Ihr Experte für Fragen
Tomas Rederer
Leiter Management Consulting Financial Services bei PwC Deutschland
Tel.: +49 69 9585-5166
E-Mail
Angesichts wachsender Herausforderungen wie dem Klimawandel oder dem verschärften Regulierungs- und Digitalisierungstempo setzen immer mehr Finanzdienstleister in ihrem Geschäftsprozess auf Outsourcing. Mithilfe von Kooperationen mit internen und externen Dienstleistern sowie mit sogenannten FinTechs (dies sind per Definition Startups aus dem Bereich der Finanzdienstleistungen) können die Institute ihre Effektivität steigern, ihren digitalen und nachhaltigen Wandel vorantreiben sowie externe Expertise und Ressourcen nutzen.
Die aktuelle PwC-Studie „Outsourcing in der Finanzindustrie“ identifiziert und analysiert fünf aktuelle Auslagerungstrends im deutschen Finanzdienstleistungssektor im Kontext des derzeitigen Marktumfelds, sowie der geltenden Rahmenbedingungen für die Branche. Ferner geben unsere Autoren einen Ausblick auf zu erwartende Entwicklungen beim Outsourcing in den nächsten ein bis zwei Jahren.
„Auslagerungen haben bei Finanzinstituten weiter an Bedeutung gewonnen und machen einen wesentlichen Bestandteil einer effektiven Gesamtstrategie aus.“
Rund 95 Prozent der deutschen Institute lagern bereits Prozesse oder Aktivitäten an interne und externe Dienstleister aus. Damit nutzen nahezu alle Institute den Zugriff auf Expertenwissen und die Hebung von Effizienzen durch Anbieter, um sich digitaler und nachhaltiger auszurichten und ihre Wettbewerbsposition langfristig zu stärken. Knapp zwei Drittel der befragten Finanzunternehmen (62 Prozent) wollen der innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre weitere Outsourcing-Vorhaben umsetzen. 2018 waren es erst 54 Prozent.
Angesichts des zu erwartenden Anstiegs an Auslagerungen und den erhöhten regulatorischen Anforderungen rechnen 93 Prozent der Institute mit einem wachsenden Steuerungsaufwand. Ein Drittel der Institute nutzt bereits workflow-basierte Steuerungstools, um wesentliche Schritte des Auslagerungsprozesses zu automatisieren. Ein Drittel der Finanzinstitut, die aktuell kein Steuerungstool im Einsatz haben, plant in ein bis zwei Jahren eine solche Tool zu implementieren.
Das Auslagerungspotenzial wird teilweise noch sehr unterschiedlich eingeschätzt: Während Institute auch weiterhin vor allem standardisierte Funktionen in den Bereichen IT-Dienstleistungen (70 Prozent) sowie in Dateneinkauf und -bereitstellung (43 Prozent) auslagern wollen, rechnen Dienstleister mit Ertragschancen in komplexeren Steuerungsfunktionen wie Know Your Customer und Compliance (je 58 Prozent).
Cloud Services spielen bei der digitalen Transformation der Finanzindustrie eine wesentliche Rolle, da sie großes Potenzial für Einsparungen und Effizienzen bieten. 72 Prozent der Institute sehen Cloud-Dienste als relevante Zukunftstechnologie, gefolgt von Big Data Analytics (61 Prozent) und Robotic Process Automation (49 Prozent), beides Beispiele künstlicher Intelligenz (KI).
Rund 40 Prozent wollen Cloud-Dienste als Software as a Service (SaaS) nutzen, mehr als ein Viertel plant die Umsetzung der Modelle Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a Service (PaaS).
Allerdings sind lediglich fünf Prozent der befragten Kreditinstitute der Ansicht, dass sie bereits über die notwendigen Voraussetzung zur Nutzung innovativer Technologien verfügen. Knapp 70 Prozent sehen ihre eigene IT-Infrastruktur dafür noch nicht oder erst teilweise gewappnet. Dienstleister sind indes zu 80 Prozent in der Lage, neue Technologien zu nutzen.
Mehr als 90 Prozent der befragten Institute sehen ihre wichtigsten Dienstleister als langfristige strategische Partner. Mehr als die Hälfte der Geschäftspartner (57 Prozent) tauscht strukturiert Wissen und Beratung aus und entwickelt bestehende Leistungen weiter.
