26 November, 2019
Ein Interview mit Friederich von Hurter und Filip Debevc. Digitalisierung und Big-Data-Anwendungen verändern nahezu alle Branchen fundamental. Private-Equity-Investoren müssen darauf reagieren, um signifikante Wertsteigerungen zu erzielen.
Im Gespräch erläutern Friedrich von Hurter, Partner M&A-Integration bei PwC Deutschland, und Filip Debevc, Senior Manager im Bereich Deals bei PwC Deutschland, ihre Sicht auf die aktuellen Entwicklungen – und welche Value-Creation-Strategien sie für am besten geeignet halten.
Big Data und die Digitalisierung sind die prägenden Megatrends unserer Zeit. Inwiefern verändern sie die Betriebsmodelle von Unternehmen?
Friederich von Hurter: Unternehmen setzen für die Wertschöpfung zunehmend direkt beim Kunden und seinem individuellen Bedürfnis an – also beim Produkt oder bei der Dienstleistung, für die Kunden bezahlen wollen. Die neuen, digitalen Technologien erfordern länderübergreifende Betriebsmodelle, die weit über eine Preisoptimierung hinausgehen.
Filip Debevc: Außerdem fallen Cost-Center mehr und mehr weg, Organisationen denken nicht länger in einzelnen Funktionen. Stattdessen arbeiten Menschen funktionsübergreifend an Produkten und Services. Kostenfriktionen und bestimmte Risikopositionen entfallen dadurch.
Immer häufiger ist am Markt zu beobachten, dass Private-Equity-Unternehmen mit strategischen Käufern zusammenarbeiten. Woran liegt das?
Debevc: Private-Equity-Investoren verfügen derzeit über viel Kapital – das allerdings häufig ungenutzt bleibt. Gleichzeitig werden attraktive Übernahmeziele seltener. Diese Kombination hat einen zunehmend harten Wettbewerb zur Folge. Daher lohnt es sich bei Investments, beide Ansätze zusammenzubringen: den Fokus der Private-Equity-Investoren auf Wertschöpfung und die tiefe Branchenkenntnis der strategischen Käufer.
Wie gelingt Investoren denn Wertschöpfung im digitalen Zeitalter?
Debevc: Eines ist ganz klar: Traditionelle Strategien wie „Pay and Pray“ funktionieren nicht mehr. Es reicht heutzutage nicht mehr aus, einfach Geld zu investieren und darauf zu hoffen, dass sich die Geschäfte künftig gut entwickeln.
Was schlagen Sie stattdessen vor?
von Hurter: Um Chancen für substanzielle Wertgenerierung zu erkennen, müssen Private-Equity-Unternehmen kreativer werden und näher an ihre Beteiligung rücken. Buy-and-build-Strategien sind dafür sehr geeignet, und wir beobachten sie zunehmend. Zwei oder mehr Unternehmen zusammenzuführen bringt, in Kombination mit klassischen Kostensynergien, häufig eine große Wachstumsdynamik. Zudem kann dadurch in Kombination auch eine kritische Größe erreicht werden, die Voraussetzung für einen Börsengang ist. Eine weitere Exit-Option kann zu einem erhöhten Veräußerungserlös führen.
Debevc: Digitale Tools und Big Data erlauben eine sehr schnelle Wertschöpfung bei zusammengeführten Unternehmen. Mit Hilfe solcher Tools lassen sich etwa viel stärker als bislang Erkenntnisse über Kunden gewinnen, ihre Bedürfnisse antizipieren und Produkte entwickeln oder kombinieren, die einen maximalen Kundennutzen bieten. Kurz: Ausgehend vom Kunden lassen sich vertikal integrierte Organisationen schaffen.
Unter welchen Voraussetzungen kann dies gelingen?
von Hurter: Ich bin überzeugt, dass eine veränderte Betrachtungsweise in der Due Diligence dafür entscheidend ist. Die reine Betrachtung der vergangenen Entwicklung reicht nicht mehr aus. Man muss die künftigen Möglichkeiten viel stärker in den Blick nehmen und Möglichkeiten der Wertgenerierung identifizieren – schon sehr lange vor dem Investment. Entscheidend ist der ganzheitliche Blick auf Finanzen, Betriebsmodell, steuerliche und rechtliche Fragen, die Strukturierung sowie das künftige Potenzial.
„Der Wert eines Unternehmens kann heute maßgeblich von Umfang und Gehalt vorhandener Daten bestimmt sein, und dies unabhängig von traditioneller Industriezugehörigkeit.“
Inwiefern spielen neue Technologien dabei eine Rolle?
Debevc: Eine derart erweiterte Due Diligence umfasst auch umfangreiche Big-Data-Analysen. Nicht nur, um die vergangene Entwicklung besser zu verstehen, sondern auch, um künftige Strategien und Betriebsmodelle datengestützt zu entwickeln. Einzelne - vor allem aber – künftige Werttreiber lassen sich durch eine umfassende Datenanalyse besser identifizieren.
Können Sie diesen Prozess einmal näher beschreiben?
Debevc: Im Idealfall haben die verkaufenden Unternehmen bereits umfassende Daten aufbereitet. Potenzielle Käufer führen anschließend eine Big-Data-Analyse durch, etwa zu Verkaufs- oder Kundendaten oder zu Einkaufsprozessen. Fest steht: Heutzutage geschehen Transaktionen unter hohem Zeitdruck.
„Digitale Tools können helfen, möglichst schnell einen ganzheitlichen, verlässlichen Blick auf ein Übernahmeziel zu gewinnen.“
Mit welchen zukünftigen Entwicklungen rechnen Sie?
von Hurter: Die Digitalisierung und die Virtualisierung von Geschäftsprozessen werden zunehmen. Unternehmen und Branchen konzentrieren sich zunehmend auf Effizienz- und Umsatzsteigerungen außerhalb ihrer angestammten Branche oder Produktspektrums. Außerdem werden wir die schnelle Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sehen, zunächst noch parallel zu traditionell aufgebauten Organisationen. Letztlich werden Unternehmen aber nicht länger reine Produkt- oder Handelsgesellschaften sein, sondern die gesamte Wertgenerierung für ein Kundenbedürfnis in den Blick nehmen.
Welche Rolle spielen dabei Buy-and-build-Strategien?
von Hurter: Unternehmen werden mehr und mehr auf das eingangs angesprochene Wachstumsmodell umsteigen. Akquisitionen beschleunigen diese Transformationsprozesse, und Buy-and-build-Strategien sind dafür ein guter Wegbereiter. Wir werden diese deshalb noch deutlich häufiger sehen – zumal sie Private-Equity-Investoren zusätzliche Exitoptionen bieten.
Friederich von Hurter ist Partner im Delivering Deal Value Team von PwC Deals. Friederich berät Private-Equity-Unternehmen sowie Corporate-Kunden bei komplexen transformatorischen Projekten im Rahmen von Transaktionen. Dabei fokussiert sich Friederich auf M&A-Integrationen, Carve-outs sowie auf die operative Beratung bei Value-Creation-Projekten.
Filip Debevc ist Director im Delivering Deal Value Team von PwC Deals. Filip betreut Private-Equity-Unternehmen sowie Corporate-Kunden bei operativen Fragestellungen im Laufe einer Transaktion. Filip berät Kunden bei der Durchführung von Carve-outs und M&A-Integrationen sowie bei Value-Creation-Projekten.