M&A in Transport & Logistik fallen auf Zehnjahres-Tief – Multiples erreichen Allzeithoch

18 Juli, 2023

PwC-Studie: Globaler Transport- und Logistiksektor registriert in erster Jahreshälfte nur 85 Fusionen und Übernahmen / Finanzinvestoren halten sich zurück / Sales Multiples klettern im Median auf 3,1 / Logistik und Güterverkehr bleibt aktivstes Segment / Schifffahrt initiiert den größten Deal des ersten Halbjahres / Prognose: Erholung in diesem Jahr unwahrscheinlich 

Düsseldorf, 18. Juli 2023

Das fragile wirtschaftliche und geopolitische Umfeld sowie die gestiegenen Kapitalkosten haben das Deal-Geschehen in der Transport- und Logistikbranche stark ausgebremst. In der ersten Jahreshälfte 2023 wurden nur 85 Fusionen und Übernahmen mit einem Volumen von mindestens 50 Millionen US-Dollar angekündigt. Im Vorjahreszeitraum waren es mit 144 deutlich mehr. Das gesamte Deal-Volumen fiel auf 34,3 Milliarden US-Dollar – den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Zum Vergleich: In diesen zehn Jahren erreichte das Volumen durchschnittlich 67,5 Milliarden US-Dollar pro Halbjahr, in den letzten fünf Jahren 75,1 Milliarden US-Dollar pro Halbjahr.

Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Ausgabe des „Transport & Logistics Barometer“ von PwC Deutschland und Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC.

Für die Studie analysiert die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft halbjährlich die aktuellen Entwicklungen, Mergers & Acquisitions (M&A), Joint Ventures und strategischen Allianzen in der Transport- und Logistikindustrie.

Finanzinvestoren halten sich spürbar zurück

„In Folge der wirtschaftlichen Abkühlung Ende 2022 sind die Fusionen und Übernahmen in allen Branchen rückläufig – auch im Transport- und Logistiksektor spiegelt sich dies wider. Besonders Finanzinvestoren haben sich in den ersten Monaten des Jahres spürbar zurückgehalten.“

Ingo Bauer,Leiter des Bereichs Transport, Logistik und Tourismus bei PwC Deutschland

Laut Analyse entfielen nur 38 Prozent des Deal-Volumens in der ersten Jahreshälfte auf Finanzinvestoren – ein signifikanter Rückgang im Vergleich zu 2022, als diese noch für 64 Prozent des Deal-Volumens verantwortlich waren. 

„Besonders für Finanzinvestoren, die in der Regel stärker auf Fremdkapital angewiesen sind als strategische Investoren, sind die Finanzierungsbedingungen durch die steigenden Zinsen aktuell schwierig. Sie agieren entsprechend selektiv und fokussieren sich auf kleinere Transaktionen, bei denen weniger Fremdkapital nötig ist und die Risiken geringer sind.“

Dr. André Wortmann,Koordinator Transport & Logistik Deals bei PwC Europe

Nur fünf Mega-Deals, aber im Schnitt höhere Preise 

Die Zurückhaltung der Finanzinvestoren war vor allem bei den Mega-Deals zu spüren: In der ersten Jahreshälfte kam es nur zu fünf Mega-Deals mit einem Volumen von über einer Milliarde US-Dollar und Finanzinvestoren waren lediglich an zwei dieser großen Mergers and Acquisitions beteiligt. Zum Vergleich: Von Januar bis Juni 2022 gab es 19 Mega-Deals, im Gesamtjahr 2022 waren es 32 (2021: 46). Der Anteil der Finanzinvestoren an den Mega-Deals lag in diesen Jahren bei 47 Prozent.

Es wurden zwar insgesamt weniger Deals angekündigt, die Transaktionen erzielten im Schnitt jedoch deutlich höhere Preise. Der Sales Multiple stieg im Median von 1,7 im Gesamtjahr 2022 auf 3,1 im ersten Halbjahr 2023. 

„Investoren fokussieren sich auf qualitativ hochwertige Targets und sind bereit, dafür in einem aktuell sehr volatilen Geschäftsumfeld höhere Preise zu zahlen.“

Ingo Bauer,Leiter des Bereichs Transport, Logistik und Tourismus bei PwC Deutschland

Logistik und Güterverkehr bleibt aktivstes Segment

Mit 40 Deals war der Bereich Logistik und Güterverkehr in der ersten Jahreshälfte erneut das aktivste Segment bei den M&A-Deals und strategischen Partnerschaften. Wie in den vergangenen Jahren fand knapp die Hälfte der Transaktionen in diesem Subsektor statt. Aber auch hier gilt: Sowohl die Anzahl als auch das Volumen der Deals liegen deutlich unter dem Schnitt der Vorjahre. 