81 Prozent der Institute wollen mithilfe der Kooperationspartner Kosten sparen, 65 Prozent wollen Expertenwissen und 62 Prozent sind im Begriff, spezialisierte Ressourcen zu nutzen. 58 Prozent der Institute wollen sich wieder auf die eigenen Kernkompetenzen fokussieren.
Spezialisierte Dienstleister im Finanzsektor haben diesen Bedarf erkannt und setzen künftig insbesondere auf die Nutzung innovativer Technologien (78 Prozent), die Steigerung der eigenen Effizienz (70 Prozent) und den Aufbau von Expertenwissen (61 Prozent).
Für jeweils 83 Prozent der Institute und Dienstleister der Finanzwelt spielt das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen bereits eine wichtige Rolle. Für 86 Prozent der Institute ist Nachhaltigkeit bereits Teil der Unternehmensphilosophie – und damit mehr als die Erfüllung regulatorischer Anforderungen.
Mehr als 60 Prozent der befragten Institute sehen externe Anbieter und deren Dienstleistungen als wichtigen bis sehr wichtigen Erfolgsfaktor, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Knapp 90 Prozent der Häuser erwarten, dass Nachhaltigkeitskriterien in den kommenden ein bis zwei Jahren bei Kooperationen mit externen Dienstleistern an Bedeutung gewinnen und bei der Risikobewertung und -analyse stärker berücksichtigt werden.
Um die Wünsche ihrer Kunden nach digitalen Produkten und Services zu erfüllen, investieren Finanzdienstleister zunehmend in den Aufbau interaktiver Kundenportale. Bereits mehr als die Hälfte verfügt über solche Plattformen, auf denen institutseigene und Fremdprodukte angeboten werden.
83 Prozent der Institute gehen davon aus, dass sie auch in den nächsten ein bis zwei Jahren weiter in den Aufbau interaktive Portale investieren werden. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist die Integration von Fremdprodukten, um kundenzentriert und alltagsrelevant zu bleiben.
Die größten Herausforderungen für die Integration sehen beide Seiten in der hohen Komplexität dieser Prozesse sowie in der IT-Sicherheit, im Datenschutz, in inkompatiblen Schnittstellen sowie in den bestehenden kulturellen Unterschieden.
Eine wachsende Nachfrage von Kunden nach Open Banking-Produkten wird dazu führen, dass die Zahl der Kooperationen von Finanzinstituten mit Dienstleistern aus anderen Industrien (nicht-bankfachlich) steigt. Je 70 Prozent der befragten Institute und Dienstleister gehen davon aus, dass die Bedeutung von Open Banking Produkten und Leistungen in den kommenden ein bis zwei Jahren zunehmend wird.
Besonders viel Vertriebspotential sehen Finanzinstitute bei Produkten im Bereich der Vermögensverwaltung (39 Prozent), Altersvorsorge und Versicherungsvermittlung (je 37 Prozent). Dienstleister tun dies auch im Bereich E-Commerce (50 Prozent), Leasing-Produkte (41 Prozent) und Factoring (36 Prozent).
Bislang arbeiten Banken bei Open Banking-Produkten vorrangig mit bankfachlichen Dienstleistern (63 Prozent) und FinTech-Startups (60 Prozent) zusammen. Kooperationen mit nicht-bankfachlichen Anbietern dürften aufgrund des erforderlichen Produkt-Knowhows aber zunehmen, auch wenn die spezifische Regulierung der Finanzindustrie, die Steuerung dieser Anbieter und die unterschiedlichen Unternehmenskulturen dabei als Hemmnisse gesehen werden.
„Auslagerungen entwickeln sich zur Triebfeder der nachhaltigen Neuausrichtung der Finanzinstitute. Dienstleister sind ein wesentlicher Erfolgshebel bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele.“
Für diese Studie wurden 150 Führungskräfte befragt, davon 127 aus dem Bankensektor sowie 23 aus der Dienstleistungs- und der FinTech-Branche.
Head of Financial Services Management Consulting, PwC Germany
Tel.: +49 69 9585-5166