Vorgetäuschte Nachhaltigkeit birgt Risiken

Greenwashing

Geschäftsmann am Tablet
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  • 24 Mrz 2022

Spätestens seit der Veröffentlichung der EU-Taxonomie („Taxonomie-Verordnung VO (EU) 2020/852“) durch die Europäische Union (EU) im Jahr 2020 erlangten die sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance bzw. Umwelt, Soziales und Governance) bei Unternehmen und Investoren breite Aufmerksamkeit. Sinn und Zweck der ESG-Kriterien ist es, einen standardisierten rechtlichen Rahmen für nachhaltiges unternehmerisches Handeln zu bilden. Der Gesetzgeber hat dabei neben Umwelt- und Klimaschutz auch soziale Aspekte sowie gute Unternehmensführung erfasst. Für viele Unternehmen ist klar: Umfassende Nachhaltigkeit entscheidet über den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg.

Vor diesem Hintergrund gab es in den letzten Jahren jedoch immer mehr Schlagzeilen über Unternehmen, die Stakeholder und Verbraucher durch sogenanntes „Greenwashing“ in die Irre geführt haben und dadurch negativ in den Fokus globaler Medien gerückt sind. Unternehmen versuchten sich hierbei – oftmals mit gezielter Werbung und PR-Maßnahmen – als besonders nachhaltig darzustellen, anstatt tatsächlich nachhaltige Akzente zu setzen. Vor allem der Anteil von „grünen“ Unternehmen in angeblich besonders umweltfreundlichen Finanzanlagen gewinnt enormen Zuwachs und erhöht damit die Gefahr von Greenwashing.

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Ein schmaler Grat zwischen Aufhübschen und Irreführung

Immer mehr Unternehmen sind in Fonds gelistet, die mit Schlagwörtern wie „ESG“ und „sustainable“ betitelt werden. Um bei Investoren als umweltschonend und klimafreundlich zu gelten, nehmen sie es mit den Begriffen und ihrer Auslegung jedoch nicht so genau. Nachhaltigkeit steckt oftmals lediglich im Namen, wie eine neue Studie zeigt: Von 2.000 untersuchten Fonds betiteln sich 650 selbst als „nachhaltig“. Davon sind jedoch gerade einmal 104 gänzlich unbelastet von Abweichungen zu ESG-Kriterien.

Ein Fall von ESG-Fraud liegt in diesem Fall dennoch nicht vor, da derartiges „Labeling“ EU-rechtlich nicht verboten ist. Dies liegt vor allem an einer Gesetzeslücke der EU-Taxonomie: Einem Unternehmen mit EU-Bezug ist es erlaubt, Nachhaltigkeitskriterien selbst zu definieren. Bei transparenter Offenlegung dürfen sich diese Unternehmen dementsprechend benennen. Weitere Fälle von Greenwashing treten auf, wenn beispielsweise den Handlungen und der Einhaltung der Vorschriften des eigenen Unternehmens und derer in der Lieferkette nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Drohende Reputationsverluste und verminderte Unternehmenswerte

Die oft schwerwiegenden Folgen von Greenwashing für Unternehmen bleiben jedoch in allen Szenarien identisch. Wenn der grüne Anstrich bröckelt, sich nachhaltige Produkte als gar nicht so nachhaltig herausstellen, und Unternehmen offensichtlich ihrer Verantwortung nicht nachkommen, droht ein massiver Reputationsverlust bei Aktionären und Konsumenten. Viele Unternehmer unterschätzen die einhergehenden negativen Auswirkungen auf den Unternehmenswert.

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, das Risiko von Greenwashing im Geschäftsmodell und im Betrieb zu berücksichtigen, um potenzielle Risiken frühzeitig abwägen und minimieren zu können. Dabei sollte das Augenmerk auch auf den zunehmend komplexeren, globalen Netzwerken aus Lieferanten und Geschäftspartnern liegen. Eine Vielzahl von Vorschriften macht Unternehmen nämlich nicht nur für ihre eigenen Handlungen verantwortlich, sondern auch für die ihrer Vertragspartner.

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Greenwashing und entsprechenden Vorwürfen effektiv vorbeugen

Eine solide Unternehmenssteuerung ist unerlässlich, um Reputationsrisiken zu minimieren, die sich aus Greenwashing und den damit verbundenen Vorwürfen ergeben. Grundsätzlich gilt es, vorhandene Prozesse und Kontrollen zur Verhinderung von Greenwashing zu überprüfen. So lässt sich feststellen, wie wirksam diese den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens und dessen Reputation in der Öffentlichkeit schützen. Zudem sollten relevante Geschäftspartner wie Hauptlieferanten überprüft werden, um Risiken in Bezug auf wirtschaftliche Ausbeutung, Umweltverstöße, Verstöße gegen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften sowie Menschenrechtsverletzungen frühzeitig zu erkennen, die bei unwissentlichem Auftreten potenziell einen erheblichen Reputationsschaden verursachen.

„Greenwashing“: Keine Industrie sicher

Der gesellschaftliche Nachhaltigkeitstrend motiviert Unternehmen sich für ethische und umweltbewusste Verbraucher:innen und Investoren attraktiv darzustellen. Innerhalb der Gesellschaft wächst hingegen die kritische Beurteilung von „grünen“ und „nachhaltigen“ Bezeichnungen und Labels sowie die Wahrnehmung dafür, dass das was zuvor lediglich als verwerfliche Marketingstrategie erschien, als „Greenwashing“ zunehmend rechtlich geahndet werden kann.

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