Auffällig sind aus Sicht von Ingo Bauer einerseits die Beteiligung von Unternehmen außerhalb der Transport- und Logistikbranche an zahlreichen Deals und andererseits einige interessante Joint Ventures und Allianzen: 

„Im Paketbereich beobachten wir zum Beispiel, dass große Branchenakteure Joint Ventures oder strategische Allianzen eingehen, um die Lieferperformance und den Kundenservice zu verbessern. Ein aktueller Schwerpunkt von Kooperationen sind KI-gestützte Lösungen, die dazu beitragen, die Transparenz der Lieferketten zu verbessern.“

Ingo Bauer,Leiter des Bereichs Transport, Logistik und Tourismus bei PwC Deutschland

Französische Reederei sorgt für größte Übernahme des Halbjahres 

Auf den Subsektor Schifffahrt entfielen mit 19 Deals immerhin 22 Prozent der angekündigten Transaktionen, wobei insbesondere Ziele rund um die Hafeninfrastruktur attraktiv bleiben. Auch die bisher größte Übernahme des Jahres fand in diesem Subsektor statt: Das französische Schifffahrts- und Logistikunternehmen CMA CGM kündigte an, Bolloré Logistics für 5,1 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Die Übernahme steht exemplarisch für die Expansionsstrategien vieler Reedereien, die sich zu voll integrierten Logistikanbietern weiterentwickeln wollen. Burkhard D. Sommer, stellvertretender Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC Deutschland, geht von weiteren Übernahmen durch Reedereien aus, die ihre Diversifizierung vorantreiben möchten. Akquisitionen in der Größenordnung der Bolloré-Transaktion werden in Zukunft aber seltener werden – aus einem einfachen Grund: 

„Es mangelt schlichtweg an geeigneten Übernahmezielen im Markt, auch wenn das Kapital vorhanden wäre.“

Burkhard D. Sommer,stellvertretender Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC Deutschland

Ausblick: Deal-Geschehen auch in der zweiten Jahreshälfte niedrig

Mit Blick auf die künftige Entwicklung der Branche geht Ingo Bauer von einer „vorübergehenden Abschwächung, nicht jedoch von einer langfristigen Rezession“ aus. Aus seiner Sicht bestehen nach wie vor zahlreiche Abwärtsrisiken.

„Insbesondere eine weitere Verschärfung der Finanzierungsbedingungen, eine anhaltend hohe Inflation und eine fortschreitende geoökonomische Fragmentierung würden die Branche und das Transaktionsgeschehen negativ beeinflussen.“

Ingo Bauer,Leiter des Bereichs Transport, Logistik und Tourismus bei PwC Deutschland

In puncto Fusions- und Übernahmetätigkeiten müsse man laut Dr. André Wortmann damit rechnen, dass diese auch in der zweiten Jahreshälfte aufgrund der schwierigen Finanzierungsbedingungen und dem allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld auf einem niedrigen Niveau verharren werden. 

„Dennoch rechnen wir mit einer Reihe kleiner bis mittelgroßer Transaktionen, die darauf abzielen, neue Kompetenzen aufzubauen, um Innovationen zu beschleunigen. Die großen Akteure werden zudem weiterhin damit beschäftigt sein, vergangene Übernahmen zu integrieren und ihr Kostenmanagement zu verbessern. Denn nur so können sie den schwindenden Gewinnmargen die Stirn bieten.“

Dr. André Wortmann,Koordinator Transport & Logistik Deals bei PwC Europe

Zur Methodik

Die halbjährliche Studie basiert auf aktuellen Daten von Refinitiv und S&P Global Capital IQ zu den globalen Mergers & Acquisitions, Joint Ventures und strategischen Allianzen. Die Analyse zu Venture Deals basiert auf Daten von Pitchbook.

Über PwC:

PwC betrachtet es als seine Aufgabe, gesellschaftliches Vertrauen aufzubauen und wichtige Probleme zu lösen. Mehr als 327.000 Mitarbeitende in 152 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei.

Die Bezeichnung PwC bezieht sich auf das PwC-Netzwerk und/oder eine oder mehrere der rechtlich selbstständigen Netzwerkgesellschaften. Weitere Details unter www.pwc.com/structure.

Über Strategy&:

Strategy& ist die globale Strategieberatung von PwC. Wir entwickeln individuelle Geschäftsstrategien für weltweit führende Unternehmen, basierend auf differenzierenden Wettbewerbsfähigkeiten. Wir sind die einzige Strategieberatung als Teil eines globalen Professional Services Netzwerks. Unsere Expertise kombinieren wir mit Technologie und erarbeiten daraus eine passende Strategie, die effizient umsetzbar ist. „Strategy, made real“ heißt für uns, den digitalen Wandel voranzutreiben, die Zukunft mitzugestalten und Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. 3.000 Strategieberater:innen und fast 328.000 PwC-Mitarbeiter:innen in 152 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei. Weitere Informationen unter www.strategyand.pwc.com/de.

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Martin Krause

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