen Gehälter von Frauen im eigenen Betrieb zu niedrig sind – oder anders gefragt, wie evaluieren sie ihre Vergütungsstrukturen wirksam?

Petra Raspels: Unternehmen können ihre Vergütungsstrukturen wirksam überprüfen, indem sie regelmäßige Benchmarks durchführen. Dafür sollten sie sich eine adäquate Vergleichsgruppe hinsichtlich des Umsatzes und der Anzahl der Mitarbeitenden suchen und die eigenen Vergütungsdaten gegen die der Vergleichsgruppe benchmarken. Dadurch können die Vergütungsstrukturen auf Wettbewerbsfähigkeit und Marktüblichkeit überprüft sowie anschließend weiterentwickelt werden.

Was braucht es dazu?

Weil historisch gewachsene Strukturen die Überprüfbarkeit der Vergütungsstrukturen oft erschweren, ist es wichtig, zunächst ein transparentes Vergütungssystem zu etablieren. Es hilft dabei, Diskriminierung zu vermeiden und sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden im Vergleich ein faires Gehalt erhalten.

Ein solches System ermöglicht es zum Beispiel auch, den Anforderungen der neuen EU-Lohntransparenzrichtlinie gerecht zu werden, die objektive und geschlechtsneutrale Vergütungsstrukturen für gleichwertige Arbeit vorschreibt.

Welche Rolle spielt das Entgelttransparenzgesetz in diesem Kontext?

Raspels: Mit dem Entgelttransparenzgesetz wurde bereits vor einigen Jahren ein erster Wurf gestartet, um mehr Gerechtigkeit in der Vergütung zu erreichen. Die neuen EU-Richtlinien sind in nationales Gesetz umzusetzen, damit ist wahlweise mit einem neuen Gesetz oder der Überarbeitung bestehender Gesetze zu rechnen, in denen die EU-Vorgaben entsprechende Beachtung finden. Bereits heute bietet es sich daher an, sein Unternehmen auf die künftigen Offenlegungspflichten vorzubereiten, eine geschlechtsneutrale Bewertung der Vergütungsstrukturen sicherzustellen und die Korrelation zwischen Geschlecht und Einkommen aufzulösen.

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Welche Lösungen gibt es, um Lohngefälle aufzudecken und herauszufinden, wo diese genau liegen?

Raspels: Um Ungleichheit aufzudecken, bietet PwC verschiedene technologische Lösungen an. Zum einen haben wir den Equal Pay Analyzer entwickelt. Mit diesem Tool können Unternehmen ihre Vergütungsstruktur analysieren und Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern identifizieren. Basierend auf dieser Analyse können Unternehmen ihre Vergütungsstrukturen dann überprüfen und anpassen, ebenso wie spezifische Fälle von Gender Pay Gap konkret ausgeglichen werden können (Ausreißeranalyse).

Zusätzlich bietet PwC die EQUAL-SALARY Zertifizierung an, bei der nicht nur die Vergütungsstruktur überprüft, sondern auch die Chancengleichheit im Unternehmen systematisch analysiert wird. Hier arbeitet PwC mit der renommierten Equal Salary Foundation als unabhängigen Dritten zusammen. Die STRATA-Funktionsbewertung erlaubt es zudem, alle Funktionen im Unternehmen anhand von acht Skalen zu bewerten, um historisch gewachsene Strukturen zu überprüfen und geschlechtsneutrale Gehaltsbänder zu implementieren.

Sind die Schwachstellen erst einmal aufgedeckt, kann man sich die Vergütungen der betreffenden Mitarbeitenden genau anschauen und eine Anpassungssystematik entwickeln – das schafft Transparenz.

Wie gehen Unternehmen mit den neuen regulatorischen Herausforderungen um?

Raspels: Zwar sehen wir in dieser Hinsicht noch keinen Boom, aber immer mehr Unternehmen beschäftigen sich mit dem Thema. Vor allem solche, die noch keine wirksamen Vergütungsstrukturen haben oder erkennen, dass sie Nachholbedarf haben. Die Nachhaltigkeits- und HR-Strategie sowie die EU-Lohntransparenzrichtlinie sind dabei die wichtigsten Impulse auf dem Weg zu einer Arbeitswelt, in der geschlechtsspezifische Lohngefälle nicht länger akzeptiert werden.

Inwieweit können Fehlentwicklungen – etwa durch Boni-Ziele – entstehen?

Raspels: Die Entwicklung variabler Vergütungsbestandteile und deren Integration in eine faire Bezahlungsstruktur für alle Geschlechter ist hoch relevant.

Bei der Festlegung der Ziele müssen Unternehmen diese stets mit der Unternehmens- und HR-Strategie verknüpfen, um falsche Anreize zu vermeiden und die Unternehmensziele zu unterstützen. Auch hier empfiehlt sich die Berücksichtigung von messbaren Nachhaltigkeitskriterien.

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Partner, Co-Lead Workforce Transformation, PwC Germany

Tel.: +49 175 4387684

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