„Polizeilich gesucht“: Die Polizei konkurriert um Arbeitskräfte – auch mit sich selbst

17 Oktober, 2023

PwC-Studie: „Die Polizei als Arbeitgeber – lohnt sich das?“ / Komplizierte Vergütungsstrukturen erschweren die Personalgewinnung der Polizei / PwC-Experte Dr. Wolfgang Zink: „Geld ist für Bewerber:innen nicht der Hauptanreiz, sondern eher eine absichernde Komponente. Doch der finanzielle Abstand zur Privatwirtschaft darf nicht zu groß werden.“

Düsseldorf, 17. Oktober 2023

Die Polizei in Deutschland hat ein Nachwuchsproblem. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Unübersichtliche Vergütungsstrukturen erschweren es potenziellen Bewerber:innen, die Verdienstmöglichkeiten mit Angeboten aus der Privatwirtschaft zu vergleichen. Und die – oft begrenzten – Karriere- und Gehaltsentwicklungen lassen sich für potenzielle Bewerber:innen, insbesondere für Seiteneinsteiger:innen, mitunter nur schwer einschätzen. 

Das sind einige der Kernergebnisse der aktuellen Studie „Die Polizei als Arbeitgeber – lohnt sich das?“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland. PwC analysiert darin, vor welchen strukturellen Herausforderungen die Polizei in Deutschland steht, um Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu binden. Die Studienautor:innen untersuchen die Vergütungsstrukturen für Beamt:innen und Tarifbeschäftigte der Polizei. Und sie formulieren Vorschläge, wie die Polizei als Arbeitgeber attraktiver werden und mehr Personal gewinnen kann. 

Sinnhaftigkeit und Verantwortung sind oft wichtiger als Geld

Bei der Entscheidung für oder gegen die Polizei als Arbeitgeber spielen finanzielle Gründe eine Rolle, sie sind aber nicht die wichtigsten. Die PwC-Studienautor:innen verweisen hier etwa auf den Zwischenbericht zur sogenannten MEGAVO-Studie („Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten“), den die Deutsche Hochschule der Polizei vor kurzem veröffentlicht hat. 

Wichtiger sind demnach altruistische Motive: Gerade Berufseinsteiger:innen suchen bei der Polizei eine sinnstiftende und verantwortungsvolle Tätigkeit. 

„Geld ist nicht der Hauptanreiz, sondern eher eine absichernde Komponente. Doch der finanzielle Abstand zur Privatwirtschaft darf nicht zu groß werden.“

Wolfgang Zink,Partner Public Sector Consulting bei PwC Deutschland

Komplexe Besoldungen und Zulagen erschweren den Vergleich

Vor allem für Kandidat:innen, die sich für eine Beamtenlaufbahn interessieren, sind die komplizierten Gehaltsstrukturen eine Hürde. Denn die erzielbaren Gehälter sind kaum vergleichbar – sowohl gegenüber der Privatwirtschaft als auch gegenüber anderen öffentlichen polizeilichen Arbeitgebern. Das gilt für die unterschiedlichen Besoldungstabellen – samt Erfahrungsstufen – der Länderpolizeien und der Polizei des Bundes; vor allem aber für die verschiedenen Zulagen (Stellen-, Struktur-, Polizei-, und Sicherheitszulage bzw. Orts- und Familienzuschlag sowie Sonderzahlungen). 

„Die Einstellung erfolgt am Ende mit individuellen Eingruppierungen in Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen des jeweils gültigen Tarifvertrags. Diese Eingruppierungen können nicht in jedem Einzelfall nachvollzogen werden.“

Wolfgang Zink,Partner Public Sector Consulting bei PwC Deutschland

Tarifbeschäftigte bei der Polizei sind oft doppelt benachteiligt

Schwer tut sich die Polizei auch damit, Fachkräfte, vor allem die dringend benötigten IT-Expert:innen, sowie qualifizierte Quereinsteiger:innen zu gewinnen. Beide Gruppen werden meist per Tarifbeschäftigung eingestellt. Und genau dies ist, zeigt die PwC-Studie, für viele der höher Qualifizierten finanziell besonders unattraktiv. Denn die Gehaltsstufen der Tarifverträge liegen in der Regel unter vergleichbaren Gehältern in der Privatwirtschaft – und meist auch unter der Besoldung der Beamt:innen. 

