Robotermarkt trotzt Pandemie

04 Mrz 2021

Der chinesische Robotermarkt hat sich 2020 überraschend gut entwickelt. Trotz des strengen Lockdowns im Februar und März konnte er mit Blick auf das Gesamtjahr das Niveau von 2019 halten. Ausländischen Anbietern von Robotik- und Automationslösungen bietet der Markt vor allem kurz- und mittelfristig Chancen in einem global herausfordernden Umfeld.

Wie positiv das Jahr 2020 verlaufen würde, war im Frühjahr keineswegs absehbar, denn ausländische Anbieter von Produktionstechnologie, die in den letzten Jahren eine Präsenz im Land aufgebaut hatten, sahen sich bereits 2019 mit einem herausfordernden Umfeld konfrontiert. Der Handelskonflikt mit den USA dämpfte die Nachfrage und interne Faktoren senkten die Bereitschaft der Unternehmen zu investieren. Bereits vor COVID-19 waren die Autoverkäufe auf dem größten Markt der Welt zum ersten Mal seit 1990 in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zurückgegangen. Entsprechend wurden 2019 erstmals auch weniger Industrieroboter verkauft als im Vorjahr, nachdem sich die Zahl von 2010 bis 2018 versiebenfacht hatte. Für viele ausländische Unternehmen, die in diesem Markt nur Wachstum erlebt hatten, war das eine völlig neue Erfahrung.

Lichtblick für globale Branche

Anfang 2021 steht die chinesische Volkswirtschaft im Vergleich zu den meisten anderen Regionen der Welt ausgezeichnet da. Einige Sektoren haben sich seit April 2020 besonders im Vergleich zum Vorjahr sogar überraschend gut entwickelt und wachsen weiterhin dynamisch. 

Die Gründe für die zunehmende Zahl von Roboterverkäufen in den letzten drei Quartalen des vergangenen Jahres waren zunächst Nachholeffekte als Reaktion auf den Absturz zu Jahresbeginn, aber auch auf aufgeschobene Investitionen aus den Vorjahren. So hatte etwa der Marktführer, das japanische Unternehmen Fanuc, unmittelbar vor dem Ausbruch des Virus von einem wieder anziehenden Geschäft mit Verkäufen im Automobilbereich berichtet. Als Wachstumstreiber erwies sich vor allem der Einsatz von Robotern in der Fertigung von Elektronikkomponenten und von Batterien. Starke positive Impulse gingen auch aus von Investitionen in die automatisierte Fertigung von 5G-fähigen Smartphones und Netzwerkausrüstung oder Wearables – vorrangig Smartwatches und Kopfhörer.

Pandemie selbst trieb die Nachfrage nach Robotern

Auch die Pandemie selbst trieb die Nachfrage nach Robotern. So veranlassten inländische Reisebeschränkungen, weswegen viele Arbeiter bis weit ins Frühjahr in ihren Heimatprovinzen festsaßen, auch Unternehmen, die bisher eher wenig automatisiert hatten, sich stärker mit Automatisierung zu befassen und in Roboter zu investieren. Die chinesische Presse berichtete auch vom Einsatz von Robotern zum Desinfizieren, bei der Auslieferung von Essen oder an der Rezeption von Krankenhäusern. Wegen der hohen Anforderungen an die autonomen Fähigkeiten von Robotern in solch dynamischen Umgebungen rät Stieler bei der Einschätzung der Alltagstauglichkeit speziell der beiden letztgenannten Anwendungen allerdings zu Vorsicht.

Für die erste Hälfte des Jahres 2021 erwartet die Stieler Technologie- und Marketing-Beratung ein robustes Wachstum, getrieben von weiteren Investitionen in den Bereichen Kommunikations- und Konsumentenelektronik, Halbleiter, Automotive Electronics, Batteriefertigung, Fotovoltaik und Medizintechnik.

Massive Investitionen

Im Rahmen seiner Marktbeobachtungen hat das Team von Stieler in Shanghai 392 Unternehmenstransaktionen analysiert, die in den ersten sieben Monaten 2019 und 2020 in der globalen Robotikbranche stattfanden.

Wie zu erwarten gingen die weltweiten Investitionen in Robotikunternehmen von Januar bis Juli 2020 angesichts der COVID-19-Pandemie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um über 60 Prozent zurück. Die USA blieben mit mehr als 53,8 Prozent das Ziel mit den meisten Investitionen. China gewann 2020 an Bedeutung, in den ersten sieben Monaten wurden 30,8 Prozent der Investitionen dort getätigt. Dieser Trend setzte sich gegen Ende des Jahres fort. Im vierten Quartal gab es allein bei fünf Robotik-Startups Finanzierungsrunden in der Größenordnung von umgerechnet zwischen 55 und 152 Millionen Euro. Solche Summen sind in Europa in diesem Bereich eher selten.

Die traditionellen Stärken Europas und Japans bei Industrierobotern und Automatisierung spiegeln sich kaum in Investitionen in neue Bereiche der Robotik wider. Das sollte für Unternehmen und Politik ein Anlass zu handeln sein.

 

Georg Stieler
Tel.: +86 21 6249-6806
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Über den Autor 

Georg Stieler hat 2011 die Shanghaier Niederlassung der Stieler Technologie- und Marketing-Beratung gegründet und leitet sie vor Ort. Mit seinem chinesischen Team berät er ausländische Lieferanten und Anwender von Unternehmenssoftware, Robotern, Sensoren und CNC-Systemen sowie Startups in der Region.

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