Die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Zugleich werden ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) immer wichtiger – nicht nur, aber auch für Investor:innen. Führungskräfte sind gefordert, die Transformation mehr in Richtung Nachhaltigkeit zu steuern und (dennoch) die von Investor:innen angestrebten Renditen zu erzielen. Auch Investor:innen müssen dazu beitragen, Nachhaltigkeit und Renditeansprüche in Einklang zu bringen.
Der „PwC Global Investor ESG Survey 2021“ offenbart dieses Spannungsfeld. Für die Studie hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC im September 2021 weltweit 325 Asset Manager:innen und Analyst:innen von Investmentgesellschaften, Investmentbanken und Maklerunternehmen befragt.
„Investor:innen erwarten zunehmend, dass Unternehmen für den Klimaschutz und andere Nachhaltigkeitsthemen deutlich erkennbar aktiv werden. Und sie sind bereit, den Weg gemeinsam mit den Unternehmen zu gestalten.“
Ein Kernergebnis der Studie lautet: Die ESG-Aktivitäten von Unternehmen werden bei Entscheidungen für – oder gegen – Investitionen immer wichtiger. Fast 80 Prozent der befragten Investor:innen äußerten das.
Mit dem stärkeren Fokus der Investor:innen auf Nachhaltigkeitskriterien wird das ESG-Reporting von Unternehmen immer wichtiger: 84 Prozent der Befragten wünschen sich, dass Unternehmen in ihrer ESG-Berichterstattung erläutern, inwiefern sich ESG-Faktoren auf deren Geschäftsmodelle auswirken.
Und fast ebenso viele (83 Prozent) erwarten eine detaillierte Berichterstattung über die Fortschritte der Unternehmen bei ESG-Zielen.
Allerdings bezweifeln rund zwei Drittel der Befragten, dass ihnen die derzeitigen ESG-Berichte relevante, zuverlässige, schnelle, vollständige und vergleichbare Informationen liefert, die sie für besser fundierte Investmententscheidungen benötigen.
Die Befragten wünschen sich deshalb insbesondere eine transparente Berichterstattung. 79 Prozent würden Nachhaltigkeitsinformationen mehr vertrauen, wenn unabhängige Abschlussprüfer:innen diese bestätigen würden. 74 Prozent der Befragten halten unabhängige Prüfungen ESG-bezogener Kennzahlen für wichtig. Ebenfalls 74 Prozent gaben an, sie könnten fundierte Entscheidungen besser treffen, wenn Unternehmen nach einheitlichen ESG-Reporting-Standards berichteten. Für 73 Prozent ist es wichtig, die ESG-Profile verschiedener Unternehmen vergleichen zu können.
Ein weiteres wichtiges Studienergebnis: 82 Prozent der Investor:innen meinen, dass Unternehmen ESG-Aspekte in ihre Strategie einbinden sollten. Und beinahe 70 Prozent würden es begrüßen, wenn ESG-Faktoren die Führungskräftevergütung von Führungskräften beeinflussen.
Drei von vier Befragten halten es sogar für vertretbar, wenn Unternehmen zugunsten von Fortschritten bei ihren ESG-Anstrengungen kurzfristig Rentabilitätseinbußen in Kauf nehmen. Investor:innen suchen zudem aktiv den Austausch mit den Unternehmen: So sind 77 Prozent bereit, mit Unternehmen, die ESG-spezifische Defizite aufweisen, deshalb in einen Dialog zu treten. Fast die Hälfte der Befragten erwägt Desinvestitionen, falls Unternehmen dann keine aus ihrer Sicht ausreichenden ESG-Maßnahmen ergreifen.
Wie groß die Herausforderungen bei der ESG-Berichterstattung sind, zeigt sich beispielsweise bei Klimathemen. Denn verlässliche Informationen, insbesondere zu Treibhausgasemissionen, sind für Investor:innen wesentlich. Auf die Frage, welche ESG-Themen für Unternehmen Priorität haben sollten, nannten die befragten Investor:innen mit Abstand am häufigsten (65 Prozent) die Reduzierung von Scope-1-Emissionen (direkte Emissionen aus dem Unternehmensbetrieb) und Scope-2-Emissionen (indirekte Emissionen aus gekauftem oder erworbenem Strom, Dampf, Wärme und Kälte).
Weitere hohe ESG-Prioritäten sind für die Befragten die Gesundheit und Sicherheit der Belegschaft (44 Prozent), Gleichberechtigung, Vielfalt und Inklusion (37 Prozent) sowie Menschenrechte in der Lieferkette (34 Prozent). Ebenfalls 34 Prozent nennen die oft nicht der direkten Kontrolle der Unternehmen unterliegenden Scope-3-Emissionen (im Zusammenhang mit gekauften Leistungen, mit Geschäftsreisen, Transport und Lieferung etc.). Eine Berichterstattung bezüglich der Datensicherheit und der Minimierung von Datenschutzrisiken haben 31 Prozent der Befragten auf ihrer Prioritätenliste.
Eine klare Mehrheit von 82 Prozent der für die Studie befragten Investor:innen meint, dass ESG ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein sollte. Dies ist ein klares Signal an Führungskräfte, insbesondere an CEOs, dass sie Verantwortung für ESG übernehmen sollten. Damit Unternehmen ihr ESG-Engagement und ihre ESG-Performance verlässlich aufzeigen können, brauchen sie eine ganzheitliche Berichterstattung darüber.
Aus dem PwC Global Investor ESG Survey 2021 geht klar und deutlich hervor, dass Unternehmen ihrer ESG-Performance den gleichen hohen Stellenwert einräumen sollten wie anderen wichtigen Unternehmenskennzahlen. So können sie die Anforderungen der Investor:innen erfüllen und nachhaltig Vertrauen schaffen.
„Unternehmen müssen ESG-Kriterien einen höheren Stellenwert einräumen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, Investor:innen von sich zu überzeugen und langfristig an sich zu binden.“
Der PwC Global Investor ESG Survey 2021 basiert auf einer im September 2021 durchgeführten Umfrage bei der weltweit 325 Asset Manager:innen und Analyst:innen von Investmentgesellschaften, Investmentbanken und Maklerunternehmen befragt wurden. Die Mehrheit der Umfrage-Teilnehmer:innen gab an, langfristige Investmententscheidungen zu treffen. Vertieft wurden die Befragungsergebnisse mit 40 Einzelinterviews mit Investor:innen und Analyst:innen aus insgesamt elf Ländern.
Partnerin, Sustainability Reporting Leader Europe, Sustainability Services, PwC Germany