31 August, 2022
In dieser Rubrik informieren wir Sie über aktuelle Entwicklungen in Brasilien, Zypern und den USA.
Von Nicole Noschan und Christoph Richter. Am 12. April 2022 bekräftigte das brasilianische Wirtschaftsministerium den Vorsatz des Landes zur vollständigen Umsetzung des Fremdvergleichsgrundsatzes in seinen Verrechnungspreisregeln, um das derzeitige System an die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien anzupassen. Dieser Schritt ist Teil von Brasiliens übergeordnetem Plan der OECD beizutreten, der offiziell mit dem Beitrittsantrag des Landes im Mai 2017 begonnen hatte.
Die Angleichung der brasilianischen Verrechnungspreisregeln an die Richtlinien der OECD – die beispielsweise zur Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Erleichterung des freien Kapitalverkehrs dienen könnten – ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft des Landes in der OECD. Obwohl sich Brasilien seit 2018 aktiv um die Erfüllung dieser Anforderungen bemüht, sind die Verrechnungspreis- und Steuerreformen immer wieder ins Stocken geraten. In diesem Jahr hat die OECD jedoch nach echten Fortschritten in diesen Reformbemühungen damit begonnen, die Kandidatur Brasiliens formell zu prüfen und folglich die Gemeinsamkeiten zwischen ihren Ansichten über die Besteuerung abzubilden.
Daraufhin schlug Brasilien umfangreiche Verbesserungen seiner Vorschriften vor, die in einer gemeinsamen Bewertung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem brasilianischen und dem OECD-Rahmenwerk dokumentiert und präsentiert wurden. So hat sich das Land zu einer klaren Einbeziehung des Fremdvergleichsgrundsatzes bereit erklärt. Dies umfasst z. B. die Umsetzung des dreistufigen OECD-Dokumentationsansatzes, der von der OECD-anerkannten TP-Methoden, der Erweiterung des Konzepts der Vergleichbarkeit, einer strukturierten Definition von immateriellen Gütern und einem Rechtsrahmen, der an die wirtschaftliche Realität angepasste Safe-Harbor Regelungen vorsieht.
Obwohl Brasilien mit dem Entwurf des Gesetzes ein hohes Tempo vorzulegen scheint, könnte argumentiert werden, dass die Zukunft des Projekts dennoch ungewiss ist. Es ist davon auszugehen, dass es einige Zeit dauern wird, bis die neuen Verrechnungspreisregeln vollständig implementiert werden, da die tatsächliche gesetzgeberische Umsetzung in Brasilien bislang keine hohe Priorität in den steuerlichen Gesetzgebungsprozessen zu haben scheint.
Von Sebastian Kleine. Am 30. Juni 2022 hat das zyprische Repräsentantenhaus ein umfassendes Maßnahmenpaket mit neuen Verrechnungspreisvorschriften sowie der Möglichkeit zur Einleitung eines formellen Advance Pricing Agreement (APA)-Verfahrens verabschiedet. Die Regelungen treten bereits ab dem 1. Januar 2022 in Kraft.
Neue Dokumentationspflichten
Ab dem Steuerjahr 2022 müssen steuerlich in Zypern ansässige Personen und Betriebsstätten von nicht in Zypern steuerlich ansässigen Personen eine Verrechnungspreisdokumentation erstellen. Dies erfolgt in der international üblichen Form eines Local Files und eines Master Files, wenn der Steuerpflichtige hiervon nicht ausgenommen ist. Während die Gesetzgebung grundsätzlich vorsieht, dass die Steuerbehörden Leitlinien für den erforderlichen Inhalt des Local Files und Master Files herausgeben, wird jedoch erwartet, dass sich diese weitgehend an den Inhalten der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien orientieren.
Einführung eines APA-Verfahrens
Des Weiteren wird ein formelles Programm für Vorabverständigungsverfahren (APA) eingeführt. Nach den erlassenen Vorschriften prüft das CTD den Antrag, wobei innerhalb von zehn Monaten eine Entscheidung getroffen werden soll (eine Verlängerung der Frist auf 24 Monate ist möglich). Die Verordnungen sehen zudem vor, dass die Gültigkeit eines APA grundsätzlich vier Jahre nicht überschreiten darf.
Von Sebastian Kleine. Das Advance Pricing and Mutual Agreement (APMA)-Programm des United States Internal Revenue Service (IRS) hat am 22. März 2022 den 23. jährlichen Bericht über Advance Pricing Agreements (APA) veröffentlicht.
Steigende Anzahl an APA-Anträgen in den USA
Die Zahl der eingereichten APA-Anträge deutet dabei auf ein anhaltend starkes Interesse der Steuerzahler an der Verfolgung von APAs hin. So stieg die Zahl der eingereichten APA-Anträge für 2021 auf 145 gegenüber 121 APA-Anträgen im Jahr 2020. Ein anhaltend großes Interesse an bilateralen APAs bestand mit Japan (33 Prozent), Indien (16 Prozent) und Kanada (10 Prozent), die zusammengenommen 59 Prozent aller eingereichten bilateralen APAs ausmachen.
Rückgang abgeschlossener APAs und längere Bearbeitungszeiten
Daneben stellt der Bericht fest, dass zum Jahresende 2021 insgesamt 124 APAs (98 bilaterale, ein multilaterales und 25 unilaterale) abgeschlossen wurden. So liegt im Vergleich zu 2020 mit 127 abgeschlossen APAs ein leichter Rückgang vor. Von den 124 abgeschlossenen APAs waren ca. 37 Prozent erstmalige APAs (d. h. keine Verlängerungen bestehender APAs). 40 Prozent der abgeschlossenen bilateralen APAs wurden mit Japan bzw. 20 Prozent mit Deutschland vereinbart (im Vergleich dazu entfallen lediglich fünf Prozent der im Jahr 2021 eingereichten APA-Anträge auf Deutschland).
Die durchschnittliche Gesamtdauer bis zum Abschluss eines APAs stieg im Jahr 2021 auf 39,2 Monate, gegenüber 38,5 Monaten in 2020.
Anhängige APA-Verfahren nahmen leicht zu
Ende 2021 gab es noch 461 anhängige APAs (395 bilaterale, 27 multilaterale und 39 unilaterale), verglichen mit 448 anhängigen APAs Ende 2020. Dabei machen APAs mit Japan (25 Prozent), Indien (22 Prozent) und Kanada (11 Prozent) auch weiterhin mehr als die Hälfte aller anhängigen bilateralen APA aus. Der Rest entfiel auf anhängige APAs mit Deutschland (fünf Prozent), Italien (fünf Prozent), Korea (fünf Prozent), Mexiko (fünf Prozent), dem Vereinigten Königreich (vier Prozent), der Schweiz (drei Prozent) und anderen Ländern (15 Prozent).
Der 23. Jahresbericht des IRS über APAs zeigt somit einen positiven Trend bei APA-Anträgen und spiegelt damit insbesondere das weiterwachsende Interesse der Steuerpflichtigen an der Nutzung des APA-Programms zum Management von Verrechnungspreisrisiken wider.
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