Zudem beschäftigen die Polizeien Fachkräfte im tariflichen Umfeld häufig nur befristet. „Damit entfällt auch der Vorteil des gegenüber dem Privatsektor ‚sicheren Arbeitsplatzes‛“, sagt Studienautor Dr. Wolfgang Zink. Ein weiterer Nachteil: Tarifbeschäftigte werden oft nur für bestimmte Aufgaben angeworben. Das beschneidet ihre langfristigen Karriereperspektiven und macht für sie den Polizeidienst deutlich unattraktiver.

Polizeien stehen in multidimensionalem Wettbewerb

Hinzu kommt: Die Polizei konkurriert oft genug auch mit sich selbst um Arbeitskräfte – und das in mehrfacher Hinsicht. 

„Es besteht ein multidimensionaler Wettbewerb um Bewerber:innen, nicht nur mit der Privatwirtschaft, sondern auch zwischen Bund und Ländern.“

Wolfgang Zink,Partner Public Sector Consulting bei PwC Deutschland

Das liegt an den unterschiedlichen internen Gehaltsstrukturen der Länder und des Bundes – für Beamt:innen und Tarifbeschäftigte gleichermaßen. Solche „Kannibalisierungseffekte“ verstärkt die Tatsache, dass die Polizei auch mit anderen Landesbehörden konkurriert. 

Ein wichtiger Grund für den intensiven Wettbewerb zwischen den Bundesländern sowie zwischen Ländern und Bund bei Besoldungen, Eingruppierungen und Laufbahngestaltungen ist den Studienautoren zufolge die Föderalismusreform aus dem Jahr 2006.

„Manche Probleme bei der Nachwuchsgewinnung sind also auch hausgemacht – und nicht ausschließlich ein Effekt des verschärften Wettbewerbs mit der Privatwirtschaft.“

Wolfgang Zink,Partner Public Sector Consulting bei PwC Deutschland

Transparenz schaffen und Karrierechancen aufzeigen

Um ein attraktiver und moderner Arbeitgeber zu werden, der mehr Personal als bisher gewinnen und binden kann, könne die Polizei selbst aktiv werden, betonen die Studienautoren. Eine leistungsgerechte Vergütung sowie weitere flexible Arbeitszeitmodelle könnten Anreize schaffen. Auch transparente und harmonisierte Vergütungsstrukturen könnten helfen, um etwa Fehlallokationen bei der Optimierung von Zulagen zu reduzieren. 

Die Autor:innen empfehlen außerdem, Fachkarrieren in der Beamtenlaufbahn zu schaffen. Ebenso sollten für Tarifbeschäftigte Karrierepfade und -förderung etabliert werden, etwa mit Karriere-Coaches. Und die Polizei sollte Ungleichheiten bei der Tarif- und Beamtenbesoldung für gleiche Tätigkeiten beseitigen, um Frustration und Fluktuation der tarifbeschäftigten Fachkräfte zu vermeiden. 

Mit Blick auf die große Rolle, die altruistische Motive nach wie vor für junge Polizist:innen bei der Berufswahl spielen, betont Dr. Wolfgang Zink: „Die Polizei sollte in der Ansprache potenzieller Nachwuchskräfte ihre wichtige gesellschaftliche Funktion hervorheben – das ist nach wie vor ein veritabler Trumpf.“ 

Über PwC:

PwC betrachtet es als seine Aufgabe, gesellschaftliches Vertrauen aufzubauen und wichtige Probleme zu lösen. Mehr als 327.000 Mitarbeitende in 152 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei.

Die Bezeichnung PwC bezieht sich auf das PwC-Netzwerk und/oder eine oder mehrere der rechtlich selbstständigen Netzwerkgesellschaften. Weitere Details unter www.pwc.com/structure.

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