Die Materialwirtschaft, welche Beschaffung, Verarbeitung und Verteilung von Rohstoffen und Materialien umfasst, spielt eine zentrale Rolle in europäischen und globalen Lieferketten. Sie bildet das Fundament für die nachgelagerte Produktion von Erzeugnissen und Materialien wie Metallen, Chemikalien, Papier oder Verpackungen.
Doch die Erschließung, der Abbau und die Förderung der Ressourcen sind nicht unproblematisch – Experten schätzen, dass mehr als die Hälfte aller Treibhausgas- (THG-) Emissionen im Zusammenhang mit der Materialwirtschaft stehen. Laut dem „Global Resources Outlook“ der Vereinten Nationen ist die globale Ressourcennutzung seit 1970 von 30 auf 106 Milliarden Tonnen pro Jahr angestiegen, was den globalen Ressourcenbedarf verdeutlicht. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, gehen Experten davon aus, dass die THG-Emissionen bis 2060 auf etwa 50 Gt CO₂-Äquivalente ansteigen. Zudem ist der „Earth Overshoot Day“, der Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht hat, die die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann, auf den 1. August 2024 gefallen – einer der frühesten Tage seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1971 (Quelle: Global Footprint Network).
Angesichts des wachsenden Ressourcenbedarfs und der steigenden Emissionen steht der Materialsektor unter Druck, schnell zielführende Maßnahmen einzuführen. Der Einbezug von Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und die Entwicklung langlebiger und flexibel nutzbarer Produkte und Materialien bieten eine Chance, den Materialsektor nachhaltig zu transformieren und zur Gestaltung nachhaltiger Gesellschaften beizutragen.
In unserem gemeinsamen Whitepaper mit SDiD.eu und dem Wuppertal Institut zeigen wir aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen auf, identifizieren mögliche Ansatzpunkte in der Wertschöpfungskette und beleuchten deren Potenzial anhand von Praxisbeispielen. Anknüpfend hieran stellen wir Aktionsfelder mit konkreten Handlungsempfehlungen für Unternehmen vor, die sie dabei unterstützen können, sich mit den Möglichkeiten der Circular Economy auseinanderzusetzen.
Ihr Experte für Fragen
Emanuel Chibesakunda
Partner, Sustainability Services bei PwC Deutschland
Tel.: +49 175 3516769
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Der Materialsektor mit seinen unterschiedlichen Subsektoren steht vor mehreren aktuellen Entwicklungen, die sowohl Chancen als auch komplexe Anforderungen mit sich bringen. Technologische Innovationen haben auch im Materialsektor Einzug gehalten: Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), Internet of Things (IoT) und Blockchain kann zur Optimierung und Transparenz der Lieferketten beitragen. Diese Technologien helfen, die Effizienz zu steigern, den Materialfluss zu überwachen und die Rückverfolgbarkeit zu verbessern.
Das Thema Nachhaltigkeit stellt jedoch viele Unternehmen des Materialsektors vor Herausforderungen: Die Entwicklung wirtschaftlich tragfähiger und nachhaltiger Geschäftsmodelle erfordert hohe Anfangsinvestitionen, insbesondere um entsprechende Technologien zu implementieren. Zudem stellt der Wettbewerb mit billigen Primärmaterialien eine erhebliche Herausforderung dar. Recycelte Materialien sind oft teurer als Primärmaterialien, was nachhaltige Geschäftsmodelle weniger wettbewerbsfähig macht.
Im Materialsektor finden einige der energie- und emissionsintensivsten Produktionsprozesse statt. Eine Studie des „Thinktank Beyond Zero Emissions“ zufolge ist die Zementherstellung für etwa 8 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Auch im Chemiesektor arbeiten interdisziplinäre Teams und Wissenschaftler an der Dekarbonisierung der Produktion. Eine im „Nature“-Magazin veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass das Haber-Bosch-Verfahren für etwa 1,4 % der weltweiten CO₂-Emissionen und etwa 1 % des globalen Energieverbrauchs verantwortlich ist. Das Produktionsverfahren zur Ammoniaksynthese ist jedoch unverzichtbar, da ein Großteil der weltweiten Düngemittel- und Chemieproduktion auf synthetischem Ammoniak beruht. Die Bergbau- und Metallindustrie ist ebenfalls CO₂- und energieintensiv; etwa 8 % der globalen CO₂-Emissionen sind diesem Subsektor des Materialsektors zuzuordnen. Durch die Reduktion der Emissionen mittels klimafreundlicherer Produktionsverfahren und der Erhöhung der Recyclingquoten können die globalen Emissionen reduziert werden.
Aufgrund der emissions- und energieintensiven Produktion gibt es weltweit Bestrebungen, die Emissionen des Materialsektors zu verringern. Im Fokus stehen daher Kreislaufwirtschaftsstrategien, um sowohl die zunehmend knapperen Primärrohstoffe als auch die stetig wachsende Nachfrage langfristig und wirtschaftlich bedienen zu können.
Auf EU-Ebene ist insbesondere der EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft hervorzuheben. Für Metallerze und nicht-metallische Mineralien soll die Circular Material Use Rate (CMU) bis 2030 auf etwa 23 % verdoppelt werden. Langfristig will die EU damit die Versorgung und Verarbeitung strategisch wichtiger Rohstoffe in Europa sicherstellen, wie es auch im Critical Raw Materials Act vorgesehen ist. Unternehmen müssen damit rechnen, dass sich die entsprechende Regulatorik in Zukunft weiter verschärft.
Angesichts alarmierender CO₂-Emissionen und zunehmend strengerer Gesetzgebung sind alleinige Maßnahmen zur Reduktion von CO₂-Emissionen und Energieverbrauch nicht ausreichend. Vielmehr muss der Materialsektor seine Rohstoff-, Abfall- und Energiekreisläufe dokumentieren und schließen. Erst in Kombination mit einem konsequenten Cradle-to-Cradle-Ansatz können neue Herstellungsprozesse und Wertschöpfungsketten ihr volles Potenzial entfalten. In unserem Whitepaper beleuchten wir den aktuellen Stand des Materialsektors in Bezug auf zirkuläre Geschäftsmodelle, die Möglichkeiten zur Nutzung für den Klimaschutz und die Herausforderungen, die auf diesem Weg noch bestehen.