17 April, 2018
Big Data bedeutet für die Wirtschaftsprüfung große Chancen: Dank neuer Technologien kann der Abschlussprüfer sein Expertenwissen nutzen, um Unternehmen neue Erkenntnisse zu liefern, die weit über die bisherigen Analysen hinausgehen.
Die Abschlussprüfung erlebt derzeit eine grundlegende Veränderung. Das liegt zum einen am regulatorischen Umfeld, das eine verpflichtende Rotation von Prüfungsgesellschaften vorschreibt. Die neuen Regeln sehen außerdem einen neuen Bestätigungsvermerk vor, der mit einem Bestätigungsbericht vergleichbar ist und die wesentlichen Prüfungserkenntnisse näher erläutern soll. Dazu kommt: Durch die Verzahnung von Geschäftsprozessen mit dem Rechnungs- und Finanzwesen verschwimmen die klaren Gegenstände von Prüfungen.
„Der Druck auf die Abschlussprüfung nimmt aber vor allem durch die Datenvielfalt zu. Die Aufgabe des Wirtschaftsprüfers besteht darin, diese Daten einzuordnen“, erläutert WP StB Prof. Dr. Rüdiger Loitz, Partner im Bereich Capital Markets & Accounting Advisory Services bei PwC. Aus seiner Sicht tobt ein regelrechter Kampf um die Analyse dieser Daten, die den Abschlussprüfer interessant macht: Er soll dem Unternehmen Erkenntnisse liefern, die über die Unternehmensanalysen weit hinausgehen.
Der technologische Wandel macht es zwar erheblich einfacher als bisher, digitale Technologien wie künstliche Intelligenz oder Blockchains in der Abschlussprüfung einzusetzen. Dadurch steigt jedoch die Komplexität einer Prüfung. „In der Vergangenheit bestand die Aufgabe des Abschlussprüfers darin, die Dinge, die er prüft, nur abzulegen. Heute verwischt der Prüfungsgegenstand im weiten Datenraum von Big Data“, so Rüdiger Loitz.
Auf diese Veränderungen hat sich PwC längst eingestellt: Zusammen mit der IBIS Prof. Thome AG hat PwC die Lösung „Halo for SAP“ entwickelt. Das System erweitert den Blick des Prüfers in die Informationssysteme des zu prüfenden Unternehmens massiv. Prüfer haben so die Chance, Geschäftsvorgänge schneller und sicherer zu analysieren als jemals zuvor. Durch die Verzahnung der Geschäftsprozesse mit Technologiekomponenten lässt sich allerdings immer schwerer erkennen, welche IT-Systeme überhaupt rechnungslegungsrelevant sind und welche nicht.
Das belegt ein Beispiel: Durch Texterkennung wird eine Rechnung in einem Shared Service Center gelesen und anhand dieser Quelldaten automatisch in Buchungen überführt. Wenn zwischen den Systemen – und das ist das Ziel – keine weiteren Kontrollschritte stattfinden, sind die Ausgangssysteme Teil des Rechnungslegungssystems. Also müssen die Prüfer sie in die Abschlussprüfung aufnehmen.
Noch gravierender sind die Veränderungen, wenn der Wirtschaftsprüfer Blockchain-orientierte Systeme bei der Abschlussprüfung analysieren muss. „Vollständig vernetzte Unternehmen sind in Zukunft Normalität. In der Konsequenz gehören jedoch die Funktion und die Ausgestaltung der Abschlussprüfung mit seinem Gütesiegel auf den Prüfstand“, findet Rüdiger Loitz.
Wird die Wirtschaftsprüfung künftig nur noch von Maschinen ausgeführt?
WP StB Prof. Dr. Rüdiger Loitz: Diese Prognose erscheint aus heutiger Sicht gewagt. Aber fest steht: Ein Großteil der Tätigkeiten des Wirtschaftsprüfers wird in Zukunft durch die digitale Datenanalyse automatisiert. Mittel- bis langfristig sehe ich das sogar bei Tätigkeiten mit hohem Ermessen.
Was bedeutet das für die Prüfer selbst?
Loitz: Wirtschaftsprüfer werden ihr Fachwissen mit einem tiefgehenden Verständnis digitaler Technologien verbinden müssen. Nur so können sie die zunehmend komplexen Geschäftsmodelle und Systeme der Mandanten und die immer anspruchsvollere Prüfungstechnologie beherrschen.
Überwiegen aus Ihrer Sicht die Vorteile der digitalen Transformation?
Loitz: Ein klares Ja. Durch digitale Technologien lässt sich das Prüfungsvorgehen objektiver gestalten und die Transparenz der Prüfungsergebnisse erhöhen. Für die Tätigkeiten, die beim menschlichen Prüfer verbleiben, braucht es jedoch neue Ausbildungs- und Karrieremodelle.