Während Wohnraum in den Großstädten immer teurer wird, drohen einige ländliche Gebiete zu entvölkern. Dies betrifft nicht nur, aber vor allem Regionen im Osten Deutschlands. Wie lässt sich dieser Entwicklung entgegenwirken? Die Studie „Zukunftschancen für den ländlichen Raum. Potentiale erkennen – Handlungsansätze gestalten“ benennt die drängendsten Probleme in den ländlichen Regionen Deutschlands und zeigt Lösungen auf.
Die Untersuchung berücksichtigt alle 401 kreisfreien Städte beziehungsweise Landkreise Deutschlands. Sie erläutert,
Rund ein Drittel der deutschen Bevölkerung lebt im ländlichen Raum. Doch immer mehr Frauen und Männer wandern aus diesen Gebieten ab: Die Studienautoren rechnen insbesondere bei dünn besiedelten Regionen im Osten Deutschlands mit Bevölkerungsverlusten von mehr als 10 Prozent bis zum Jahr 2030. Gleichzeitig wächst die Bevölkerung in den Städten, insbesondere in der Gegend um München (Landkreis München +11 Prozent, Landkreis Dachau +12,6 Prozent bis 2030). Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, droht ländlichen Gebieten eine Verschlechterung der Lebensbedingungen, weil soziale und technische Infrastruktur in Zukunft immer stärker rückgebaut wird.
„In weiten Teilen Ostdeutschlands sind bis 2030 Bevölkerungsverluste von mehr als zehn Prozent zu erwarten.“
Als weitere Chance, die Attraktivität von ländlichen Gebieten als Wohnort zu steigern, gilt den Studienautoren die fortschreitende Digitalisierung: Da sich Arbeitsformen wie Homeoffice zunehmend durchsetzen, wird die Anwesenheit im Büro schon heute und in Zukunft immer seltener erforderlich. Eine wesentliche Voraussetzung für attraktivere Lebensbedingungen auf dem Land und damit die Zukunft dieser Regionen ist allerdings die Verfügbarkeit von Breitbandinternet. Hier bestehen vor allem in ländlichen Regionen noch große Defizite: In den Großstädten haben im Durchschnitt bereits rund 94 Prozent der Haushalte Zugang zu Internetanschlüssen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 MBit pro Sekunde. In dünn besiedelten Kreisen sind es dagegen nur 68,5 Prozent.
Bei der Höhe des Bruttoinlandsproduktes (BIP) pro Kopf bestehen große Unterschiede zwischen Stadt und Land: Das BIP je Einwohner liegt in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen mit 29.125 Euro nur bei 56,5 Prozent des Niveaus der Großstädte. Ebenfalls unterschiedlich entwickelt ist die Produktivität zwischen neuen und alten Bundesländern: Im Westen erwirtschaftet jeder Bundesbürger im Schnitt 40.207 Euro, im Osten lediglich 29.442 Euro.
Ein häufiger Grund für die mangelnde Attraktivität und damit die Abwanderung von Frauen und Männern aus einer Region sind fehlende Arbeitsplätze. Arbeitslosigkeit ist allerdings kein generelles Problem ländlicher Räume, sondern betrifft bestimmte Gegenden: So ist die Arbeitslosenquote in Gelsenkirchen mit 14 Prozent deutschlandweit am höchsten. Auch in anderen Städten des Ruhrgebiets ist die Erwerbslosenquote überdurchschnittlich hoch, ebenso in Bremerhaven (13 Prozent). Ländliche Gegenden wie die Uckermark sind ebenfalls stark von dieser Entwicklung betroffen. In Bayern dagegen ist die Arbeitslosigkeit sowohl in den Städten als auch auf dem Land durchweg niedriger (im Landesdurchschnitt weniger als 3 Prozent).
Deutlich sind die Unterschiede zwischen Stadt und ländlichen Gebieten bei der Verteilung der Arbeitnehmer mit Hochschulabschluss: Während in dünn besiedelten ländlichen Regionen der Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit Hochschulabschluss im Durchschnitt bei weniger als zehn Prozent liegt, ist deren Anteil in den Großstädten mehr als doppelt so hoch.
Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen, erzielbares Einkommen, Kinderbetreuung, Lebensqualität – von diesen Aspekten hängt ab, wie attraktiv ein Wohnort ist und ob sich Menschen für ihn entscheiden. Wichtig für die Attraktivität einer Gegend ist aber auch, ob ausreichend bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist.
Dabei stellen die Studienautoren folgende Entwicklung fest: Die Preise für Bauland sind zwischen 2010 und 2017 in den Großstädten deutlich schneller gestiegen als in kleineren Städten und ländlichen Gegenden, in den kreisfreien Großstädten sogar um mehr als das Doppelte (104 Prozent).
Mit einem durchschnittlichen Kaufpreis von 673,82 Euro pro Quadratmeter kostet Bauland in Großstädten fast fünfmal so viel wie im Durchschnitt der üblichen Regionen – und fast zehnmal so viel wie in dünn besiedelten ländlichen Kreisen.
Für die Lebensqualität in einer Region spielen die medizinische Versorgung und ihre Förderung ebenfalls eine entscheidende Rolle. Im Regionenvergleich standen im Jahr 2015 in Großstädten mit Abstand die meisten Ärzte zur Verfügung; am geringsten war die Ärztedichte in dünn besiedelten ländlichen Regionen und kam nur auf 62,4 Prozent des Versorgungsniveaus in den Großstädten. Im Jahr 2015 kamen auf 100.000 Einwohner in
In der Pflege ist der ländliche Raum dagegen vergleichsweise gut aufgestellt: Bezogen auf die Bevölkerung über 75 Jahre gibt es dort die meisten Pflegekräfte je Einwohner.
Wo gibt es mehr Beschäftigte in MINT-Berufen: in Erlangen oder Jena? Und ist die Breitbandverfügbarkeit in Berlin oder Bayreuth besser? Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund um Wirtschaft, Bevölkerung und Infrastruktur gibt Ihnen unser Datenbank-Tool, mit dem Sie folgende Indikatoren für alle 401 Landkreise und kreisfreien Städte abfragen können:
Außerdem können Sie mit dem Tool je zwei Städte miteinander vergleichen. Und um eine der Antworten schon einmal vorwegzunehmen: In Bayreuth ist die Breitbandverfügbarkeit besser als in Berlin (98 Prozent gegenüber 94 Prozent).
Partner, Leiter Öffentlicher Sektor, Strategy&, PwC Germany
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